12. Juli 2019

Fehlende Lehrmittel für Italienisch- und Romanischbünden


Der Kanton soll Mittel aus der Sprachenförderung in den Bildungsbereich verlagern. Das forderndie Bündner Lehrerinnen und Lehrer. Der Kanton Bern handelt bei der Mehrsprachigkeit bereits.
Nach dem Bund macht jetzt auch die Lehrerschaft Druck, Südostschweiz, 4.7. von Olivier Berger


Er hat in Graubünden für einige Unruhe gesorgt: der Bericht «Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache und Kultur im Kanton Graubünden». Erarbeitet wurde das Papier vom Zentrum für Demokratie Aarau im Auftrag des Bundes («Südostschweiz» vom 31. Mai). Vor allem über die Mittelverwendung zur Förderung des Romanischen haben die Aargauer Forscher eine klare Vorstellung. «Angesichts der prekären Sprachsituation des Rätoromanischen empfiehlt sich der konzentrierte Einsatz finanzieller Mittel im Bildungssektor», schreiben sie.

Der Legr sieht sich bestätigt
Beim Berufsverband Lehrpersonen Graubünden (Legr) fühlt man sich durch das Papier aus Aarau bestätigt. Deshalb fordert jetzt auch der Legr «eine Verlagerung der Mittel aus der Sprachenförderung des Bundes in den Bildungsbereich», wie es in einer Medienmitteilung heisst. Zudem verlangt der Legr, dass die Regierung den Bericht des Zentrums für Demokratie «genau prüft und im Bildungsbereich gezielt Massnahmen ergreift».
Wo diese Massnahmen vor allem ansetzen sollen, ist für den Legr klar: bei der Übersetzung von Lehrmitteln ins Romanische und Italienische. «In Romanisch- und auch in Italienischbünden stehen den Lehrpersonen noch nicht genügend geeignete und zum Lehrplan 21 kompatible Lehrmittel zur Verfügung», heisst es in der Mitteilung weiter. Oft müssten italienisch- und romanischsprachige Lehrpersonen «die Lehrmittel selbst übersetzen oder die Unterrichtsunterlagen selbst herstellen».

Unbehagen bei der Lehrerschaft
Bei seinen Forderungen stützt sich der Verband nicht nur auf das Papier des Zentrums für Demokratie, wie Legr-Präsidentin und SP-Grossrätin Sandra Locher Benguerel betont. «Eine Befragung an unserer Basis hat ergeben, dass die fehlenden Übersetzungen für viele Lehrpersonen ein Dauerthema sind», sagt sie. Schon im vergangenen Jahr hat der Legr die Forderung nach noch mehr Übersetzungen in ein 6-Punkte-Programm zu den Anstellungs- und Arbeitsbedingungen der Lehrpersonen im Kanton aufgenommen. «Insgesamt setzen wir uns als Verband schon seit drei Jahren für mehr übersetzte Lehrmittel ein», betont Locher Benguerel. «Seither ist vonseiten des Kantons einiges passiert, aber leider immer noch nicht genug.»

Auf den Spuren von Bern
Locher Benguerel will der Regierung aber nicht nur als Verbandspräsidentin auf die Finger schauen, wenn es um die Umsetzung der Erkenntnisse aus dem Aarauer Bericht geht. Bereits in der Auswärtssession des Grossen Rates in Pontresina von Anfang Juni hat sie sich bei der Regierung danach erkundigt, wie diese Umsetzung erfolgen soll. Damals sagte der zuständige Bildungsdirektor Jon Domenic Parolini, er werde eine interdepartementale Arbeitsgruppe einsetzen und deren Erkenntnisse öffentlich machen. «Ich werde allenfalls in einer späteren Session nachhaken», verspricht Locher Benguerel.

Bereits einen Schritt weiter als Graubünden ist der Kanton Bern. Dort hat die Regierung vergangene Woche mitgeteilt, dass sie insgesamt 25 strategische Massnahmen definiert hat, um die Zweisprachigkeit zu fördern. Um diese weiter zu konkretisieren, stehen in den kommenden drei Jahren laut einer Medienmitteilung zusätzliche Mittel von insgesamt 600 000 Franken zur Verfügung.

Gefördert werden sollen im Kanton Bern unter anderem der schulische Sprachaustausch und der zweisprachige Schulunterricht. Aber auch als Arbeitgeber will der Kanton laut der Mitteilung «die Sprachkompetenzen innerhalb der Kantonsverwaltung verbessern». Auch die Berner Spitäler sollen noch zweisprachiger werden.


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