23. Juni 2019

Starke Schule will Kompetenzen reduzieren

Der neue Lehrplan Volksschule Baselland, mit welchem seit dem Schuljahr 2018/19 an den Sekundarschulen gearbeitet wird, ist nicht zielführend: Er ist unübersichtlich, schwammig formuliert und deutlich zu umfangreich. Bedenklich ist zudem, dass ein wesentlicher Teil des Lehrplans vom Amt für Volksschulen (AVS) in Eigenregie mit dem Ziel formuliert wurde, den selbstorganisierten und konstruktivistischen Unterricht in den Klassenzimmern zu manifestieren. Fachexpertinnen und -experten wurden nicht oder lediglich als Marionetten eingebunden, welche den Lehrplan faktisch nur noch absegnen durften.
Gigantische Anzahl Kompetenzbeschreibungen reduzieren, Starke Schule beider Basel, 23.6. von Alina Isler


Der Lehrplan Volksschule Baselland der Primar- und Sekundarstufe 1 besteht aus zwei Teilen: einerseits aus der gigantischen Anzahl von 3'536 Kompetenzbeschreibungen, andererseits aus Stoffinhalten und Themen mit Jahreszielen, differenziert ausgerichtet auf die drei Leistungsniveaus A, E und P. Beide Teile sind enorm umfangreich und haben einen sehr hohen Detaillierungsgrad, was den Lehrplan Volksschule Baselland unübersichtlich und für die Lehrpersonen faktisch unbrauchbar macht. Gleichzeitig ist auch der Lehrplanteil mit den Stoffinhalten und Themen in Form von Kompetenzbeschreibungen verklausuliert. Der Bildungsrat hat den Lehrplan Volksschule Baselland denn auch nur provisorisch für 3 Jahre eingeführt, damit dieser in der Zeit überarbeitet und verbessert werden kann.

 Fach (Primar- und Sekundarstufe 1) 
 Anzahl Kompetenz-beschreibungen
 Deutsch
 502
 Französisch
 250
 Englisch
 250
 Italienisch
 192
 Latein
 151
 Mathematik
 452
 Natur, Mensch, Gesellschaft
 411
 Biologie, Chemie, Physik
 154
 Hauswirtschaft
 80
 Geografie, Geschichte
 127
 Ethik, Religion, Gemeinschaft
 86
 Bildnerisches Gestalten
 166
 Textiles und technisches Gestalten
 154
 Musik
 207
 Bewegung und Sport
 244
 Medien und Informatik
 75
 Berufliche Orientierung
 35
 Total
 3'536

Diese gigantische und unerfüllbare Anzahl in den Lehrplänen der Volksschule sollte auf ein vernünftiges Mass reduziert werden, zumal viele Kompetenzbeschreibungen akademisch anmuten und damit stufenfremd formuliert sind. Hier einige Beispiele aus den Fachbereichen Deutsch, Englisch, Geschichte und Mathematik:

  • Die Schülerinnen und Schüler können ihr Verständnis eines Redebeitrags mit Bezug auf das Gehörte begründen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können die Bedeutung von Rechtschreiberegeln reflektieren.
  • Die Schülerinnen und Schüler können Erfahrungen mit den Begriffen: Futur und Plusquamperfekt; vier Fälle; Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv sammeln.
  • Die Schülerinnen und Schüler können sich darauf einlassen, immer wieder neue Bilderbücher, Hörbücher, Hörspiele, Filme anzuschauen, zu lesen und darüber zu sprechen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können ihr Hörverhalten und Hörinteresse reflektieren.
  • Die Schülerinnen und Schüler können beim Vortragen Texte gestalten und eine ästhetische Wirkung erzielen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können Geschichte zur Bildung und Unterhaltung nutzen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können erklären wie Geschichte ihr Leben beeinflusst hat und worin für sie selber der Nutzen der Beschäftigung mit Geschichte liegt.
  • Die Schülerinnen und Schüler sind bereit, sich mit unbekannten Fragestellungen zu Kombinatorik und Wahrscheinlichkeit auseinanderzusetzen.
Aufgrund dieser immensen Quantität an Kompetenzbeschreibungen und der teilweise schwer verständlichen, wenig aussagekräftigen Formulierungen mit einem grossen Interpretationsspielraum, bekunden viele Lehrpersonen erhebliche Mühe, sich einen Überblick zu verschaffen. Viele Kompetenzbeschreibungen sind zudem so schwammig formuliert, dass damit die Leistungen der Schüler/-innen gar nicht objektiv überprüfbar und bewertbar sind.

Die Starke Schule hat reagiert und reicht am 24. Juni die formulierte Initiative «Die gigantische und unerfüllbare Anzahl von 3'500 Kompetenzbeschreibungen in den Lehrplänen auf ein vernünftiges Mass reduzieren» ein, um den kompetenzorientierten Lehrplanteil umsetzbar zu machen.

Die Starke Schule lehnt umsetzbare und überprüfbare Kompetenzbeschreibungen nicht grundsätzlich ab, jedoch sollten sie im Lehrplan in einem vernünftigen und erfüllbaren Mass sowie in einer klareren Sprache aufgeführt werden, damit die Lehrpersonen diese bewältigen und zielführend einsetzen können. Erhaltene Rückmeldungen aus Sekundarschulen bestätigen: Die Lehrpersonen verwenden die reinen Kompetenzbeschreibungen nahezu gar nicht. Selbst der Teil Stoffinhalte und Themen wird aufgrund des hohen Detaillierungsgrad nur punktuell berücksichtigt. Der Lehrplan der 1. Klasse der Sekundarstufe I umfasst beispielsweise für das Fach Mathematik 10 Seiten, für das Fach Deutsch 9 Seiten. Dieser übertriebene Umfang ist nicht zweckmässig.
Die Starke Schule ist überzeugt, dass die gigantische Anzahl von Kompetenzbeschreibungen in beiden Teilen des Lehrplans das Erreichen der Lernziele erschwert und deshalb stark reduziert und aufs Wesentliche beschränkt werden muss.


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