Wie viel Zeit Schweizer Sekundarschüler im Klassenzimmer verbringen,
hängt vom Wohnort ab. So sind für Walliser oder Luzerner Schüler während der
drei Jahre nur 3648 beziehungsweise 3800 Lektionen von 45 Minuten Dauer
Pflicht. Die Unterrichtszeit liegt damit deutlich unter dem Schnitt der
Deutschschweizer Kantone, der bei 4004 Lektionen liegt.
Hier haben Schüler am meisten Freizeit, 20 Minuten, 6.8.
Strenger haben es Solothurner Sekundarschüler: Sie kommen auf 4370
Lektionen. Zügelt eine Familie kurz vor dem Eintritt des Sohnes in die
Sekundarstufe vom Wallis nach Solothurn, verbringt er mehr als 500 Stunden mehr
in der Schule. Das zeigt ein Bericht der Deutschschweizer Kantone, der den
Stand mit dem Lehrplan 21 abbildet. Wie die Grafik zeigt, ist die Präsenzzeit
auch in den Kantonen St. Gallen und Zürich hoch.
Mehr Unterricht führt nur zu leicht besseren Leistungen
Laut Chantal Oggenfuss von der Schweizerischen Koordinationsstelle für
Bildungsforschung fällt insbesondere die unterschiedliche Dauer der Lektionen
in den Kantonen ins Gewicht: St. Gallen und Freiburg belegen Spitzenplätze,
weil eine Lektion hier nicht 45, sondern 50 Minuten dauert. Die restlichen
Unterschiede liessen sich mit unterschiedlich vielen Schulwochen und
Lektionenzahlen pro Woche erklären.
Besonders fies: Die Forscher haben herausgefunden, dass in den Kantonen
mit viel Unterricht die Leistungen der Schüler nicht in dem Masse besser
ausfallen, wie es die investierte Zeit erwarten liesse. Bei Klassen mit
schwächeren Anforderungsprofilen ist die Wirkung besonders gering.
Schüler finden es unfair
Fadel Dia-Eddine von der Union der Schülerorganisationen (USO) findet es
unfair, dass nicht alle Schüler in der Schweiz gleich behandelt werden: «Wir
fordern eine Vereinheitlichung. Es kann nicht sein, dass man plötzlich mehr
Schule hat, nur weil man zügelt.»
Zwei Stunden mehr oder weniger Freizeit pro Woche machten viel aus: «Man
kann ein Instrument lernen oder eine Sportart mehr ausüben.» Er sieht
Sparpotenzial: «Eine Lektion sollte überall 45 Minuten lang dauern, zumal die
Leistungen dadurch kaum wesentlich schlechter würden.»
«Wir haben ein ausgewogenes Programm»
Yolanda Klaus, stellvertretende Leiterin des Volksschulamts des Kantons
Solothurn, verteidigt den prallen Stundenplan: «Wir haben ein ausgewogenes
Programm, das auch von der Lehrerschaft und der Sekundarstufe II mitgetragen
wird. Im Gegensatz zu anderen Kantonen haben wir bei den sogenannt weichen
Fächern wie Gestalten und Musik keine Abstriche gemacht.» Das heisse aber ganz
und gar nicht, dass Solothurner Schüler in Leistungstest in Deutsch oder
Mathematik besser abschnitten: «Hier haben wir nicht mehr Lektionen als andere
Kantone.» Eine Entschlackung des Stundenplans sei kein Thema.
Laut Benedict Zemp von der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz
hat die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz mit der Einführung des
Lehrplans 21 in einem Fachbericht bloss Richtwerte definiert, wie viel
Unterricht Schüler haben sollten. «Seit der letzten Erhebung 2012 hat es eine
Annäherung gegeben.» Die meisten Kantone würden sich innerhalb der Richtwerte
bewegen.
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