Die Regierung und der Landrat hatten kein Musikgehör für die Ansprüche
der Lehrerinnen und Lehrer. Jetzt kämpft der Lehrerverein um die Gunst des
Stimmvolks: Mit zwei Bildungsinitiativen will er eine qualitativ genügende
Schulinfrastruktur und höhere Hürden für künftige Sparmassnahmen im
Bildungsgesetz verankern. Am 19. Mai gelangen die beiden Bildungsinitiativen
zur Abstimmung.
Das Volk soll die Schulen verbessern, Basler Zeitung, 23.4. von Thomas Dähler
Im Landrat blieb der Lehrerinnen- und Lehrerverein völlig chancenlos.
Das Parlament folgte der Regierung und beschloss mit grossem Mehr die
Nein-Parolen zu den beiden Initiativen. Während die Initiative
«Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen» bei
immerhin zehn Landräten auf Verständnis stiess, waren es bei der Initiative
«Stopp dem Abbau an den öffentlichen Schulen» nur noch drei im 90-köpfigen
Parlament. Dabei war der Landrat nicht eigentlich gegen das Anliegen der
Initianten, hielt aber die vorgeschlagenen Revisionen des Bildungsgesetzes für
untauglich. Zwei Paragrafen wollten die Parlamentarier gar für ungültig
erklären. Vergeblich: Sie wurden vom Kantonsgericht zurückgepfiffen.
Die beiden Initiativen sind etwas aus der Zeit gefallen, denn sie waren
einst als Instrument gegen verfügte Sparmassnahmen gedacht. Diese sind längst
umgesetzt, sodass einige der Forderungen nur noch prophylaktisch für den Fall
eventuell in der Zukunft nötiger Sparrunden wirken. Zentral bleiben jedoch die
im Initiativtext festgeschriebenen Grundsätze bedürfnisgerechter Schulanlagen
und lehrplan- und lehrmittelgerechter Schuleinrichtungen, die Kanton und
Gemeinden zu garantieren haben. Und gesetzlich verankert würden bei einem Ja
auch neue Hürden für Veränderungen bei den Rahmenbedingungen der öffentlichen
Schulen.
Ob die neuen Gesetzesparagrafen aber überhaupt geeignet sind, die
Schulen zu verbessern, ist umstritten. Die geforderten Grundsätze würden bei
einem Ja zwar im Gesetz fixiert, doch für konkrete Folgen daraus müssten die
Gemeinden oder der Kanton erst entsprechende Beschlüsse fassen. Erst die
Zukunft würde weisen, ob die Stimmberechtigten an einer Gemeindeversammlung
oder ob ein Parlament die gesetzlichen Vorgaben auch umsetzten.
Volksschule gegen Uni
Besonders umstritten ist in der einen Initiative der geforderte
Gesetzesparagraf, der das Verhältnis der verschiedenen Schulstufen regelt.
Danach müssten für den Fall finanzieller Sparmassnahmen zuerst Bildungsprojekte
überprüft und am Verwaltungsapparat gespart werden. Und beim verbleibenden
Sparvolumen träfe es dann diejenige Schulstufe, die zuletzt Kostensteigerungen
verursacht hat - wenn nötig mit Kündigung entsprechender Staatsverträge, etwa
des Uni-Vertrags. Verhindert werden kann auf diese Weise, dass wie in der
Vergangenheit die Volksschule die Mehrausgaben der Hochschulen oder des
Gymnasiums einsparen muss.
Die Forderungen nach bedürfnisgerechten Schulbauten und adäquaten
Schuleinrichtungen zielen auf einen Missstand: Nach wie vor gibt es vielerorts
im Kanton veraltete Schulhäuser mit schadhaften Einrichtungen oder Schulen, die
unzureichend mit IT-Hardware ausgestattet sind. Mit einem Ja zu den Initiativen
erhofft sich der Lehrerinnen- und Lehrerverein, dass das Volk ein Machtwort
spricht und insbesondere Gemeinderäte oder Gemeindeversammlungen zur Räson
ruft. «Es braucht für die öffentlichen Schulen eine Investitionsoffensive»,
sagte Lehrervereinspräsident Roger von Wartburg bei der Lancierung der
Abstimmungskampagne.
Stundentafel korrigieren
Mit der zweiten Initiative, mit der ein «Abbau» bekämpft werden soll,
werden per Gesetz Zuständigkeiten verändert und Mehrheiten vorgeschrieben. Die
gesetzlich festgeschriebenen Klassengrössen oder allfällige Kosten, die den
Eltern auferlegt werden, sollen im Landrat künftig nur noch mit einem
Zweidrittelmehr beschlossen werden können.
Neu soll gemäss der einen Initiative auch nicht mehr der Bildungsrat
allein über die Stundendotationen der handwerklichen, gestalterischen und
musischen Fächer entscheiden, sondern der Landrat mit Zweidrittelmehrheit. Die
heute geltende Stundentafel müsste vom Landrat nachträglich beschlossen werden.
Es sei denn, der Bildungsrat korrigiere sie von sich aus im Sinne der
Initianten.
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