17. März 2019

Eltern stigmatisieren C-Klassen


Als Sek-C-Lehrer mit langjähriger Erfahrung staune ich immer wieder, wie hartnäckig sich Irrtümer zum Bildungswesen in den Medien halten. Lena Schenkel orientiert sich in ihrem Artikel an Studien, wonach schwächere Schüler und Schülerinnen in heterogenen Lerngruppen profitieren, «da sie sich naturgemäss nach oben orientieren». Das findet jedoch nur statt, wenn der Abstand zu den leistungsstarken Lernenden relativ klein und überwindbar ist, wie etwa der Psychologe Lev Vygotsky mit seinem Konzept der ZPD (zone of proximal development) aufzeigte. Dieser ist aber in den meisten heterogenen Klassen viel zu gross.
NZZ, 8.3. Leserbrief von Toni Meili

Das paralysiert die Lernenden oder führt zu herausforderndem Verhalten. Man stelle sich vor, man sässe an der ETH in einer Physikvorlesung für höhere Semester. So kommen sich überforderte Lernende in einer leistungsdurchmischten Klasse vor. Nur wenn man diese Jugendlichen individuell in ihre nächsthöhere Leistungsstufe begleiten kann, haben sie die Grundlage, Fortschritte zu machen. Dafür bietet die Sek C Raum. Ein weiterer Irrtum ist das sogenannte C-Stigma. Das ist höchstens ein Problem von schlecht informierten Eltern. Die Jugendlichen aber, meist schon seit der Primarstufe überfordert, erhalten nun endlich Zeit und eine individuelle Begleitung. So können sie den Schulstoff in angemessenem Lerntempo erarbeiten. Die Leistungsstärksten werden im Laufe der drei Jahre in die Sek B aufgestuft. Die Verbleibenden können sich mit meist gutem C-Zeugnis und gestärktem Selbstbewusstsein erfolgreich um eine der vielen Lehrstellen bewerben, die ihren Fähigkeiten und Kompetenzen entsprechen. Das erreicht man in einer Sek-C-Abteilung mit tiefen Schülerzahlen und kompetenter sowie individueller Lernbegleitung – und nicht durch Überforderung in grossen B- oder A-Klassen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen