2. Mai 2019

Gegen Sparübungen


Die beiden Initiativen «Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen» sowie «Stopp dem Abbau an den öffentlichen Schulen», über die am 19. Mai in Baselland abgestimmt wird, versteht man am besten im Kontext ihrer Entstehung. 2015 wurde das dritte Sparpaket innerhalb von zwölf Jahren Tatsache,mit direkten Auswirkungen auf die Schulen: Abgebaut wurde beim Halbklassen- und Schwimmunterricht, bei den Lagern, dem Freifachangebot. Die «optimierte» Klassenbildung erzeugt längere Schulwege und kurzfristig auseinandergerissene Klassen; IT-Unterrichtsgefässe fehlen, und selbst dringliche Sanierungen von Schulbauten wurden immer weiter zurückgestellt.
Damit die gute Schule Baselland immer mehr bleibt als nur ein Slogan, Basler Zeitung, 2.5. von Roger von Wartburg


Bei den über 3200 Mitgliedern des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB)war Ohnmacht spürbar. «So darf es nicht weitergehen!», lautete die Parole. In diesem Klima entstanden die Initiativen, denen 92 respektive 97 Prozent der LVB-Delegierten 2016 zustimmten. Das Kernanliegen der erstgenannten Initiative betrifft die schulische Infrastruktur. Neu sollen Mindestansprüche an Schulbauten und deren Ausstattung im Bildungsgesetz verankert werden.

Dass die Gemeinden, alsTräger der Primar- und Musikschulen, im Falle einer Annahme der Initiative in die Ausgestaltung eingebunden werden müssen, versteht sich von selbst. Nicht Luxusbauten sind das Ziel, sondern das Etablieren gewisser Standards, zu denen sich alle Schulträger gemeinsam bekennen. Dies auch im Interesse der Gemeinden,denn gute Schulen sind ein wesentlicher Standortfaktor.

Baselland wird in den nächsten Jahren – durch steigende Schülerzahlen und eine Pensionierungswelle beim Personal – Hunderte neuer Lehrpersonen benötigen.Dabei steht unser Kanton im Wettbewerb mit anderen Kantonen. Neben Aspekten wie Lohn, Rente und Pflichtstundenzahl gehören auch die Schulbauten zum Portfolio eines attraktiven Arbeitgebers.Wir wollen fähige neue Lehrkräfte anziehen. Weiter fordert die Initiative ein grundlegendes Vorgehen ausschliesslich für den Fall, dass die Baselbieter Politik erneut Sparrunden in der Bildung beschliessen sollte. Dann gebührt der Aufrechterhaltung des laufenden Schulbetriebs der Vorrang – und nicht der Lancierung neuer überkantonaler Grossprojekte, die viele Ressourcen binden.

Ebenfalls unter der Prämisse, dass sich neue Sparmassnahmen in der Bildung politisch nicht verhindern lassen, soll Berücksichtigung finden, auf welchen Stufen –Volksschule, Sek II, Weiterbildung, Fachhochschule und Universität – zuvor Angebotserweiterungen zu Kostensteigerungen geführt haben.Ferner soll auch die Verwaltung einen proportionalen Anteil leisten,falls Sparmassnahmen beschlossen werden.Das Initiativkomitee heisst «pro Bildung BL». Es kämpft nicht gegen, sondern für etwas – nämlich die gute Schule Baselland. Auch der zuletzt beschriebene Passus richtet sich nicht gegen jedwelche Bildungseinrichtungen, sondern plädiert allein für ein als fair empfundenes Verteilen der Lasten im finanzpolitischen Notfall. Das ist 2015 nicht so gewesen: Obwohl der Baselbieter Bildungsbericht stagnierende bis sinkende Ausgaben für Volksschule und Sek II auswies, wurde ihnen ein ganzer Strauss neuer Sparmassnahmen aufgebürdet.

Die zweite Initiative fordert einen Schutzmechanismus für vier Eckpfeiler schulischer Qualität. Nur wenn zwei Drittel des Landrats dafür sind,sollen Verschlechterungen in diesen Bereichen möglich sein: Erhöhung der Klassengrössen; Überwälzung von Kosten des Schulbetriebs auf die Eltern; Reduktion des handwerklichen, gestalterischen und musischen Unterrichts; Senkung der Arbeitszeit der Lehrpersonen für ihren Unterricht.

Der LVB hat sich stets zum Bildungsrat bekannt, auch zuletzt im Abstimmungskampf. Daher beliesse der Passus betreffend die Gesamtdotation der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer pro Schulstufe (und nicht etwa pro Schuljahr!) dem Bildungsrat im Falle einer Annahme weiterhin einen sehr grossen Gestaltungsspielraum. Das Zweidrittelquorum ist eine unkonventionelle Forderung. Aus Sicht der Initianten ist sie aber dadurch gerechtfertigt, dass eine gute Bildung das Fundament ist, das eine florierende Wirtschaft und ein funktionierendes Staatswesen erst ermöglicht. Sparübungen aus kurzfristigen Überlegungen heraus oder als Resultat von Zufallsmehrheiten sollen verhindert werden. 

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