Die wirklichen Gründe des zunehmenden Lehrermangels
werden im Artikel nicht genannt. Aufhorchen lässt uns die Feststellung, dass 20
Prozent der Junglehrer innerhalb der ersten fünf Jahre wieder aussteigen. Warum
geben die jungen Lehrer den einst schönsten Beruf auf oder brauchen längere
Burn-out-Pausen? Warum brechen viele andere ihre Lehrerausbildung vorzeitig ab?
Warum beenden immer mehr langjährige, gute, erfahrene Lehrer ihr Berufsleben
lange vor der Pensionierung?
Leserbrief zu «10000 neue Lehrer gesucht», (Ausgabe vom 31. Mai), von Marianne Wüthrich, St. Galler Tagblatt, 13.6.
Die Antwort bei den Löhnen zu suchen, lenkt vom
Wesentlichen ab. Tatsache ist, dass zahlreiche Lehrer aus- oder umsteigen, weil
sie nicht mehr so unterrichten dürfen, wie sie gerne möchten und wie der Erfolg
für möglichst alle Kinder am besten gewährleistet wird.
Statt den Kindern im
Klassenunterricht die Grundlagen zu vermitteln, sollen die Lehrer ihre Schüler
im selbstorganisierten Lernen sich selbst überlassen und lediglich als Coach
fungieren. Ausserdem werden sie mit dem Ausfüllen von Beobachtungsbögen und der
Produktion von individualisierten Lernmaterialien und Tests beschäftigt. An der
PH werden die Junglehrer entsprechend ausgebildet.
Statt mit möglichst
homogenen Jahrgangsklassen werden die Schulzimmer mit «Inklusionsklassen»
gefüllt, in denen ein zufriedenstellender Unterricht auch für erfahrene,
bestqualifizierte Lehrkräfte kaum möglich ist. Deshalb wird der Ruf nach der
Wiederbelebung der erfolgreichen Kleinklassen immer lauter. Regelrechte
Schulbesuche werden durch «Walk-Through» ersetzt, das heisst die Schulleitung
schaut mitten in der Lektion zehn Minuten hinein. Wer in diesem Kurzausschnitt
unterrichtet statt zu coachen, kriegt in der Qualifikation einen Abzug.
Methodenfreiheit? Das war einmal. Hier ist ein Halt-Stopp! angesagt. Dass der
einst schönste aller Berufe für immer mehr Lehrerinnen und Lehrer – und ihre
Schüler – zum Desaster wird, dürfen wir nicht länger zulassen.
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