Eklat zwischen Starker Schule und Amt für Volksschule, Basler Zeitung, 5.6. von Daniel Wahl
Doch in seltenem Arbeitseifer haben Funktionäre des Amts
für Volkschule (AVS), darunter der Leiter der Abteilung Aufsicht und Qualität,
die Sprachen- und die Lehrplanverantwortliche, den Arbeitsauftrag der
Arbeitsgruppen unterlaufen: Sie haben diesen Gruppen ihren eigenen,
vorgefertigten Lehrplan vorgelegt. Mehr noch: Sie verbitten sich, wesentliche
Änderungen vorzunehmen. Man erlaubt gerade noch, einzelne «Treffpunkte
zusammenzufassen», «Streichungen sind die Ausnahme und gut zu begründen»,
schreiben die Verwaltungspersonen den Experten vor.
Feigenblatt Arbeitsgruppe
Das hat intern zum Eklat geführt: Arbeitsgruppenmitglieder von der Starken
Schule werfen den Amtsvertretern vor: «Das AVS benutzt die Arbeitsgruppen als
Marionetten, um anschliessend Bildungsrat, Parlament und Öffentlichkeit
vorgaukeln zu können, hochdotierte Fachexpertinnen und -experten mit
langjähriger Unterrichtserfahrung hätten diesen Lehrplan erarbeitet.» Michael
Pedrazzi, Englischlehrer an der Sekundarschule, kritisiert die Vertreter des
AVS frontal: «Hauptsache, der Lehrplan entspricht der gescheiterten
Fremdsprachenideologie und propagiert das kompetenzorientierte und
selbstorganisierte Lernen, in welchem die Schüler sich selbst überlassen
werden.» Zum Streit über Deutungshoheit bei der Evaluation von Lehrmitteln ist
es schon Mitte Mai gekommen,wie das Internetportal «Onlinereports» beschrieben
hat.
Die jüngste Kritik kommt zu einem brisanten Zeitpunkt. Denn inzwischen
liegen die Resultate des nationalen Vergleichstests zur Mehrsprachendidaktik
auf der Basis der kompetenzorientierten Lehrmittel «Mille feuilles» und «Clin
d’œil» vor. An den Erkenntnissen gibt es nichts zu rütteln: Die entsprechenden
Lehrmittel, die von sechs Passepartout-Kantonen verwendet werden, sind ein
Misserfolg. Die Baselbieter und die Basler Schüler sind schlecht geworden. Dem
Laborieren an den Schülern wollte vor allem die Starke Schule mit der
Initiative «Stopp dem Verheizen von Schülern:Ausstieg aus dem gescheiterten
Passepartout-Fremdsprachenkonzept» ein Ende setzen. Die sehr teuren und
schlechten Lehrmittel sollten abgesetzt werden. Zudem sollten die ausufernden
Kompetenzbeschreibungen im Volksschullehrplan mittels klaren Zielsetzungen
ergänzt werden.
Taskforce eingesetzt
In weiser Vorahnung der miserablen
Resultate des Vergleichstests hat der Landrat im Winter 2018 der Regierung den
Auftrag erteilt, eine Gesetzesvorlage zur Initiative zu erarbeiten, welche die
umstrittenen Sprachlehrmittel verbannt. Monica Gschwind setzte daraufhin eine
Taskforce ein. Arbeitsgruppen wurden gebildet. Das AVS hat sich in diesem
Prozess als Schnittstelle zwischen Taskforce und Arbeitsgruppen definiert und
kontrolliert nun die Informationsflüsse.
Mit dieser Taktik stossen sie auf
Widerstand. Es ginge den AVS-Entscheidungsträgern nur darum, am
Passepartout-Konzept unbeirrt festzuhalten: «Die Ideologen der pädagogischen
Hochschule PH und einige Mitarbeiter des Amtes für Volksschulen nehmen in Kauf,
dass die Schüler ein ungenügendes Französisch lernen.» Die Manipulationen des
Amtes seien sogar so weit gegangen, dass ein Mitglied für das
kompetenzorientierte Lehrmittel «Dis donc!» schwärmen musste, um dann
zuzugeben, dass er es selber nicht einsetze, sondern mit «Tous ensemble»
arbeiten werde.
Den Konflikt hätte das AVS lieber intern ausgefochten. Nur in
einer vieldeutigen Antwort geht Monique Juillerat, Sprecherin der
Bildungsdirektion, auf den Konflikt ein: «Offenbar war die Auftragslage bei der
Erarbeitung nicht für alle Arbeitsgruppenteilnehmenden gleich klar. In der
nächsten Sitzung werden wir diese Klärung schaffen.»Andere Fragen zum Konflikt
beantwortet sie nicht.
Wie beim Lehrplan 21
Das Vorgehen erinnert an die geheime
Entwicklung des Lehrplans 21. Hinter verschlossenen Türen wurde das Werk
ausgearbeitet, um dann höchstens Manöverkritik zuzulassen. Zu viele Millionen
wurden dafür ausgegeben. Zu viel Geld hat das Baselbiet in die Ausbildung der
Lehrerinnen und Lehrer an den teuren kompetenzorientierten Lehrmitteln
investiert, um diese zu verwerfen.
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