Fünf Wochen lang sind jetzt
in vielen Schulhäusern die Rollläden unten und befeuern schweigend ein altes
Vorurteil: Lehrerinnen und Lehrer sind Ferientechniker, und der Sommer ist die
Zeit, in der sie sich zu technischen Höchstleistungen aufschwingen. Tatsächlich
soll es immer noch Spezialisten geben, die erst am allerletzten Tag der Ferien
wieder auftauchen, um den Stoff fürs neue Semester aus der Schublade zu ziehen.
Aber sie sind eine aussterbende Sorte, wie Vertreter mehrerer Zürcher Schulen
sagen. Auf den Fluren und in den Zimmern herrsche heute während der Ferien
deutlich mehr Betrieb als noch vor einigen Jahren.
Schulfrei für fünf Wochen - und was tun die Zürcher Lehrer? Tages Anzeiger,
von Marius Huber
Die Ferien durchziehen ist in den meisten Schulhäusern gar nicht mehr möglich,
denn an bestimmten Tagen gilt eine Präsenzpflicht fürs ganze Team. Der neue
Berufsauftrag, der seit zwei Jahren gilt, erlaubt es den Schulleitungen, bis zu
eine Ferienwoche pro Jahr fürs gemeinsame Arbeiten an schulinternen Themen zu
reservieren, allenfalls auch aufgeteilt in zwei Teile.
Die meisten tun dies in
den letzten Tagen der Sommerferien. Laut Marion Völger, Chefin des kantonalen
Volksschulamts, ist dies «sicher sinnvoll», weil es die längsten Ferien sind
und sich so vor Beginn des neuen Schuljahres zum Beispiel gemeinsame
Aktivitäten planen lassen.
Dennoch: «Früher wäre das nicht denkbar
gewesen», sagt Barbara Grisch, Präsidentin der Kreisschulbehörde Letzi, die auf 25 Amtsjahre zurückblicken kann, acht davon als
Präsidentin. Lehrerinnen und Lehrer hätten zwar schon immer in den Ferien
gearbeitet, um den Unterricht vorzubereiten. Aber sie hätten das in absoluter
Autonomie getan.
Fälle von übermotivierten Schulleitungen
Dass viele Schulleitungen heute die
Ferienzeit antasten, habe besonders unter den älteren Semestern zum Teil für
Unmut gesorgt, sagt Grisch. Aber ein ernsthaftes «Gerumpel» habe das nicht
ausgelöst. Ähnlich beurteilt es die Gewerkschaft VPOD: Es habe zwar vereinzelt
Fälle von übermotivierten Schulleitungen gegeben, die meinten, das Team müsse
während der Ferien zwei Wochen lang zusammenarbeiten. Aber von den vielen Problemen, die mit dem neuen Berufsauftrag
aufgekommen seien, seien die Präsenzzeiten das geringste.
Nach einhelliger Meinung der befragten
Schulvertreter ist der Berufsauftrag ein Fortschritt. Denn er hält nicht nur
die Pflichten der Lehrpersonen während der Ferien fest, sondern auch ihr Rechte.
Offiziell haben sie nämlich bis zum 50. Geburtstag nur
vier Wochen Ferien pro Jahr zugut, genau wie alle kantonalen Angestellten. Alle
kantonalen Angestellten haben erst ab 2020 fünf Wochen Ferien.
Die Lehrerinnen und Lehrer können aber
zusätzlich Pause machen, um Überzeit abzubauen, die sie während der Schulzeit
angehäuft haben. «Der neue Berufsauftrag hat dazu geführt, dass Lehrerinnen und
Lehrer bewusster Ferien machen», sagt Grisch. «Dass sie zum Beispiel E-Mails
und Telefone während dieser Zeit unbeantwortet lassen.»
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