In der Schule Zuchwil wird der Computer schon
länger als andernorts im Unterricht genutzt. 2015 formulierte der Kanton
Handlungsfelder mit Empfehlungen für den Medienunterricht. Das gab neuen Schub.
Eine Arbeitsgruppe erarbeitete ein pädagogisches Konzept für den Einsatz des
Computers. Die Schüler erfahren nun alle die gleiche Schulung. Medienpädagoge
Manuel Kissling, IT-Verantwortlicher, erklärt die Auswirkungen.
Welchen Stellenwert der Computer in der Schule hat, Solothurner Zeitung, 11.5. von Urs Byland
Herr Kissling, welche Erfahrungen haben Sie mit dem
Einsatz des Computers im Unterricht gemacht?
Manuel Kissling: Seit
Sommer 2018 begannen wir, wie vom Kanton empfohlen, das «1 to 1 Computing»
umzusetzen. Jeder Schüler ab der 5. Klasse hat ein eigenes Gerät. Wir haben uns
auf die Hardware konzentriert. Der Kanton hat uns aber geraten, zuerst zu
überlegen, was wir erreichen wollen. Also haben wir in einer Arbeitsgruppe auch
ein pädagogisches Konzept ausgearbeitet, das seit Sommer 2018 gilt.
Seit letztem Sommer haben Sie keine eigene Klasse
mehr. Sie haben die Leitung der IT Schule Zuchwil übernommen. Wie unterrichten
Sie heute?
Ich bin in allen Schulhäusern tätig, gehe in die
Klassen und gebe zusammen mit den Lehrpersonen IT-Lektionen. Jede Schule hat
zudem einen technischen IT-Supporter und einen pädagogischen IT-Supporter. Ich
bin in beiden Funktionen tätig.
Wann hat man gemerkt, dass es einen Medienpädagogen
braucht?
Die Computer wurden früher sehr unterschiedlich
eingesetzt. Es gab Lehrpersonen, die intensiv damit arbeiteten, andere wiederum
sehr selten. Wir haben dann entschieden, die Lehrpersonen zu unterstützen. Die
Neuausrichtung drängte sich auch mit dem Lehrplan 21 auf, der stark auf die
Anwendung des Computers baut. Hier müssen Schülerinnen und Schüler Kompetenzen
entwickeln.
Wie arbeiten Sie in den Klassen?
Es geht vor allem um die Förderung der Schüler aber
auch um die Weiterbildung und Unterstützung der Lehrpersonen. Am Anfang
bestimme eher ich die Gestaltung der Stunde. Dann übernehmen die Lehrpersonen.
Wie reagieren diese?
Viele Lehrpersonen sind sehr offen und dankbar für
die Unterstützung. Es hat aber auch andere, die Berührungsängste haben und auch
Stress, weil sie den Druck spüren, jetzt den Computer einsetzen zu müssen aber
noch unsicher im Umgang damit sind.
Und die Schüler?
Sie sind sehr motiviert.
Der Computer kann in der Schule vielseitig genutzt
werden. Zum
Lernen, um Vorträge zu gestalten etc. Wird das so auch gemacht?
Lernen, um Vorträge zu gestalten etc. Wird das so auch gemacht?
Wenn eine Lehrperson offen ist, merkt sie schnell,
dass der Computer in der Individualisierung des Unterrichts viele Vorteile hat.
Wir nutzen ihn in den vom Kanton empfohlenen sieben Handlungsfeldern. Dazu
gehören zum Beispiel auch Programmieren und Strukturieren. Ich verwende dazu
kleine Roboter, die von den Schülern programmiert werden können.
Ist das denn nicht Informatik-Unterricht?
Nein. Wenn der Roboter ein Quadrat abfahren soll,
müssen sich die Schüler überlegen, was ist ein Quadrat, was ist ein rechter
Winkel. Sie müssen logisch denken können beim Programmieren. Schüler gehen ohne
Berührungsängste an die Aufgabe.
Aber eine Rechnung haben sie damit noch nicht
gelöst?
Das stimmt. Aber es fördert logisches und
analytisches Denken, Grundvoraussetzungen für Mathematik.
Ende Herbst 2018 haben Sie eine Umfrage unter den
Schülern durchgeführt, mit welchem Resultat?
Den Schülern gefällt das Medium. Ein Grossteil
nutzt den Computer drei bis vier Mal in der Woche.
Ich nehme an, heute ein halbes Jahr später, sind
die Zahlen höher?
Ich sehe auf dem Schulserver, dass immer öfter die
Geräte eingeschaltet und im Unterricht benutzt werden.
In welchem Fach wird der Computer am häufigsten
genutzt?
Stark eingesetzt wird es erstaunlicherweise im
Französisch. Dort ist aber ein Lehrmittel im Einsatz, dass auf den Einsatz des
Computers ausgerichtet ist, beispielsweise beim Lernen daheim. Die Schüler
schalten diesen zu Hause laut Umfrage auch zum Musikhören an, um im Internet zu
surfen und Videos anzuschauen. Sie brauchen ihn aber auch, um Mails zu
schreiben oder zum Chatten.
Welche Ziele verfolgen Sie im Unterricht mit dem
Computer?
So wie es der Lehrplan 21 vorsieht, sollen die
Schüler lernen, mit dem Gerät zu arbeiten. Es gibt aber noch weitere Themen wie
Sicherheit im Internet. Eltern haben oft keine Ahnung, auf welchen Seiten im
Internet sich ihre Kinder bewegen. Ich erinnere an die Geschichte des Jungen,
der sich auf einer Online-Plattform verabredete, nach Frankfurt fuhr und dort
schwer sexuell misshandelt wurde. Er hatte unglaublich viel von sich im
Internet veröffentlicht. Zufällig hatte ich kurz davor als Thema in meiner
Klasse: welche Daten gebe ich im Internet weiter, was ist ein Pseudonym etc.
Wie verhalten sich die Schüler?
Sie sind sehr interessiert. Wir üben das intensiv.
Wir thematisieren auch das Thema Cyber-Mobbing. In diesem Bereich häufen sich
in den letzten Jahren beispielsweise im Kanton Zürich die Anzeigen.
Verstehen die Kinder, was Sie unterrichten?
Ja. Vor kurzem habe ich das Thema in einer Klasse
im Schulhaus Pisoni besprochen. Am Ende sassen wir im Kreis zusammen, und ich
fragte, wer welche Erfahrungen gemacht hat. Innert Sekunden hatte jeder der
Schülerinnen und Schüler eine Geschichte zu erzählen. Vom Gewinn eines Handys,
was natürlich Fake ist, oder vom ungewollten Drücken einer Taste, was ihn
gleich hundert Franken kostete.
Wird der Computer bald den Schulunterricht
bestimmen?
Der Lehrplan 21 ist verpflichtend. Man muss den
Computer einsetzen. Es liegt aber im Ermessen der Lehrperson, wie stark der
Computer in der Schule eingesetzt wird. Aber auch das gehört zum Lehrplan 21,
dass man Dauer und Inhalt der Nutzung des Computers kritisch hinterfragt. Ich
erinnere mich an einen Vortrag. Der Referierende erklärte, dass 60 bis 70
Prozent der Schüler in zehn Jahren einen Beruf ausüben, den es heute noch gar
nicht gibt. Unsere Welt hat sich wirklich verändert. Als ich vor zehn Jahren
auf dem Weissenstein auf eine Frage meines Kindes das Smartphone zückte und die
Oberflächentemperatur der Venus googelte, hat mich damals völlig fasziniert.
Das ist heute selbstverständlich. Und das in einer Zeitspanne von zehn Jahren.
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