Die
kritische Haltung gegenüber der reformierten Schule lässt nicht nach. Dies
beweist ein voller Saal anlässlich eines Podiums mit anschliessender angeregter
Diskussion zum Thema «Selbsttätiges Lernen, Lernateliers» in Zürich. Dabei
wurde die Schule aus verschiedenen Perspektiven betrachtet: Eltern, Psychologie
und Gesundheit.
Nicole Fuchs, Allan Guggenbühl und Hannes Geiges referierten in Zürich, Bild: uk
Nicole
Fuchs berichtete über Ihre Erfahrungen als Mutter von Kindern an der Schule
Niederhasli. Dort werden neue Schulformen wie selbstorganisiertes Lernen angewendet,
was zu Protesten von Eltern führte. Nach ihrer Erfahrung macht diese Schule die
Kinder krank. Obwohl an der Schule kompetenzorientierter Unterricht praktiziert
wird, fehlten den Kindern die Grundkompetenzen, um dem Lehrplan 21-Konzept zu
genügen.
Die
schöne, neue Begriffswelt der modernen Pädagogik wurde von Allan Guggenbühl
thematisiert: Selbstständiges Lernen, Kooperation, Lernateliers – das alles tönt
wunderbar, da kann man doch nicht dagegen sein. Doch, so Guggenbühl, müsse man
sich durch diese Begriffe nicht täuschen lassen und die Auswirkungen anschauen,
welche diese neuen Unterrichtsformen hätten.
Eindrücklich
war die Faustrechnung, wonach es für einen Drittel der Schüler keine Rolle
spiele, welche Methode angewandt wird – sie würden den Stoff meistern. Doch ein
ganzes Drittel der Schülerschaft würde mehr lernen, wenn es gar nicht in die
Schule ginge. Guggenbühls Erfahrung nach zeichne sich das selbsttätige Lernen durch
viel Lärm, grosse Ineffizienz und dem mangelnden Einverständnis der Kinder aus.
Kinder wollten und brauchten die Begegnung mit Erwachsenen, auch Dissonanz sei
wichtig. Gerade dies werde aber durch den individualisierten und
konstruktivistischen Ansatz des entdeckenden und selbsttätigen Lernens eingeschränkt.
Das Fazit des Psychologen über die heutige Schulpraxis ist denn auch
vernichtend: "Selbsttätiges Lernen ist ein Betrug". Wir würden in zehn Jahren
nicht stolz sein auf das, was heute in den Schulen geschieht, so Guggenbühl in einer abschliessenden Prognose.
Der
Kinderarzt Hannes Geiges fügte schliesslich noch Gedanken aus medizinischer
Sicht an: Nicht nur die Schule sei krank, auch die Schüler seien es vermehrt.
Besonders fragwürdig empfindet Geiges das herrschende Beurteilungssystem, das
viele Probleme bei der Lehrstellensuche und damit hohe Folgekosten für die
Gesellschaft verursache. Dem pflichtet Allan Guggenbühl bei, die
Beurteilungsbögen des Sozialverhaltens gehörten abgeschafft, da besonders die
Knaben dadurch pathalogisiert würden. Dies sei ein Skandal.
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