5. Juni 2019

Arbeitsgruppen als Marionetten für ideologisierte Ziele

Vier Arbeitsgruppen sind im Baselbiet gebildet worden mit dem Auftrag, neue Lehrpläne für Französisch und Englisch zu erarbeiten und dafür neue Lehrmittel zu suchen. Diesmal sollten es Fachleute, profilierte Fachexperten und nicht ideologisierte Pädagogen sein, die dem bislang unkontrollierbaren Lehrplan 21 ein verbindliches Korsett verpassen.Das Ziel: die Schüler von der Sprachmisere im Baselbiet befreien. 
Eklat zwischen Starker Schule und Amt für Volksschule, Basler Zeitung, 5.6. von Daniel Wahl


Doch in seltenem Arbeitseifer haben Funktionäre des Amts für Volkschule (AVS), darunter der Leiter der Abteilung Aufsicht und Qualität, die Sprachen- und die Lehrplanverantwortliche, den Arbeitsauftrag der Arbeitsgruppen unterlaufen: Sie haben diesen Gruppen ihren eigenen, vorgefertigten Lehrplan vorgelegt. Mehr noch: Sie verbitten sich, wesentliche Änderungen vorzunehmen. Man erlaubt gerade noch, einzelne «Treffpunkte zusammenzufassen», «Streichungen sind die Ausnahme und gut zu begründen», schreiben die Verwaltungspersonen den Experten vor. 

Feigenblatt Arbeitsgruppe 
Das hat intern zum Eklat geführt: Arbeitsgruppenmitglieder von der Starken Schule werfen den Amtsvertretern vor: «Das AVS benutzt die Arbeitsgruppen als Marionetten, um anschliessend Bildungsrat, Parlament und Öffentlichkeit vorgaukeln zu können, hochdotierte Fachexpertinnen und -experten mit langjähriger Unterrichtserfahrung hätten diesen Lehrplan erarbeitet.» Michael Pedrazzi, Englischlehrer an der Sekundarschule, kritisiert die Vertreter des AVS frontal: «Hauptsache, der Lehrplan entspricht der gescheiterten Fremdsprachenideologie und propagiert das kompetenzorientierte und selbstorganisierte Lernen, in welchem die Schüler sich selbst überlassen werden.» Zum Streit über Deutungshoheit bei der Evaluation von Lehrmitteln ist es schon Mitte Mai gekommen,wie das Internetportal «Onlinereports» beschrieben hat. 

Die jüngste Kritik kommt zu einem brisanten Zeitpunkt. Denn inzwischen liegen die Resultate des nationalen Vergleichstests zur Mehrsprachendidaktik auf der Basis der kompetenzorientierten Lehrmittel «Mille feuilles» und «Clin d’œil» vor. An den Erkenntnissen gibt es nichts zu rütteln: Die entsprechenden Lehrmittel, die von sechs Passepartout-Kantonen verwendet werden, sind ein Misserfolg. Die Baselbieter und die Basler Schüler sind schlecht geworden. Dem Laborieren an den Schülern wollte vor allem die Starke Schule mit der Initiative «Stopp dem Verheizen von Schülern:Ausstieg aus dem gescheiterten Passepartout-Fremdsprachenkonzept» ein Ende setzen. Die sehr teuren und schlechten Lehrmittel sollten abgesetzt werden. Zudem sollten die ausufernden Kompetenzbeschreibungen im Volksschullehrplan mittels klaren Zielsetzungen ergänzt werden. 

Taskforce eingesetzt 
In weiser Vorahnung der miserablen Resultate des Vergleichstests hat der Landrat im Winter 2018 der Regierung den Auftrag erteilt, eine Gesetzesvorlage zur Initiative zu erarbeiten, welche die umstrittenen Sprachlehrmittel verbannt. Monica Gschwind setzte daraufhin eine Taskforce ein. Arbeitsgruppen wurden gebildet. Das AVS hat sich in diesem Prozess als Schnittstelle zwischen Taskforce und Arbeitsgruppen definiert und kontrolliert nun die Informationsflüsse. 

Mit dieser Taktik stossen sie auf Widerstand. Es ginge den AVS-Entscheidungsträgern nur darum, am Passepartout-Konzept unbeirrt festzuhalten: «Die Ideologen der pädagogischen Hochschule PH und einige Mitarbeiter des Amtes für Volksschulen nehmen in Kauf, dass die Schüler ein ungenügendes Französisch lernen.» Die Manipulationen des Amtes seien sogar so weit gegangen, dass ein Mitglied für das kompetenzorientierte Lehrmittel «Dis donc!» schwärmen musste, um dann zuzugeben, dass er es selber nicht einsetze, sondern mit «Tous ensemble» arbeiten werde. 

Den Konflikt hätte das AVS lieber intern ausgefochten. Nur in einer vieldeutigen Antwort geht Monique Juillerat, Sprecherin der Bildungsdirektion, auf den Konflikt ein: «Offenbar war die Auftragslage bei der Erarbeitung nicht für alle Arbeitsgruppenteilnehmenden gleich klar. In der nächsten Sitzung werden wir diese Klärung schaffen.»Andere Fragen zum Konflikt beantwortet sie nicht. 

Wie beim Lehrplan 21 
Das Vorgehen erinnert an die geheime Entwicklung des Lehrplans 21. Hinter verschlossenen Türen wurde das Werk ausgearbeitet, um dann höchstens Manöverkritik zuzulassen. Zu viele Millionen wurden dafür ausgegeben. Zu viel Geld hat das Baselbiet in die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer an den teuren kompetenzorientierten Lehrmitteln investiert, um diese zu verwerfen.

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