Durch die Digitalisierung werden gemäss einer Studie 50 Prozent der
heutigen Berufe innert zehn Jahren verschwinden, sagte der Sarganser Bernhard
Hauser, Professor an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen, beim Anlass im
Restaurant Schäfli. Wir müssten in neue Berufe investieren und ein innovatives
Umfeld schaffen. Es brauche daher eine bessere Grundbildung. Die Schere
zwischen guten und schwachen Kindern in der Vorschule öffne sich immer mehr.
Die Hälfte der heutigen Berufe wird durch Digitalisierung verschwinden, St. Galler Tagblatt, 14.9. von Hanspeter Thurnherr
«Drei- bis sechsjährige Kinder sprechen sehr gut
auf seriöse Games an, bildungsnahe Eltern wissen dies besser zu nutzen.»
Analysen zeigten aber auch, dass Kinder dadurch schneller und
oberflächlicher lesen, was die Lernleistung verschlechtern könne. «Wir dürfen
deshalb die Digitalisierung in der Schule nur langsam erhöhen», sagte Hauser.
Selbstdisziplin ist wichtiger als
Intelligenz
Gemäss Studien schneiden Schweizer Hochschulen im internationalen
Vergleich gut ab, aber lägen doch deutlich hinter den asiatischen
Spitzenreitern. In diesen Ländern würden an die Kinder früh
Leistungserwartungen gestellt. Zudem zeige sich, dass Selbstdisziplin doppelt
so wichtig sei wie Intelligenz. Durch bessere Förderung kommen Kinder mit
Vorsprung in die Schule. Deshalb lohne es sich, in die Frühförderung der Kinder
zu investieren. Beispiele sind Kindertagesstätten oder Dazolino-Angebote.
Hauser zog folgende Schlussfolgerungen:
«Wir brauchen keine Revolution in der Bildung. Die
Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen stehen weiter im Zentrum.»
«Wir müssen uns aber fit für die Digitalisierung machen und die Qualität
der Lehrerbildung ausbauen. Von den Asiaten können wir lernen, die Kinder
anregender, herausfordernder und spielintegrierter zu fördern.»
Spannende Wertediskussion
Im Podiumsgespräch ergaben sich spannende Diskussionen. Die Sarganser
Schulleiterin Christina Flühler achtet darauf, ob und wie Lernen stattfindet.
Wichtig sei, dass man die Schüler fordere und «eine Schippe drauflegt». So sei
es möglich, dass starke Kindergärtler auch überspringen können – vom ersten in
den zweiten Kindergarten. Heute arbeite man fast überall schon mit
Dreijährigen. Bernhard Hauser ist gar dafür, den 1.-Klass-Stoff mehrheitlich in
den Kindergarten hinunterzugeben. Denn die Schulfähigkeit sei heute schon mit
vier Jahren gegeben.
Für die Sennwalder Kindergärtnerin Esther Rohrer ist klar: «Kinder
lernen im Spiel. Durch wertschätzen, fördern und fordern können wir im
Kindergarten am meisten erreichen.» Sie bemängelte, dass Kindergärtnerinnen zu
wenig ernst genommen würden, teilweise auch von den Schulleitungen.
«Wir sind oft ziemlich ratlos»
Der Grabser Oberstufenlehrer Marco Wicki stellt sich die zentrale Frage,
was seine Schüler beruflich machen werden, wenn einfache Aufgaben und Arbeiten
wegautomatisiert werden. Um die Schere zu verhindern, sei es entscheidend, wie
man die Lücke schliesse. «Zentral ist immer noch die Lehrperson in der Klasse,
auch als Persönlichkeit und in der Beziehung zu den Schülern», betonte er.
Bernhard Hauser ergänzte: «Seit Jahrzehnten haben wir das Problem: Wohin mit
den Bildungsverlierern? Wir müssen einen Weg finden, aber wir sind oft ziemlich
ratlos.»
Kritische Bemerkungen aus dem Publikum führten zu einer Wertediskussion.
Die Pauschalisierung in den Studien wurde hinterfragt. Kernfragen waren: Muss
immer das Wirtschaftliche im Zentrum stehen? Wie steht es mit der
Sozialkompetenz? Was ist das Ziel der Ausbildung? Dazu meinte Hauser: «Das Ziel
muss sein, Menschen so vorzubereiten, dass sie möglichst viel Wahlfreiheiten
haben.» Für ihn ist die Feedbackqualität der Lehrpersonen entscheidend, im
Sinne von «Ich traue es dir zu – und ich erwarte es».
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