27. Juni 2019

Wigoltinger haben kein Vertrauen mehr in Behörde


An der Schulgemeindeversammlung wollten die Stimmbürger lieber über die Krise sprechen, als über die Rechnung 2018. Das Misstrauen gegenüber der Behörde ist gross, viele Fragen und Anträge bestimmten den Abend.
Viele kritische Fragen wegen Schulstreit: Wigoltinger Schulbürger haben kein Vertrauen mehr in die Behörde, St. Galler Tagblatt, 27.6. von Sabrina Bächi
 

 «Fakt ist, zwischen der Schulleitung und den Lehrern gibt es einen Konflikt. Das heisst, es konnten gegenseitige Erwartungen nicht erfüllt werden.» Nathalie Wasserfallen, Präsidentin der Volksschulgemeinde Wigoltingen, beschönigt die Krisensituation nicht. Man stecke mittendrin, habe versucht, den Konflikt zu bewältigen, das sei noch nicht gelungen. Sie sagt:
«Ich weiss, sie haben Fragen, aber wir brauchen Zeit.»

Auf Ende Jahr, vielleicht bis im Herbst vertröstet sie die 140 anwesenden Stimmbürger am Dienstagabend. Die Mehrzweckhalle der Primarschule in Wigoltingen ist voll, die Luft stickig und heiss. Aber es kocht drinnen nicht wegen der Aussentemperaturen, sondern wegen der vielen Fragen und Anträge. 

Nur schon bis die Stimmzähler gewählt werden können, gibt es einen Ordnungsantrag und zwei Anträge, die geheime Abstimmungen und eine Umstellung der Traktandenliste fordern. Die meiste Zeit behält die Präsidentin den Überblick über die zeitweise recht chaotische Versammlung.

Auch sie hat sich vorbereitet. Mit ihren «juristischen Belehrungen», wie es ein Votant nennt, findet Wasserfallen jedoch kein Gehör. 

Unterricht an Oberstufe führt zu Diskussionen
Die Traktandenliste wird schliesslich umgestellt. Verschiedenes und Umfrage kommt vor der Rechnungsabnahme. Als Vizepräsident Hanspeter Brauchli die Zielsetzung in der Oberstufe anspricht, wird die Diskussion hitzig. 

«Ab dem neuen Schuljahr starten die 1.-Klässler in der Oberstufe mit niveau-gemischten Stammklassen», sagt er. Grund für diesen Entscheid waren die unterschiedlich grossen Klassen. Dies werde für ein Jahr eingeführt und dann auf Vor- und Nachteile hin ausgewertet und entschieden, ob man es beibehalte, sagt er. 

Das passt den Stimmbürgern gar nicht. «Heisst das, unsere Kinder sind Versuchskaninchen?» wird gefragt. Immer lauter wird die Forderung nach Erklärung der langjährigen Strategie. Die Votanten äussern sich sehr misstrauisch, sprechen von einer «versteckten Agenda». Sie glauben, die Behörde habe einen Plan und wolle ihn nicht offenlegen. 

Kritische Fragen
«Wo steht die Schule in fünf Jahren?», «Gibt es eine Lernlandschaft?», «Wie wollt ihr den Erfolg eures Versuchs evaluieren?» «Was sind die Visionen von Schulleiter Mirko Spada?». Die Fragen prasseln auf Brauchli ein, der keine befriedigende Antwort liefern kann.
Auch Präsidentin Nathalie Wasserfallen geht nicht auf die Fragen ein, vielmehr nimmt sie den im Saal anwesenden Schulleiter in Schutz. «Ich lasse nicht zu, dass er blossgestellt wird», sagt sie. Deshalb antwortet Wasserfallen für Spada, dass er Visionen habe, ihm aber auch bewusst sei, dass er keine Privatschule mehr leite. Vor Wigoltingen hat Spada die Nationale Elitesportschule geleitet. Weiter heisst es, dass alle Lehrerstellen der Oberstufe besetzt sind. 

«Ich nehme diese Wortmeldung zur Kenntnis»
Bei der Umfrage stellen die Stimmbürger, hauptsächlich Mitglieder der Interessengemeinschaft Schule Wigoltingen, ihre Fragen zum aktuellen Schulstreit. «Ich nehme diese Wortmeldung zur Kenntnis», ist das einzige, was sich Nathalie Wasserfallen entlocken lässt. Schliesslich meldet sich ein Stimmbürger und sagt:
«Fakt ist, die Behörde ist gewählt. Fakt ist, die Lehrer haben gekündigt. Es kann doch nicht sein, dass wir so einen Kindergarten veranstalten.» 

Damit ging die Umfrage zu Ende. Doch selbst bei der Rechnungsabnahme entzünden sich die Diskussionen weiter. «Um eine Rechnung zu genehmigen, muss ich das Vertrauen in die Behörde haben. Das fehlt, ich kann deshalb dieser Rechnung nicht zustimmen», sagt ein Votant. 

Mit 80 Ja- zu 44 Nein-Stimmen wird die Rechnung 2018 dann doch genehmigt. Die Verwendung des Gewinns gibt abermals Diskussionen. Letztendlich wird über zwei Anträge abgestimmt: über jenen der Behörde, die den Gewinn der schulischen Raumentwicklung zuführen will, und jenen der Rechnungsrevisorin, die vorschlägt, 200000 Franken für den Schulstreit als Rücklage zu verwenden. Die zweite Variante wird genehmigt.

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