10. Februar 2019

Welttag der Hauswirtschaft


«Hauswirtschaft ist mehr als Kochen und Putzen», sagt Colette Basler, SP-Grossrätin und Co-Geschäftsführerin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV). Die Hauswirtschaft sei ein wichtiges Thema im Verband und habe sich für einen Aktionstag daher angeboten. Unter anderem deshalb ist Basler der Welttag der Hauswirtschaft ein wichtiges Anliegen. Dieser Tag findet seit 1982 jeweils am 21. März statt und steht jedes Jahr unter einem anderen Motto – dieses Jahr ist es «Hauswirtschaft: kreativ und Ideenreich für nachhaltige Entwicklung».
"Hauswirtschaft ist mehr als Kochen und Putzen", Aargauer Zeitung, 7.2. von Kelly Spielmann


Einen solchen Aktionstag durchzuführen, habe der Verband eigentlich schon länger vorgehabt, erklärt Basler «Meine Vorgängerin hat das Thema aufgenommen und mit der Planung begonnen». Colette Basler ist erst seit dem 1. Mai vergangenen Jahres Co-Geschäftsführerin des SBLV. Ab diesem Zeitpunkt hat sie die Organisation des Tags in die Hand genommen: «Ich habe mich sofort wohlgefühlt und hatte eine Vision des Tags vor Augen», sagt die Bäuerin aus Zeihen.

«Sportlicher Zeitplan»
An ihrer anfänglichen Vision hat sich in den letzten Monaten jedoch einiges verändert. «Wir wollten ursprünglich alle Schulen ermuntern, mit ihren Hauswirtschaftsklassen für andere zu kochen», so Colette Basler. Sei dies für Parallelklassen, Eltern oder Fremde. Doch da kam bereits die erste Schwierigkeit auf: Das Fach Hauswirtschaft gibt es nicht in allen Kantonen. «Im Tessin beispielsweise steht es nicht auf dem Stundenplan, auch als Freifach kann man es nicht wählen», erzählt Basler. Auch der ursprünglich geplante Wettbewerb, welche Schulklasse den besten Slogan für den Hauswirtschaftstag findet, musste abgesagt werden. «Wir haben gemerkt, dass der Zeitplan ziemlich sportlich ist», sagt Basler.
Es wurde also umgedacht: Nicht nur Volksschulen, sondern auch andere Institutionen sollen am Aktionstag mitmachen. «Es spielt keine Rolle, wer sich beteiligt. Es geht ums Fach», sagt Basler. Die Slogans für die Flyer hat der Bäuerinnen- und Landfrauenverband schliesslich selber gestaltet, weil ein Wettbewerb zu zeitaufwendig gewesen wäre. Für die Werbekampagne haben Jugendliche mehrere Hauswirtschaftsszenen nachgestellt. Die drei Sujets zeigen Jugendliche beim Einkaufen auf dem Hofladen (Korb bekommen? Geh damit einkaufen!), in einer Werkstatt (Schraube locker? Bei uns sicher nicht!) und in der Backstube (Ist der Ofen aus? Aufheizen und Pizza backen!). «Denn auch das Einkaufen und handwerkliche Aufgaben gehören zur Hauswirtschaft. Jugendliche sollen nicht nur kochen, sondern auch eine Glühbirne wechseln können», so Colette Basler.

Jugendlichen Wissen vermitteln
Das Umdenken hat sich gelohnt. «Wir sind nun auf der Zielgerade», freut sich Basler. Neben Volksschulen haben sich unter anderem Bäuerinnenschulen und Bauernhöfe aus der ganzen Schweiz angemeldet. Aus dem Kanton Tessin sei beispielsweise eine heilpädagogische Sonderschule dabei. «Die Schülerinnen und Schüler kaufen Produkte auf dem Hof, kochen ein saisonales Gericht und essen es gemeinsam mit ihren Eltern.» Es gehe eben nicht nur ums Kochen, sondern um alles, was dazugehört. Wissen über saisonales Gemüse und Obst, über die Produktion von Lebensmitteln und über gesunde Ernährung seien genauso wichtig und auch ein Teil der Hauswirtschaft, betont Basler.
Dass dieses Wissen bei vielen Jugendlichen nicht mehr vorhanden sei, hat Colette Basler während ihrer Tätigkeit als Lehrerin bemerkt. «Ich habe zehn Jahre lang Abschlussklassen der Realschule unterrichtet», erzählt sie. Dort sei ihr aufgefallen, dass sich die Schülerinnen und Schüler vom Verständnis, woher ihr Essen kommt, entfernt hätten und dadurch oft ungesunde, billige Produkte kauften.

Auch von anderen Lehrkräften höre sie immer wieder von dieser Problematik, sagt Basler. Ausserdem komme sie als Präsidentin der Schulpflege in Zeihen ebenfalls mit dem Thema in Kontakt. Daher habe sie ihre Klassen auch jedes Jahr zu sich auf den Bauernhof geholt, um ihnen die Landwirtschaft etwas näher zu bringen. «Und um ihnen den Weg vom Feld auf den Teller zu erklären», fügt sie an. Dieses Verständnis möchte Colette Basler den Jugendlichen am Tag der Hauswirtschaft vermitteln. «Und das geht nur über Aufklärung», so die Grossrätin.

Hauswirtschaft im neuen Aargauer Lehrplan
«Es wird auf jeden Fall eine Knacknuss sein»
Im neuen Lehrplan der Aargauer Volksschulen ab dem Schuljahr 2020/21 gibt es das Fach «Hauswirtschaft» nicht mehr wie bis anhin. «Das neue Fach heisst ‹Wirtschaft, Arbeit, Haushalt›», erklärt Victor Brun von der Abteilung Volksschule beim Departement für Bildung, Kultur und Sport. Ziel sei, dass Schüler Kompetenzen zur Gestaltung der Lebenswelt und zur beruflichen und gesellschaftlichen Orientierung entwickeln. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit Fragen der Existenzsicherung, des Konsums, der Produktion und Verteilung von Gütern sowie des unternehmerischen Handelns in Betrieben. Insgesamt wird es mit dem neuen Lehrplan mehr Lektionen für das Fach geben als bis anhin: «Bisher hatten die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe vier Pflichtlektionen in einem Schuljahr, heute sind es fünf, verteilt auf drei Oberstufenschuljahre», so Brun. Der Unterricht soll sich in der zweiten Oberstufe besonders den Themen Nahrungszubereitung, Ernährung und Gesundheit sowie Haushalten und Zusammenleben widmen und im 14-tägigen Wechsel mit vier Lektionen pro Halbklasse stattfinden. Mit den Veränderungen des Fachs und den erweiterten inhaltlichen Ansprüchen sieht Brun auch Herausforderungen: «Die Fachvermittlung stellt erweiterte Ansprüche an Lehrpersonen.»

Mit den Folgen des neuen Lehrplans für das Fach hat sich auch SP-Grossrätin Colette Basler befasst. «Die Herausforderungen im Hauswirtschaftsunterricht sind gross», findet sie. «Er muss sich den Umständen anpassen.» Ein typisches Dreigangmenü, wie man es früher kannte, sei beispielsweise nicht mehr zwingend. «Viele Frauen, die noch immer grossmehrheitlich für das Kochen verantwortlich sind, sind heute berufstätig», so Basler. An diese Entwicklung müssten sich auch die Lehrpersonen anpassen und mit den Klassen dementsprechend Menüs kochen, die schnell zubereitet werden können und trotzdem den Qualitätskriterien entsprechen. Ausserdem beschäftige sie die Umverteilung der Lektionen im neuen Lehrplan. «Viele Lehrpersonen haben Angst, dass Kochen zu kurz kommt.» Der Erfolg des Unterrichts hängt ihrer Meinung nach davon ab, wie die Schulen ihre Ressourcen einsetzen. «Aber es wird auf jeden Fall eine Knacknuss sein», sagt Colette Basler. (KSP)

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