25. Februar 2019

Vortäuschen von Arbeit


Ich schätze es sehr, wenn Eltern ihre Sprösslinge bildungsnah begleiten, ihnen bereits im frühkindlichen Alter Geschichten erzählen, mit ihnen diverse Aktivitäten – insbesondere auch draussen – unternehmen und den Bildschirmkonsum dosieren.
Eltern, lasst eure Kinder selbständig lernen! Tages Anzeiger, Mamablog von Martin Lampert


Wenn das eigene Kind aber zum Lernprojekt fürs Gymnasium wird, wenn Eltern mit ihm lernen müssen, dann finde ich das doch deutlich zu viel des Guten. Leichte Magenkrämpfe bekomme ich, wenn sogar die eigene Berufskarriere der Mutter zurückstehen muss, wie kürzlich in diesem Blog beschrieben, damit das Lernen der Kinder adäquat gefördert werden kann. Stand die Berufskarriere des Vaters auch zur Diskussion? Wir wissen es nicht – ich hoffe schon!

Täglich zwei Stunden Hilfe?
Moderne Schulen versuchen mit diversen Methoden, die durch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse gesichert sind, ihre Schülerinnen und Schüler zu selbstständigem Lernen anzuleiten. Auf der Primarstufe hat sich das «Churer Modell» in vielen Schulen etabliert, und in Oberstufen sind es Lernlandschaften, in denen mit gezieltem Coaching das individualisierte und eigenständige Lernen gefördert wird. Dies, weil damit das nachhaltige Lernen am besten unterstützt wird und mittel- bis langfristigen Schul-, Lern und Lebenserfolg ermöglicht.

Kürzlich hat sich bei mir ein Fall ereignet, der genau diese Bemühungen verhindert hat. Der Schüler – nennen wir ihn Daniel – hat in der Lernlandschaft immer sehr fleissig gewirkt. Seine Aufgaben hatte er immer pünktlich am Ende der Woche fertig gelöst und abgegeben. Nur der Erfolg in den Lernkontrollen blieb aus. Das unvermeidliche Elterngespräch brachte es ans Licht. In Tat und Wahrheit hatte Daniel in der Lernlandschaft gar nichts gemacht und nur jeweils bei der Kontrolle durch die Lehrperson so getan, als würde er arbeiten. Zu Hause hatte er dann alles mit seiner Mutter gemacht, die sich am Elterngespräch bitter beklagt hat, dass sie jeden Tag bis zwei Stunden mit Daniel arbeiten müsse, damit er die Aufgaben überhaupt lösen könne.

Schreiben Sie sich nicht ab!
Seit dem Gespräch begleiten wir Daniel in der Schule intensiv und individuell, zeigen ihm Lernstrategien auf und fordern nun auch die Aufgaben täglich in der Schule ein, sodass wir sicherstellen können, dass sie von Daniel selber gelöst wurden. Und siehe da, die Noten sind jetzt plötzlich im grünen Bereich, die zunehmend angespannte Situation zu Hause hat sich entspannt.

Deshalb mein Aufruf an alle Eltern: Sorgen Sie zu Hause für eine gute, ruhige und verlässliche Lernumgebung. Stellen Sie mit dem Kind Pläne für Lernzeiten auf und fordern Sie diese auch ein. Aber lassen Sie das Kind selbstständig lernen. Und verfolgen Sie doch bitte auch weiterhin Ihre eigene Berufskarriere.

1 Kommentar:

  1. Wie immer der Hinweis auf die Wissenschaft: "Moderne Schulen versuchen mit diversen Methoden, die durch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse gesichert sind, ihre Schülerinnen und Schüler zu selbstständigem Lernen anzuleiten."
    Um welche Erkenntnisse handelt es sich denn? Das wäre sicher interessant zu wissen.

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