Der Schweizer Lehrerverband
kritisiert die Löhne im Kanton Bern, weil sie im Branchenvergleich zu tief
seien. Der Berner Lehrerverband hat aber gerade andere Sorgen.
Angesichts des drohenden Sparprogramms ist die Erhöhung der Löhne nicht prioritär
Anforderungsgerechte Löhne sind für Berner Lehrer ausser Reichweite, Bund, 27.6. von Adrian M. Moser
Der Kanton Bern ist schlecht. Die Beurteilung, die aus der Karte
hervorgeht, die der Schweizerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (LCH)
am Montag veröffentlich hat, scheint eindeutig. Es geht um die Disziplin
«Anforderungsgerechte Löhne» für Lehrerinnen und Lehrer. Viele Kantone sind
darin laut dem LCH «ungenügend», einige «genügend», der Kanton Zug als einziger
«gut». Bern ist zusammen mit dem Aargau und Schaffhausen «schlecht».
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Die Karte ist Teil einer Medienmitteilung, die der LCH am Montag verschickt hat. Und diese wiederum ist Teil eines orchestrierten, fünf Jahre dauernden Kampfs für höhere Löhne, den der LCH 2013 angesagt hat. Damals hat der Verband die Kantone aufgefordert «bis 2018 die teilweise massiven Defizite bei den Löhnen der Lehrpersonen zu beseitigen und auszugleichen». Ein Jahr vor Ablauf dieser «Frist» zeige sich: «Die Lohnsituation bleibt mangelhaft.»
Die Angst vor dem Sparpaket
Die «Anforderungsgerechten Löhne», die der LCH nun in den Vordergrund
stellt, waren auch im Kanton Bern immer wieder ein Thema. Studien, so die
Darstellung der Lehrerverbände, hätten ergeben, dass Arbeitnehmende in Branchen
mit ähnlich hohen Anforderungen deutlich mehr verdienen als Lehrerinnen und
Lehrer. Dies, so die Warnung, führe dazu, dass die Schule für «ambitionierte
Arbeitnehmende» zu wenig attraktiv sei.
Die Nachfrage bei Bildung Bern, dem bernischen Lehrerverband, ergibt
allerdings, dass das Thema im Moment «keine Priorität» hat. Oder anders
ausgedrückt: In Bern hat man sich damit abgefunden, dass «anforderungsgerechte»
Lehrerlöhne vorerst ausser Reichweite liegen. «Es ist bekannt, dass die Löhne
für Lehrerinnen und Lehrer im Vergleich zu anderen Branchen zu tief sind», sagt
Regula A. Bircher, Geschäftsführerin von Bildung Bern. «Angesichts des
drohenden Sparpakets haben wir im Moment aber andere Sorgen.»
Das Sparpaket droht konkret am kommenden Freitag. An diesem Tag wird der
Regierungsrat darlegen, wie er in den nächsten Jahren mehrere hundert Millionen
Franken einsparen will. Wie weit auch Lehrerinnen und Lehrer davon betroffen
sein werden, ist nicht bekannt.
Aber Bircher sieht die Errungenschaften der vergangenen Jahre in Gefahr.
Vor vier Jahren hat der Grosse Rat nach zähem Ringen beschlossen, den
Lehrerinnen und Lehrern wieder einen verlässlichen Lohnaufstieg zu gewähren.
«Dieser Beschluss darf nicht angetastet werden», sagt Bircher.
Primarlehrer müssen wohl warten
Weiter kämpft Bildung Bern dafür, dass die Löhne der Primarlehrer
angehoben werden, um den Unterschied zu den Löhnen der Sekundarlehrerinnen zu
verkleinern. In anderen Kantonen haben Gerichte den Lohnunterschied zwischen
den Schulstufen bereits für diskriminierend befunden. Dennoch dürfte selbst diese
Forderung im Kanton Bern vorerst unerfüllt bleiben.
Im vergangenen Dezember hat der bernische Erziehungsdirektor Bernhard
Pulver (Grüne) gesagt: «Vor dem Hintergrund von einem neuen Sparpaket über 250
Millionen Franken ist in diesem Bereich in den nächsten paar Jahren keine
Veränderung geplant.» Pulver war am Montagabend für eine Stellungnahme nicht
erreichbar. Man darf aber davon ausgehen, dass sich an der Prognose nichts
geändert hat.
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