17. Januar 2019

Entlassener Prorektor: Untersuchung gefordert


Das Leiterteam des an der PH Thurgau geschasstenProrektors verlangt vom Regierungsrat eine unabhängige Untersuchung der Freistellung. Unterstützung erhalten sie von Kantonsräten.
Mitarbeiter fordern Untersuchung, Thurgauer Zeitung, 17.1. von Silvan Meile


Die Verantwortlichen der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PH) bekommen von Teilen der Belegschaft ein miserables Zeugnis. Unter dem Dach der Institution herrsche ein Klima des Misstrauens, heisst es in einem aktuellen Brief an den Thurgauer Gesamtregierungsrat. Absender ist das «Leitungsteam des Prorektorats Lehre». Dieses war Matthias Begemann unterstellt, der Ende November aufgrund «unüberbrückbarer Differenzen» in der Hochschulleitung per sofort freigestellt wurde.

Begemanns ehemalige leitende Mitarbeiter fordern in ihrem Schreiben eine unabhängige Untersuchungskommission zur Aufklärung der Vorgänge rund um die Freistellung des Vizerektors – und zwar «möglichst unverzüglich». Der Brief liegt der «Thurgauer Zeitung» vor.

Es ist ein weiterer Versuch, Transparenz rund um den Rausschmiss des unbequemen Prorektors zu schaffen. Bereits am 3.Dezember ersuchten 60 Personen der Hochschulbelegschaft in einem Brief den Hochschulrat und die Hochschulleitung – insbesondere Hochschulratspräsident Hans Munz und Rektorin Priska Sieber – um Informationen und Erklärungen. «Eine Antwort auf dieses Schreiben ist bis zum heutigen Tag nicht erfolgt», heisst es nun im Brief an die Regierung, der zuhanden der Regierungspräsidentin Cornelia Komposch adressiert ist. In einem weiteren Schreiben informiert diese Gruppe von PH-Angestellten auch Stephan Tobler, den Präsidenten der Fraktionen im Thurgauer Grossen Rat.

Kantonsräte machen zusätzlichen Druck
Die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchungskommission ist auch bereits in der Politik ein Thema. «Eine solche ist unverzichtbar», sagt SVP-Kantonsrat Andrea Vonlanthen. Rund um die Freistellung von Begemann gebe es zu viele Ungereimtheiten und Widersprüche. «Vor allem die Rollen der Rektorin und des Hochschulratspräsidenten müssen untersucht werden.» Es dürfe nicht sein, dass kritische Stimmen in einer Hochschulleitung auf eine solche Art stummgeschaltet werden. Falls der Regierungsrat der unabhängigen Untersuchung nicht nachkomme, werde ein überparteiliches Komitee eine solche auf dem politischen Weg verlangen.

Diese Meinung teilt auch Vonlanthens Amts- und Parteikollege Hermann Lei. Beide betonen, dass die geforderte Untersuchung nicht nur viel rascher, sondern auch viel günstiger als jene im Fall Hefenhofen sein müsse. «Es braucht eine schlanke Kommission, die schnell arbeitet», sagt Lei. Resultate müssten auf dem Tisch liegen, bevor Gras über die Sache gewachsen sei. Lei denkt an eine Dauer der Untersuchung von etwa zwei Monaten.

Die Glaubwürdigkeit der PH steht auf dem Spiel
Der grüne Kantonsrat Peter Dransfeld richtete bereits im Dezember eine Anfrage an den Regierungsrat, um Licht ins Dunkel dieser Freistellung an der PH zu bringen. «Vieles spricht für eine Intrige, die Machtspiele vor das Wohl der Allgemeinheit stellt», sagt er heute. Eine Antwort auf seine Fragen erwartet er anfangs Februar. Der Vorfall schade dem Ansehen der PH, die dadurch gutes Personal verliere und Mühe bekunde, Neues zu finden.

Eine Hochschule, die systemkonformes Verhalten höher gewichte als freie Rede und offenen Diskurs, verliere ihre Glaubwürdigkeit als Ort des Denkens, des freien Geistes und frischer Ideen. «Will die PH wieder glaubwürdig werden, sollte der Hochschulratspräsident Hans Munz sein Amt so lange zur Verfügung stellen, bis der Vorgang von externen, integren, kompetenten und unabhängigen Fachleuten durchleuchtet ist», sagt Dransfeld. Ein Schaden entstehe auch für den Steuerzahler. Begemann bekam bei seiner Freistellung den Lohn von 27 Monaten zugesichert, ohne an der PH arbeiten zu dürfen. Schätzungen zufolge beläuft sich dieser Betrag auf rund eine halbe Million Franken. Die rechtliche Grundlage dafür sieht Hochschulratspräsident Hans Munz in der kantonalen Rechtsstellungsverordnung, wie er vergangene Woche gegenüber dieser Zeitung ausführte.
Die Freistellung des Prorektors an der PH Thurgau gab auch schon bei Mitgliedern der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission des Grossen Rates zu reden. Gemäss Roland A. Huber, Präsident der zuständigen Subkommission, gibt es dort aber keinen Grund zur sofortigen Intervention. Das erklärt er auf Anfrage. «Wir sehen keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.» Seine Subkommission sei «der Sachlage entsprechend» vom Hochschulrat über die Vorgänge informiert worden. «Der Hochschulrat hat korrekt und mit Einbezug Begemanns entschieden», bilanziert Huber. Das rechtliche Gehör sei jederzeit gewährleistet gewesen.

Ob die an den freigestellten Begemann zugesicherte Lohnfortzahlung rechtens sei, müsste erst noch genau abgeklärt werden. Vielleicht handle es sich um eine Kumulation von Bedingungen zur Freistellung, einer Abgangsentschädigung und die Abgeltung von Überzeiten, mutmasst Huber. Immerhin seien auch Begemanns grossen Verdiensten für die Bildungsinstitution Rechnung zu tragen. Im April stehe der jährliche Besuch seiner Kommission bei der PH an. Erste dann dürfte die Kommission Fragen zur Freistellung und Nachfolgeregelung Begemanns aufwerfen – wenn überhaupt.

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