12. Mai 2019

Einsatz des Computers in der Schule


In der Schule Zuchwil wird der Computer schon länger als andernorts im Unterricht genutzt. 2015 formulierte der Kanton Handlungsfelder mit Empfehlungen für den Medienunterricht. Das gab neuen Schub. Eine Arbeitsgruppe erarbeitete ein pädagogisches Konzept für den Einsatz des Computers. Die Schüler erfahren nun alle die gleiche Schulung. Medienpädagoge Manuel Kissling, IT-Verantwortlicher, erklärt die Auswirkungen.
Welchen Stellenwert der Computer in der Schule hat, Solothurner Zeitung, 11.5. von Urs Byland


Herr Kissling, welche Erfahrungen haben Sie mit dem Einsatz des Computers im Unterricht gemacht?
Manuel Kissling: Seit Sommer 2018 begannen wir, wie vom Kanton empfohlen, das «1 to 1 Computing» umzusetzen. Jeder Schüler ab der 5. Klasse hat ein eigenes Gerät. Wir haben uns auf die Hardware konzentriert. Der Kanton hat uns aber geraten, zuerst zu überlegen, was wir erreichen wollen. Also haben wir in einer Arbeitsgruppe auch ein pädagogisches Konzept ausgearbeitet, das seit Sommer 2018 gilt.

Seit letztem Sommer haben Sie keine eigene Klasse mehr. Sie haben die Leitung der IT Schule Zuchwil übernommen. Wie unterrichten Sie heute?
Ich bin in allen Schulhäusern tätig, gehe in die Klassen und gebe zusammen mit den Lehrpersonen IT-Lektionen. Jede Schule hat zudem einen technischen IT-Supporter und einen pädagogischen IT-Supporter. Ich bin in beiden Funktionen tätig.

Wann hat man gemerkt, dass es einen Medienpädagogen braucht?
Die Computer wurden früher sehr unterschiedlich eingesetzt. Es gab Lehrpersonen, die intensiv damit arbeiteten, andere wiederum sehr selten. Wir haben dann entschieden, die Lehrpersonen zu unterstützen. Die Neuausrichtung drängte sich auch mit dem Lehrplan 21 auf, der stark auf die Anwendung des Computers baut. Hier müssen Schülerinnen und Schüler Kompetenzen entwickeln.

Wie arbeiten Sie in den Klassen?
Es geht vor allem um die Förderung der Schüler aber auch um die Weiterbildung und Unterstützung der Lehrpersonen. Am Anfang bestimme eher ich die Gestaltung der Stunde. Dann übernehmen die Lehrpersonen.

Wie reagieren diese?
Viele Lehrpersonen sind sehr offen und dankbar für die Unterstützung. Es hat aber auch andere, die Berührungsängste haben und auch Stress, weil sie den Druck spüren, jetzt den Computer einsetzen zu müssen aber noch unsicher im Umgang damit sind.

Und die Schüler?
Sie sind sehr motiviert.

Der Computer kann in der Schule vielseitig genutzt werden. Zum
Lernen, um Vorträge zu gestalten etc. Wird das so auch gemacht?
Wenn eine Lehrperson offen ist, merkt sie schnell, dass der Computer in der Individualisierung des Unterrichts viele Vorteile hat. Wir nutzen ihn in den vom Kanton empfohlenen sieben Handlungsfeldern. Dazu gehören zum Beispiel auch Programmieren und Strukturieren. Ich verwende dazu kleine Roboter, die von den Schülern programmiert werden können.

Ist das denn nicht Informatik-Unterricht?
Nein. Wenn der Roboter ein Quadrat abfahren soll, müssen sich die Schüler überlegen, was ist ein Quadrat, was ist ein rechter Winkel. Sie müssen logisch denken können beim Programmieren. Schüler gehen ohne Berührungsängste an die Aufgabe.

Aber eine Rechnung haben sie damit noch nicht gelöst?
Das stimmt. Aber es fördert logisches und analytisches Denken, Grundvoraussetzungen für Mathematik.

Ende Herbst 2018 haben Sie eine Umfrage unter den Schülern durchgeführt, mit welchem Resultat?
Den Schülern gefällt das Medium. Ein Grossteil nutzt den Computer drei bis vier Mal in der Woche.

Ich nehme an, heute ein halbes Jahr später, sind die Zahlen höher?
Ich sehe auf dem Schulserver, dass immer öfter die Geräte eingeschaltet und im Unterricht benutzt werden.

In welchem Fach wird der Computer am häufigsten genutzt?
Stark eingesetzt wird es erstaunlicherweise im Französisch. Dort ist aber ein Lehrmittel im Einsatz, dass auf den Einsatz des Computers ausgerichtet ist, beispielsweise beim Lernen daheim. Die Schüler schalten diesen zu Hause laut Umfrage auch zum Musikhören an, um im Internet zu surfen und Videos anzuschauen. Sie brauchen ihn aber auch, um Mails zu schreiben oder zum Chatten.

Welche Ziele verfolgen Sie im Unterricht mit dem Computer?
So wie es der Lehrplan 21 vorsieht, sollen die Schüler lernen, mit dem Gerät zu arbeiten. Es gibt aber noch weitere Themen wie Sicherheit im Internet. Eltern haben oft keine Ahnung, auf welchen Seiten im Internet sich ihre Kinder bewegen. Ich erinnere an die Geschichte des Jungen, der sich auf einer Online-Plattform verabredete, nach Frankfurt fuhr und dort schwer sexuell misshandelt wurde. Er hatte unglaublich viel von sich im Internet veröffentlicht. Zufällig hatte ich kurz davor als Thema in meiner Klasse: welche Daten gebe ich im Internet weiter, was ist ein Pseudonym etc.

Wie verhalten sich die Schüler?
Sie sind sehr interessiert. Wir üben das intensiv. Wir thematisieren auch das Thema Cyber-Mobbing. In diesem Bereich häufen sich in den letzten Jahren beispielsweise im Kanton Zürich die Anzeigen.

Verstehen die Kinder, was Sie unterrichten?
Ja. Vor kurzem habe ich das Thema in einer Klasse im Schulhaus Pisoni besprochen. Am Ende sassen wir im Kreis zusammen, und ich fragte, wer welche Erfahrungen gemacht hat. Innert Sekunden hatte jeder der Schülerinnen und Schüler eine Geschichte zu erzählen. Vom Gewinn eines Handys, was natürlich Fake ist, oder vom ungewollten Drücken einer Taste, was ihn gleich hundert Franken kostete.

Wird der Computer bald den Schulunterricht bestimmen?
Der Lehrplan 21 ist verpflichtend. Man muss den Computer einsetzen. Es liegt aber im Ermessen der Lehrperson, wie stark der Computer in der Schule eingesetzt wird. Aber auch das gehört zum Lehrplan 21, dass man Dauer und Inhalt der Nutzung des Computers kritisch hinterfragt. Ich erinnere mich an einen Vortrag. Der Referierende erklärte, dass 60 bis 70 Prozent der Schüler in zehn Jahren einen Beruf ausüben, den es heute noch gar nicht gibt. Unsere Welt hat sich wirklich verändert. Als ich vor zehn Jahren auf dem Weissenstein auf eine Frage meines Kindes das Smartphone zückte und die Oberflächentemperatur der Venus googelte, hat mich damals völlig fasziniert. Das ist heute selbstverständlich. Und das in einer Zeitspanne von zehn Jahren.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen