Im laufenden Schuljahr
bleiben im Kanton Bern 576 schulpflichtige Kinder daheim. Den Unterrichtsstoff
erhalten sie von den Eltern vermittelt. Das ist Rekord. Zwar sind 576
Schulkinder im Vergleich zur Gesamtzahl von fast 110000 Schulkindern und
Kindergärtlern wenig. Und doch ist die Zunahme beim Homeschooling frappant:
Innert zehn Jahren hat sich die Zahl mehr als verdreifacht.
Immer mehr Berner Eltern unterrichten Kinder daheim, Bund, 18.2. von Mireille Guggenbühler und Christoph Aebischer
Erwin Sommer,
Vorsteher des bernischen Amts für Kindergarten, Volksschule und Beratung, hat
keine einfache Erklärung parat für diese Entwicklung. Seit 2008 würden sogar
strengere Bedingungen gelten für Eltern, welche die obligatorische Schulpflicht
in Eigenregie erfüllen möchten. Sie müssen sich von einer pädagogisch
ausgebildeten Person beraten lassen. Die Schulbehörden überprüfen regelmässig
den Lernerfolg der Kinder. Denn sie müssen denselben Lernstoff vermittelt
erhalten wie alle anderen. Es kommt vor, dass die Behörden danach eine Rückkehr
in die Schulklasse verfügen. Wer den Anordnungen nicht Folge leistet, riskiert
eine Busse. Die Gründe, die Eltern dazu bringen, ihre Kinder zu Hause zu
unterrichten, sind laut Sommer unterschiedlich. Den Ausschlag können
individuelle Schwierigkeiten geben, wie im Fall einer Familie im Berner Jura. Der «Bund» hat sie in Renan besucht.
Vereinzelt
begegnet Sommer der Vorstellung, dass Eltern ihren Kindern möglichst viel
Freiraum gewähren wollen. Allerdings, warnt er, nähmen sie damit einen riesigen
Aufwand in Kauf. Ihm ist wichtig, dass die Volksschule ihre heutige Qualität
bewahren und eine Schule für alle bleiben kann. Das klappt jedoch nicht immer.
Die alleinerziehende Mutter im Berner Jura sah für ihren nun erwachsenen Sohn
jedenfalls keinen anderen Ausweg, als ihn von der Schule zu nehmen und ihn zu
Hause frei lernen zu lassen. Das trug ihr sogar ein paar Tage Gefängnis ein.
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