26. Februar 2019

Frankreich: Vater und Mutter zu enge Begriffe für neue Geschlechterkonstellationen


Frankreichs Parlament debattiert über ein neues Bildungsgesetz. Dabei gibt ein Passus zu reden, gemäss dem die Bezeichnungen «Mutter» und «Vater» aus den Schulformularen verschwinden sollen.
Vater eins, Mutter zwei und ein Phantomproblem in Frankreichs Bildungswesen, NZZ, 25.2. von Nina Belz


Frankreich bekommt ein neues Schulgesetz. Vergangene Woche hat die Nationalversammlung über den Entwurf debattiert. Weder die Schulpflicht ab drei Jahren noch die Absicht, Lehrern in Ausbildung die Tätigkeit als Hilfslehrkraft zu erlauben, sorgten dabei für ungewöhnliche Diskussionen. Der Antrag der Konservativen, dass künftig in jedem Schulzimmer eine Frankreich- und eine Europaflagge sowie der Text der Nationalhymne zu hängen hätten, löste erwartungsgemäss ein Murren bei den Linken aus.

Eine Polemik entbrannte allerdings wegen eines Passus, der auf eine Politikerin der Macron-Partei La République en marche zurückging. Sie hatte vorgeschlagen, die Bezeichnungen «Mutter» und «Vater» auf Schulformularen durch «Elternteil 1» und «Elternteil 2» zu ersetzen.

Im Zeitalter von gleichgeschlechtlichen Elternpaaren seien die Bezeichnungen Mutter und Vater zu starr, argumentierte eine ihrer Unterstützerinnen. Mit dieser Ergänzung, die entgegen der Empfehlung des zuständigen Ministers in den Gesetzesvorschlag integriert wurde, stach die Abgeordnete in ein Wespennest.

Empörung gab es nicht nur im Lager der Konservativen, die den Passus als entmenschlichend und ideologisch bezeichneten. Auch bei Vertretern der LGBT-Gemeinde regte sich Widerstand. Das ergebe eine künstliche Hierarchie, argumentierte etwa der Präsident der Vereinigung gleichgeschlechtlicher Eltern. Wer sei Nummer 1 und wer Nummer 2? Die Neuerung wurde, wie das Gesetz, dennoch von der Nationalversammlung angenommen.

Im März wird es nun im Senat behandelt werden. Angesichts der konservativen Mehrheit wird dieser Passus einen schweren Stand haben. Der Bildungsminister, der den Antrag nicht unterstützt hat, schlug schon im Vorfeld vor, anstatt einer Nummerierung beiden Elternteilen die Auswahl zwischen «Mutter» und «Vater» anzubieten. Offenbar hat sich ob all der Aufregung niemand die Frage der Notwendigkeit der Anpassung gestellt. Laut der Lehrergewerkschaft SE-Unsa wird in den meisten Schulformularen bereits seit Jahren die Bezeichnung «gesetzlicher Vertreter» verwendet.


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