Das Leiterteam des an der PH Thurgau geschasstenProrektors verlangt vom Regierungsrat eine unabhängige Untersuchung der
Freistellung. Unterstützung erhalten sie von Kantonsräten.
Mitarbeiter fordern Untersuchung, Thurgauer Zeitung, 17.1. von Silvan Meile
Die
Verantwortlichen der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PH) bekommen von Teilen
der Belegschaft ein miserables Zeugnis. Unter dem Dach der Institution herrsche
ein Klima des Misstrauens, heisst es in einem aktuellen Brief an den Thurgauer
Gesamtregierungsrat. Absender ist das «Leitungsteam des Prorektorats Lehre».
Dieses war Matthias Begemann unterstellt, der Ende November aufgrund
«unüberbrückbarer Differenzen» in der Hochschulleitung per sofort freigestellt
wurde.
Begemanns
ehemalige leitende Mitarbeiter fordern in ihrem Schreiben eine unabhängige
Untersuchungskommission zur Aufklärung der Vorgänge rund um die Freistellung
des Vizerektors – und zwar «möglichst unverzüglich». Der Brief liegt der
«Thurgauer Zeitung» vor.
Es ist
ein weiterer Versuch, Transparenz rund um den Rausschmiss des unbequemen
Prorektors zu schaffen. Bereits am 3.Dezember ersuchten 60 Personen der
Hochschulbelegschaft in einem Brief den Hochschulrat und die Hochschulleitung –
insbesondere Hochschulratspräsident Hans Munz und Rektorin Priska Sieber – um
Informationen und Erklärungen. «Eine Antwort auf dieses Schreiben ist bis zum
heutigen Tag nicht erfolgt», heisst es nun im Brief an die Regierung, der
zuhanden der Regierungspräsidentin Cornelia Komposch adressiert ist. In einem
weiteren Schreiben informiert diese Gruppe von PH-Angestellten auch Stephan
Tobler, den Präsidenten der Fraktionen im Thurgauer Grossen Rat.
Kantonsräte machen zusätzlichen Druck
Die
Forderung nach einer unabhängigen Untersuchungskommission ist auch bereits in
der Politik ein Thema. «Eine solche ist unverzichtbar», sagt SVP-Kantonsrat
Andrea Vonlanthen. Rund um die Freistellung von Begemann gebe es zu viele
Ungereimtheiten und Widersprüche. «Vor allem die Rollen der Rektorin und des
Hochschulratspräsidenten müssen untersucht werden.» Es dürfe nicht sein, dass
kritische Stimmen in einer Hochschulleitung auf eine solche Art stummgeschaltet
werden. Falls der Regierungsrat der unabhängigen Untersuchung nicht nachkomme,
werde ein überparteiliches Komitee eine solche auf dem politischen Weg
verlangen.
Diese
Meinung teilt auch Vonlanthens Amts- und Parteikollege Hermann Lei. Beide
betonen, dass die geforderte Untersuchung nicht nur viel rascher, sondern auch
viel günstiger als jene im Fall Hefenhofen sein müsse. «Es braucht eine
schlanke Kommission, die schnell arbeitet», sagt Lei. Resultate müssten auf dem
Tisch liegen, bevor Gras über die Sache gewachsen sei. Lei denkt an eine Dauer
der Untersuchung von etwa zwei Monaten.
Die Glaubwürdigkeit der PH steht auf dem Spiel
Der grüne
Kantonsrat Peter Dransfeld richtete bereits im Dezember eine Anfrage an den
Regierungsrat, um Licht ins Dunkel dieser Freistellung an der PH zu bringen.
«Vieles spricht für eine Intrige, die Machtspiele vor das Wohl der
Allgemeinheit stellt», sagt er heute. Eine Antwort auf seine Fragen erwartet er
anfangs Februar. Der Vorfall schade dem Ansehen der PH, die dadurch gutes
Personal verliere und Mühe bekunde, Neues zu finden.
Eine
Hochschule, die systemkonformes Verhalten höher gewichte als freie Rede und
offenen Diskurs, verliere ihre Glaubwürdigkeit als Ort des Denkens, des freien
Geistes und frischer Ideen. «Will die PH wieder glaubwürdig werden, sollte der
Hochschulratspräsident Hans Munz sein Amt so lange zur Verfügung stellen, bis
der Vorgang von externen, integren, kompetenten und unabhängigen Fachleuten
durchleuchtet ist», sagt Dransfeld. Ein Schaden entstehe auch für den
Steuerzahler. Begemann bekam bei seiner Freistellung den Lohn von 27 Monaten
zugesichert, ohne an der PH arbeiten zu dürfen. Schätzungen zufolge beläuft
sich dieser Betrag auf rund eine halbe Million Franken. Die rechtliche
Grundlage dafür sieht Hochschulratspräsident Hans Munz in der kantonalen
Rechtsstellungsverordnung, wie er vergangene Woche gegenüber dieser Zeitung
ausführte.
Die
Freistellung des Prorektors an der PH Thurgau gab auch schon bei Mitgliedern
der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission des Grossen Rates zu reden. Gemäss
Roland A. Huber, Präsident der zuständigen Subkommission, gibt es dort aber
keinen Grund zur sofortigen Intervention. Das erklärt er auf Anfrage. «Wir
sehen keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.» Seine Subkommission sei «der
Sachlage entsprechend» vom Hochschulrat über die Vorgänge informiert worden.
«Der Hochschulrat hat korrekt und mit Einbezug Begemanns entschieden»,
bilanziert Huber. Das rechtliche Gehör sei jederzeit gewährleistet gewesen.
Ob die an
den freigestellten Begemann zugesicherte Lohnfortzahlung rechtens sei, müsste
erst noch genau abgeklärt werden. Vielleicht handle es sich um eine Kumulation
von Bedingungen zur Freistellung, einer Abgangsentschädigung und die Abgeltung
von Überzeiten, mutmasst Huber. Immerhin seien auch Begemanns grossen
Verdiensten für die Bildungsinstitution Rechnung zu tragen. Im April stehe der
jährliche Besuch seiner Kommission bei der PH an. Erste dann dürfte die
Kommission Fragen zur Freistellung und Nachfolgeregelung Begemanns aufwerfen –
wenn überhaupt.
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