Ihr Sohn hat Mitschüler gewalttätig attackiert und
sich einen Deut um die Intervention der Lehrer gekümmert. Trotzdem zog die
Mutter gegen eine Disziplinarmassnahme bis vor Verwaltungsgericht.
Mutter blitzt mit Klage ab - Sohn zu Recht aus Schule ausgeschlossen, Solothurner Zeitung, 11.2. von Urs Moser
Die Beschwerde wurde abgewiesen, aber dass ein
solcher Fall überhaupt vor Gericht kommt, gibt (nicht nur) den Lehrern zu
denken. Der Ausschluss vom Unterricht ist die schärfste Disziplinarmassnahme,
die das Volksschulgesetz vorsieht.
Schüler, deren Verhalten zu Beanstandungen Anlass
gibt, können maximal sieben Tage vom Unterricht ausgeschlossen werden. Ein
Sechstklässler, der vergangenen Frühling für vier Tage vom Unterricht
ausgeschlossen wurde, hatte zuvor mehrere Schüler gewalttätig angegriffen. Ein
Mädchen gepackt und zu Boden geschleudert, einen Jungen von hinten attackiert
und in die Beine getreten. Zur Intervention der beaufsichtigenden Lehrperson
meinte der Junge, diese habe ihm gar nichts zu sagen.
Seiner Mutter wurde von der Schulleitung
mitgeteilt, dass ein solches Verhalten nicht geduldet werden kann und man in
einem weiteren Wiederholungsfall werde Konsequenzen ziehen müssen: einwöchiger
Schulausschluss oder Versetzung in ein anderes Schulhaus.
Der Ausschluss sei willkürlich, meinte die Mutter
Es gab Gespräche, Informationen und Abmachungen
zwischen dem Klassenlehrer und der Mutter des jungen Rabauken, aber im April
sah sich die Schule zum Äussersten veranlasst: Der Junge wurde vom Unterricht
ausgeschlossen – für vier Tage. Und nun hatte eben das Verwaltungsgericht zu
beurteilen, ob das rechtens war.
Ungerechtfertigt, unverhältnismässig und
willkürlich sei der Schulausschluss ihres Sohnes, meinte die Mutter des
Tunichtguts und reichte deshalb Beschwerde gegen die Disziplinarmassnahme beim
Departement für Bildung und Kultur ein. Das war im Juni, also lange nachdem die
Disziplinarstrafe abgelaufen war.
Aber sie forderte vollständige Rehabilitation, eine
saubere Weste für ihren Sohnemann: Die Massnahme des «Timeouts» sei aufzuheben,
aus allen Akten zu entfernen, die Schulakten so zu führen, als ob nie ein
solches «Timeout» erfolgt oder erwähnt worden sei. Das Schreiben der
Schulleitung, in dem der Schulausschluss zum ersten Mal angedroht worden war,
sei aus allen Akten zu entfernen.
Der Sohn ist längst an einer anderen Schule
Bis das Bildungsdepartement seine Verfügung zur
Ablehnung der Beschwerde erliess, wurde es November. Das hielt die Mutter aber
nicht davon ab, weiter für ihren Sohn zu kämpfen, der inzwischen zwar längst
die Oberstufe in einem anderen Schulhaus besucht. Schon deshalb sei mangels
«schutzwürdigem Interesse» gar nicht auf das Begehren zur nachträglichen
Aufhebung der Disziplinarmassnahme einzutreten, ist dem Urteil des
Verwaltungsgerichts zum Weiterzug der Beschwerde zu entnehmen.
Weiter wird aus dem Urteil aber auch ersichtlich,
auf wie dünnem Eis sich Schulbehörden bewegen, wenn es bei Problemen mit
Schülern zur juristischen Auseinandersetzung mit Eltern kommt. Im vorliegenden
Fall hatte es die Schulleitung unterlassen, den Entscheid zum Ausschluss vom
Unterricht «wie vom Gesetz verlangt» formell als Verfügung zu bezeichnen und
mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen, wie das Verwaltungsgericht
kritisiert.
Allerdings machen die Oberrichter Karin Scherrer
Reber, Frank-Urs Müller und Beat Stöckli auch klar, dass sie die Beschwerde
ohnehin abgewiesen hätten. Der Ausschluss vom Schulunterricht kommt als
Disziplinarmassnahme wohl nur als «ultima ratio» infrage, heisst es in ihrem
Urteil. Aber: Disziplinarmassnahmen seien nicht nur zur unmittelbaren
Sicherstellung eines geordneten Schulbetriebs zulässig, sondern dürften auch
präventiv-erzieherische Zwecke verfolgen.
Signal: Kinder werden auch im Unrecht bedingungslos
unterstützt
Dass solche Auseinandersetzungen vor Gericht
ausgetragen werden, beobachtet man in der Lehrerschaft mit einer gewissen
Besorgnis. Es sei zwar nicht gerade alltäglich, komme aber doch immer öfter
vor, sagt Roland Misteli, Geschäftsführer des Solothurner Lehrerverbands. Und
das ist für ihn durchaus bedenklich.
Nicht weil man den Zeiten nachtrauert, als Lehrer
noch absolut unangefochtene Respektspersonen waren, aber: Oft würden die Klagen
von Kindern über Lehrer schon nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Wenn die
Eltern sie dann aber unhinterfragt und vorbehaltlos und bis zur gerichtlichen
Auseinandersetzung verteidigen, führe das nicht bloss zu einem Verlust des
Respekts vor Lehrpersonen und Schulleitungen. Den Kindern werde so auch etwas
Falsches auf den Weg gegeben, wenn sie bedingungslos unterstützt werden, obwohl
sie im Unrecht sind.
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