19. Februar 2019

Wenn Schüler mitbestimmen


An der Primarschule Steiacher in Brüttisellen entscheiden nicht die Lehrer allein über die Pausenplatzordnung. Auch die Schüler bestimmen im System «Just Community» basisdemokratisch mit. In jedem Klassenzimmer hängt ein Briefkasten, in den die Schülerinnen und Schüler ihre auf Papier formulierten Anliegen einwerfen können.
Pro Halbjahr kommen so rund 50 Vorschläge zusammen. Ein «Kinder-OK», bestehend aus acht Dritt- bis Sechstklässlern, wählt die aus ihrer Sicht dringendsten Ideen aus und bringt sie in die Lehrerkonferenz. Die gesamte Schülerschaft ab der ersten Klasse diskutiert dann in einer Vollversammlung darüber.
An diesen Schulen haben die Kinder das Sagen, 20 Minuten, 19.2. von P. Michel


Es gibt schon Kampfwahlen um die Exekutive
Die «Just Community» ist ein Erfolg: Um die Wahl ins «Kinder-OK» entbrennen regelrechte Kampfwahlen, weil deren Mitglieder hohes Ansehen geniessen. In den Gängen hängen Plakate der Kandidaten. Die Leitung und Organisation der Vollversammlung organisieren die Schüler mittlerweile eigenständig.

 «Dass die Kinder entscheiden können, finde ich sehr gut», erklärte der 12-jährige Eren in einem Blog der Pädagogischen Hochschule Zürich. Die Vorschläge der Lehrer seien jeweils nicht so gut angekommen. Den Ansatz der «Just Community» verfolgen auch andere Schulen, beispielsweise das Schulhaus Dorf in Heiden AR. Eine Auswahl der Ideen an den beiden Schulen:

1
Lockerer Unterricht
Da es am frühen Morgen vielen schwerfalle, sich zu konzentrieren, schlug ein Schüler vor: «Ich würde mir in der ersten Stunde nur lockeren Unterricht wünschen.» Der Vorschlag schaffte es im Gremium des «Kinder-OK» an der Primarschule Brüttisellen aber nicht in die engere Auswahl.

2
Süsses am Pausenkiosk?
Es war ein Bedürfnis der Schüler in Heiden, selbst einen Kiosk zu betreiben. So brachten sie die Idee an die Vorbereitungsgruppe. In der Schulversammlung wurde dann festgelegt, ob es Süssigkeiten geben soll, ob man Profit machen darf, wer den Kiosk betreiben kann und wie oft er geöffnet sein soll. Das Resultat: Der Kiosk, der mittlerweile schon länger in Betrieb ist, öffnet zweimal die Woche, es gibt keine Süssigkeiten, dafür Bürli, Früchte, Gemüse, Dar-Vida oder Minipic, und er ist nicht profitorientiert.

3
Handarbeit abschaffen
Auch unrealistische Ideen können die Schüler im «Just Community»-System einbringen. In Brüttisellen befanden einige Schüler das Fach Handarbeit für überflüssig. Die Gegner argumentierten, eine Abschaffung sei laut Lehrplan 21 gar nicht möglich. Der Vorschlag wurde deshalb auch nicht weiterverfolgt.

4
WC-Regeln
Im Schulhaus Dorf in Heiden darf auch der Hauswart Themen in die Schulversammlung einbringen. So befand er, dass die Sorgfalt und Ordnung in den WC-Anlagen sehr zu wünschen übrig lassen. Während der Versammlung stellten die Kinder selber Regeln auf und gestalteten Plakate dazu, die bei den Toilettenanlagen aufgehängt wurden. Das Problem konnte dadurch weitgehend gelöst werden.

5
Flüchtlingskinder
In Brüttisellen beschäftigt die Schüler der Umgang mit den Flüchtlingskindern aus Syrien, Irak und Afghanistan. Diese lernen in zwei separaten Klassen Deutsch. Schüler bemängeln, die Flüchtlingskinder würden gemein behandelt. Andererseits blieben sie häufig unter sich. Es brauche deshalb mehr Integration. Über konkrete Massnahmen, die man der Lehrerschaft vorlegen will, diskutiert nun die Vollversammlung.

«Wir gehen so lieber in die Schule»

Bei den Schülerinnen der sechsten Klasse in Heiden kommt die Möglichkeit der Mitbestimmung gut an. «Praktisch jedes Kind geht lieber an diese Schule, weil es mitbestimmen kann», schreiben die Schüler gemeinsam an 20 Minuten.

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