«Hauswirtschaft ist mehr
als Kochen und Putzen», sagt Colette Basler, SP-Grossrätin und
Co-Geschäftsführerin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands
(SBLV). Die Hauswirtschaft sei ein wichtiges Thema im Verband und habe sich für
einen Aktionstag daher angeboten. Unter anderem deshalb ist Basler der Welttag
der Hauswirtschaft ein wichtiges Anliegen. Dieser Tag findet seit 1982 jeweils
am 21. März statt und steht jedes Jahr unter einem anderen Motto – dieses Jahr
ist es «Hauswirtschaft: kreativ und Ideenreich für nachhaltige Entwicklung».
"Hauswirtschaft ist mehr als Kochen und Putzen", Aargauer Zeitung, 7.2. von Kelly Spielmann
Einen solchen Aktionstag
durchzuführen, habe der Verband eigentlich schon länger vorgehabt, erklärt
Basler «Meine Vorgängerin hat das Thema aufgenommen und mit der Planung
begonnen». Colette Basler ist erst seit dem 1. Mai vergangenen Jahres
Co-Geschäftsführerin des SBLV. Ab diesem Zeitpunkt hat sie die Organisation des
Tags in die Hand genommen: «Ich habe mich sofort wohlgefühlt und hatte eine
Vision des Tags vor Augen», sagt die Bäuerin aus Zeihen.
«Sportlicher
Zeitplan»
An ihrer anfänglichen
Vision hat sich in den letzten Monaten jedoch einiges verändert. «Wir wollten
ursprünglich alle Schulen ermuntern, mit ihren Hauswirtschaftsklassen für
andere zu kochen», so Colette Basler. Sei dies für Parallelklassen, Eltern oder
Fremde. Doch da kam bereits die erste Schwierigkeit auf: Das Fach
Hauswirtschaft gibt es nicht in allen Kantonen. «Im Tessin beispielsweise steht
es nicht auf dem Stundenplan, auch als Freifach kann man es nicht wählen»,
erzählt Basler. Auch der ursprünglich geplante Wettbewerb, welche Schulklasse
den besten Slogan für den Hauswirtschaftstag findet, musste abgesagt werden.
«Wir haben gemerkt, dass der Zeitplan ziemlich sportlich ist», sagt Basler.
Es wurde also umgedacht:
Nicht nur Volksschulen, sondern auch andere Institutionen sollen am Aktionstag
mitmachen. «Es spielt keine Rolle, wer sich beteiligt. Es geht ums Fach», sagt
Basler. Die Slogans für die Flyer hat der Bäuerinnen- und Landfrauenverband
schliesslich selber gestaltet, weil ein Wettbewerb zu zeitaufwendig gewesen
wäre. Für die Werbekampagne haben Jugendliche mehrere Hauswirtschaftsszenen
nachgestellt. Die drei Sujets zeigen Jugendliche beim Einkaufen auf dem
Hofladen (Korb bekommen? Geh damit einkaufen!), in einer Werkstatt (Schraube
locker? Bei uns sicher nicht!) und in der Backstube (Ist der Ofen aus?
Aufheizen und Pizza backen!). «Denn auch das Einkaufen und handwerkliche
Aufgaben gehören zur Hauswirtschaft. Jugendliche sollen nicht nur kochen,
sondern auch eine Glühbirne wechseln können», so Colette Basler.
Jugendlichen
Wissen vermitteln
Das Umdenken hat sich
gelohnt. «Wir sind nun auf der Zielgerade», freut sich Basler. Neben
Volksschulen haben sich unter anderem Bäuerinnenschulen und Bauernhöfe aus der
ganzen Schweiz angemeldet. Aus dem Kanton Tessin sei beispielsweise eine
heilpädagogische Sonderschule dabei. «Die Schülerinnen und Schüler kaufen
Produkte auf dem Hof, kochen ein saisonales Gericht und essen es gemeinsam mit
ihren Eltern.» Es gehe eben nicht nur ums Kochen, sondern um alles, was
dazugehört. Wissen über saisonales Gemüse und Obst, über die Produktion von
Lebensmitteln und über gesunde Ernährung seien genauso wichtig und auch ein
Teil der Hauswirtschaft, betont Basler.
Dass dieses Wissen bei
vielen Jugendlichen nicht mehr vorhanden sei, hat Colette Basler während ihrer
Tätigkeit als Lehrerin bemerkt. «Ich habe zehn Jahre lang Abschlussklassen der
Realschule unterrichtet», erzählt sie. Dort sei ihr aufgefallen, dass sich die
Schülerinnen und Schüler vom Verständnis, woher ihr Essen kommt, entfernt
hätten und dadurch oft ungesunde, billige Produkte kauften.
Auch von anderen
Lehrkräften höre sie immer wieder von dieser Problematik, sagt Basler.
Ausserdem komme sie als Präsidentin der Schulpflege in Zeihen ebenfalls mit dem
Thema in Kontakt. Daher habe sie ihre Klassen auch jedes Jahr zu sich auf den
Bauernhof geholt, um ihnen die Landwirtschaft etwas näher zu bringen. «Und um
ihnen den Weg vom Feld auf den Teller zu erklären», fügt sie an. Dieses
Verständnis möchte Colette Basler den Jugendlichen am Tag der Hauswirtschaft
vermitteln. «Und das geht nur über Aufklärung», so die Grossrätin.
Hauswirtschaft im neuen Aargauer Lehrplan
«Es wird auf jeden Fall
eine Knacknuss sein»
Im neuen Lehrplan der
Aargauer Volksschulen ab dem Schuljahr 2020/21 gibt es das Fach
«Hauswirtschaft» nicht mehr wie bis anhin. «Das neue Fach heisst ‹Wirtschaft,
Arbeit, Haushalt›», erklärt Victor Brun von der Abteilung Volksschule beim
Departement für Bildung, Kultur und Sport. Ziel sei, dass Schüler Kompetenzen
zur Gestaltung der Lebenswelt und zur beruflichen und gesellschaftlichen
Orientierung entwickeln. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit Fragen der
Existenzsicherung, des Konsums, der Produktion und Verteilung von Gütern sowie
des unternehmerischen Handelns in Betrieben. Insgesamt wird es mit dem neuen
Lehrplan mehr Lektionen für das Fach geben als bis anhin: «Bisher hatten die
Schülerinnen und Schüler der Oberstufe vier Pflichtlektionen in einem Schuljahr,
heute sind es fünf, verteilt auf drei Oberstufenschuljahre», so Brun. Der
Unterricht soll sich in der zweiten Oberstufe besonders den Themen
Nahrungszubereitung, Ernährung und Gesundheit sowie Haushalten und
Zusammenleben widmen und im 14-tägigen Wechsel mit vier Lektionen pro
Halbklasse stattfinden. Mit den Veränderungen des Fachs und den erweiterten
inhaltlichen Ansprüchen sieht Brun auch Herausforderungen: «Die Fachvermittlung
stellt erweiterte Ansprüche an Lehrpersonen.»
Mit den Folgen des neuen
Lehrplans für das Fach hat sich auch SP-Grossrätin Colette Basler befasst. «Die
Herausforderungen im Hauswirtschaftsunterricht sind gross», findet sie. «Er
muss sich den Umständen anpassen.» Ein typisches Dreigangmenü, wie man es
früher kannte, sei beispielsweise nicht mehr zwingend. «Viele Frauen, die noch
immer grossmehrheitlich für das Kochen verantwortlich sind, sind heute
berufstätig», so Basler. An diese Entwicklung müssten sich auch die
Lehrpersonen anpassen und mit den Klassen dementsprechend Menüs kochen, die
schnell zubereitet werden können und trotzdem den Qualitätskriterien
entsprechen. Ausserdem beschäftige sie die Umverteilung der Lektionen im neuen
Lehrplan. «Viele Lehrpersonen haben Angst, dass Kochen zu kurz kommt.» Der
Erfolg des Unterrichts hängt ihrer Meinung nach davon ab, wie die Schulen ihre
Ressourcen einsetzen. «Aber es wird auf jeden Fall eine Knacknuss sein», sagt
Colette Basler. (KSP)
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