Beat Kappeler kritisiert die Entwicklung der Schweizer Schulen, Bild: Wikepedia
Organisationsentwicklung von innen statt von aussen, Doppelpunkt, 9.1. von Beat Kappeler
Diese nun hoch aufgeputzte Dorfschule
mit ihren «professionellen Schulleitungen» ist leider nur eine der vielen
Verbürokratisierungen öffentlicher Aufgaben. Überall wirken externe Experten,
stolpert man über Benchmarks, Akkreditierungen, Assessments, Mediationen,
Leitbilder, Governance-Papiere. Das meiste ist unnötig, alles ist aufgeblasen,
und die privaten Büros verkaufen ihre Organisationspapiere und Analysen
dutzendfach den leichtgläubigen, sehr beeindruckbaren Verantwortlichen in den
Amtsstellen. Der gesunde Menschenverstand und die direkte Kommunikation
zwischen den Beteiligten entfallen, ebenso die Courage, unbequeme
Entscheidungen zu treffen. Alles wird outgesourct. Alles folgt vulgärem,
betriebswirtschaftlichem Jargon.
Man hat vor Jahren in den Schulen
aufgeheult, als «die Wirtschaft» ein bisschen mehr Ökonomie als Schulfach in
den Lehrplänen vorschlug oder dies mit Wirtschaftswochen gleich selbst anbot.
Die Bildung werde ökonomisiert, hiess es.
Das ist nicht geschehen. Aber die
Schule selbst ist ökonomisiert, in ihren innersten Strukturen, Abläufen,
Rollendefinitionen und Begriffen. Freiwillig. So sind landesweit die früher
nebenamtlich geleisteten Koordinationen zu den erwähnten professionellen
Schulleitungen geworden. Viele der Leiter geben kaum mehr Unterricht. Dafür
müssen die tatsächlich noch Lehrenden laufend Berichte schreiben. Die Leitung
der Berner Fachhochschulen sitzt nicht mehr in einem ihrer grossen
Schulgebäude. Das Heft 2/18 der «schulpraxis» widmete sich in lyrischen Tönen
der Führungsideologie der Schulleitungen. Und Jürg Frick, einer der Experten,
bemerkte darin: «Geleitete Schulen sind Standard. Adaptive Akzeptanz ist hier
angesagt. Kann man sie nicht akzeptieren, muss man eine Schule oder ein Land
suchen, wo es keine Schulleitungen gibt, oder eine eigene Schule gründen.»
Da kommen zur Kompetenzanmassung noch
die Arroganz und der Ausschluss aller, die nicht spuren. Die öffentliche Schule
ist den Lehrenden entwunden worden und unter die Ägide der Berater gefallen.
Beat Kappeler, Sozialwissenschaftler
und Professor für Sozialpolitik am Hochschulinstitut für offentliche Verwaltung
in Lausanne.
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