Streit an der Pädagogischen Hochschule Thurgau: Die Kunst, einen beliebten Prorektor loszuwerden, Thurgauer Zeitung, 19.1. Kommentar von David Angst
Sieben Wochen nachdem der
Prorektor der Pädagogischen Hochschule freigestellt wurde, wird der Fall nun
zum Politikum. Mitarbeiter der Hochschule und Mitglieder des Grossen Rats
verlangen eine Untersuchung. Die Beziehung zwischen der Rektorin und dem
Prorektor war schon seit einiger Zeit schwierig gewesen. Die Sitzungen der
Hochschulleitung wurden zunehmend zur Belastung. Ein Problem waren
unterschiedliche Ansichten über die Organisation der PH.
Ein externer Coach sowie
zwei «Mediationssitzungen» halfen auch nicht weiter. Matthias Begemann nennt
sie im Interview mit der «Thurgauer Zeitung» «Gespräche, an denen der Konflikt
eskalierte». Der Hochschulrat kam Ende November 2018 zum Schluss, dass die
Situation nicht mehr zu retten sei. Er trennte sich von Begemann.
So weit so gut. Der Entscheid des Hochschulrats ist unter diesen Umständen nachvollziehbar. Und er wäre in vielen anderen Organisationen genau gleich gefällt worden.
So weit so gut. Der Entscheid des Hochschulrats ist unter diesen Umständen nachvollziehbar. Und er wäre in vielen anderen Organisationen genau gleich gefällt worden.
Nur war damit das Problem
noch nicht gelöst. Begemann hatte während 30 Jahren an der PH gearbeitet, er
war an der Schule eine Institution. Als Leiter des Prorektorats Lehre trug er
neben der Rektorin die grösste Verantwortung an der Hochschule. In seinen
Bereich gehörten 102 von 107 Dozierenden und insgesamt 156 Mitarbeitende. Das
sind knapp 60 Prozent der Belegschaft. Und Begemann war bei den Mitarbeitern
beliebt. Womöglich unterlag er deshalb selber dem Irrtum, er sei unverzichtbar.
Das war seine Fehleinschätzung.
Die Fehleinschätzung des
Hochschulrats war, so macht es den Anschein, dass seine Freistellung ohne
Nebengeräusche über die Bühne gehen würde. Nur so lässt sich die spärliche
Kommunikation erklären. Ein Meisterstück in Krisenkommunikation ist es
jedenfalls nicht, was der Hochschulrat der PH da fabriziert hat.
Es beginnt damit, dass
zwar die Mitarbeiter per E-Mail über Begemanns Freistellung informiert werden,
die Öffentlichkeit aber nicht. Haben die Verantwortlichen ernsthaft damit
gerechnet, die Sache bleibe verborgen? Die PH ist eine kantonale Institution,
die mit Steuergeldern finanziert wird. Kaderentscheide an solchen Instituten
sind also durchaus von öffentlichem Interesse.
Es passieren weitere
Pannen: Begemann wird zwar freigestellt, in Anerkennung seiner Verdienste
sichert man ihm jedoch vertraglich zu, dass er noch über zwei Jahre den Lohn
erhält. Dies enthält politischen Zündstoff, zumal man mit ihm im Gegenzug nicht
einmal eine einvernehmliche Sprachregelung vereinbart. So gibt Matthias
Begemann am 10. Januar der «Thurgauer Zeitung» ein Interview.
Der Präsident des
Hochschulrats, Hans Munz, stellt sich vor die Rektorin – was in dieser
Situation seine Pflicht ist. Er kommuniziert aber sehr defensiv und verschanzt
sich hinter dem Persönlichkeitsschutz der Betroffenen. Nach dem Motto: Kopf
einziehen und warten, bis der Sturm vorbei ist.
Zumindest einer der
Betroffenen, Begemann, will aber gar keinen Persönlichkeitsschutz, sondern eine
öffentliche Diskussion, wie sein Interview zeigt. Damit ist der Hochschulrat in
einer ungünstigen Situation. Dass die Rektorin der PH, Priska Sieber, sich zur
Angelegenheit nicht öffentlich äussern will, macht die Sache auch nicht besser.
Was nun passiert, das war
abzusehen: Die alarmierten Politiker kreisen über dem weidwunden Tier. Sie
verlangen eine Untersuchung. Das wäre wohl zu viel des Guten, vor allem, seit
man weiss, was eine solche Untersuchung kostet. Die üblichen parlamentarischen Mittel
sollten eigentlich reichen. Diese jedoch sind angezeigt. Auch das DEK dürfte
dabei nicht darum herum kommen, einige Fragen zu beantworten.
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