Nachdem die Gemeinden schweizweit nun bereits Hunderte von
Millionen für Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) an ihren
Volksschulen ausgegeben haben, folgen jetzt Massnahmen, um die Ziele der
EDK-Digitalisierungsstrategie zu erreichen. Die EDK spricht dabei von einer «fundamentalen
Neuorientierung im ICT-Unterricht». Doch ICT verändert den Unterricht schon
seit mehr als 20 Jahren kontinuierlich. Wieso gerade jetzt die Weichen
umgestellt werden sollen, verschweigt die EDK in ihrem Arbeitsplan wie auch in
der ICT-Strategie. Ganz allgemein tappt
man bei beiden Papieren grösstenteils im Dunkeln, was die konkrete Umsetzung
angeht. Es macht den Anschein, als ob zuerst einmal Geräte, Software und
Unterhaltsmandate eingekauft wurden und nun beschlossen wird, was mit diesen
Dingen in der Schulpraxis geschehen soll.
Erziehungsdirektoren knausern mit Informationen zur neuen Digitalisierungsstrategie, 30.9. von Urs Kalberer
EDK-Dokumente
greifbar unter http://www.edk.ch/dyn/12277.php
Das
von der EDK angeschlagene Tempo zur Umsetzung der ICT-Massnahmen ist horrend:
Im Mai wurde ein Arbeitsplan beschlossen, im Oktober soll dieser abgesegnet
werden und die neue nationale Bildungsplattform soll am 1. Januar 2020 den
Betrieb aufnehmen. Die nun vorgelegte Umsetzung erscheint dabei als
alternativlos – kein Wunder, für eine seriöse Auseinandersetzung mit dieser
grundlegenden Neuausrichtung fehlt den Betroffenen schlicht die Zeit. Aber
vielleicht sind breite Diskussionen bei solch offensichtlichen
Top-Down-Projekten grundsätzlich nicht erwünscht.
Dabei
sind die Auswirkungen für den Unterricht durchaus tiefgreifend: Mit Hilfe von
Learning Analytics können Daten zum Lernverhalten erfasst und gesammelt
werden. Individuelle dynamische
Curricula werden damit möglich, bei denen der Lehrer die Kontrolle an den
Computer und die Algorithmen abgegeben hat. Wohin dies führt, zeigen
Untersuchungen der OECD zu PISA: Gerade bei Ländern mit hohem Einsatz von
digitalen Geräten ist der Lernfortschritt vergleichsweise gering. Die digitale
Aufrüstung ist also keine Garantie für bessere Leistungen.
Ein
wichtiges Element in der neuen Strategie ist die Gründung einer Föderation,
welche die Lehrmittel digital bereitstellen soll. Die Gefahr besteht, dass
zukünftig nur noch Lehrmittel von Anbietern im Gebrauch sein werden, die der
Föderation beigetreten sind. Dies schränkt die Methodenfreiheit stark ein.
Werden wir in Zukunft noch stärker durch Einheitslehrmittel (vgl.
Passepartout-Projekt) gelenkt?
Das
Hauptaugenmerk richtet die EDK auf die Datensicherheit. Dazu soll ein
nationales digitales Technologiezentrum geschaffen werden, welches die Kantone,
die Schulleitungen und die Schulkinder gemeinsam nutzen sollen. Die Schüler,
Lehrlinge und Studenten werden bis hinauf in die Tertiärstufe mittels
Clouddiensten erfasst und dokumentiert. Dazu soll eine schweizweit akzeptierte
digitale Identität für alle Schulen geschaffen werden. Wollen und brauchen wir
dies? Gerade punkto Datensicherheit bieten sich dezentrale, geschlossene
Netzwerke als eine weniger auf Lecks und Angriffe exponierte Alternative an.
Angesichts
der spärlichen Informationen, welche die Erziehungsdirektoren-Konferenz
preisgibt, sind die hier aufgeworfenen Fragen nur ein Bruchteil der Bringschuld
seitens der verantwortlichen Stellen.
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