7. Januar 2019

Bald keine befristeten Anstellungen mehr in Basel


Mit Lehrern haben nicht viele Leute Mitleid. Doch Basler Lehrpersonen wurden vom Erziehungsdepartement jahrelang stiefmütterlich behandelt. 648 an den Volksschulen angestellte Lehrpersonen haben nur befristete Anstellungsverträge, das heisst, sie können jederzeit entlassen werden – und viele befinden sich seit Jahren in dieser misslichen Situation. Für das Erziehungsdepartement war das bequem. So liessen sich die Lehrer gerade während der Zeit der vielen Reformen vorzüglich als Manövriermasse nutzen. Ausserdem blieben sie schön ruhig, da das Damoklesschwert der Kündigung drohend über ihnen schwebte. So begehrten viele der Basler Lehrpersonen zwar nicht auf, waren jedoch auch nicht sonderlich motiviert.
Basler Lehrer sollen wieder aufmucken dürfen, Basler Zeitung, 7.1. von Franziska Laur

Grossrätin Kerstin Wenk (SP) ist als Gewerkschaftssekretärin für den Bildungs- und Sozialbereich zuständig. Ihr war dieses Gebaren des Kantons als Arbeitgeber der Lehrpersonen schon länger ein Dorn im Auge. So lancierte sie vor einem Jahr eine Motion betreffend Aufhebung dieser sogenannten ewigen Probezeit, doch die Motion scheiterte knapp. «Viele Grossräte argumentierten, eine Probezeit von drei Monaten sei zu wenig», sagt Kerstin Wenk. So zögerte sie nicht und reichte eine zweite Motion nach, in der sie die Probezeit auf sechs Monate anhob. Diesmal kam sie durch.
Hoffnung auf mehr Widerstand
Das Erziehungsdepartement fackelte ebenfalls nicht lange und änderte das Schulgesetz. Per 1. August 2019 müssen befristet angestellte Lehrpersonen der Volksschulen einen festen Anstellungsvertrag erhalten, und zwar ohne Probezeit. Davon ausgenommen sind Lehrpersonen mit noch nicht abgeschlossener Ausbildung und solche, bei denen Vorbehalte betreffend Unterrichtsqualität oder Mitarbeit im Kollegium bestehen. Für die weiterführenden Schulen gilt dasselbe, allerdings ein Jahr später. «Es gibt Schulhäuser, in denen mehr als 80 Prozent der Lehrpersonen befristet angestellt sind», sagt Gewerkschaftssekretärin Kerstin Wenk. Sie hofft, dass die Pädagogen nach der Einführung des neuen Gesetzes nicht mehr so stark unter Druck sind und sich auch mal getrauen aufzubegehren.
Tatsächlich sind Basler Lehrer im Vergleich mit ihren Baselbieter Kollegen auffallend ruhig. Während der ganzen Reformen, die ihnen doch sehr an die Substanz gingen, waren nur selten kritische Worte zu hören.
Wenk sieht die Schuld daran allerdings nicht nur bei den befristeten Verträgen. «Sie bekamen auch von oben einen Maulkorb verordnet», sagt sie. Im Gegensatz zu Christoph Eymann, der mindestens stets ein offenes Ohr hatte, werde heute im Erziehungsdepartement eine ganz andere Kultur gelebt. Mit diesen beiden Mitteln, Maulkorb und befristete Verträge, könne man die Leute enorm unter Druck setzen, sagt Wenk. Wäre das nicht gewesen, so wäre ihrer Meinung nach bei der Schullaufbahnverordnung, bei der Lernberichte schon für Kindergärtner verfasst werden müssen, mehr aufgemuckt worden. Auch die Gymnasialquote wäre entschiedener bekämpft worden.
Auch Bildungspolitikerin Katja Christ (Grünliberale) begrüsst die Änderung des Schulgesetzes. «Wenn die Lehrer stets nur befristete Verträge bekommen, äussern sie kaum mehr Kritik, aus Angst, dadurch keinen neuen Vertrag mehr zu erhalten», sagt sie.
Ständiger Wechsel für Kinder
Für die Kinder sieht Christ ebenfalls Vorteile: «Der ständige Lehrerwechsel ist sehr strapazierend.» Schon ohne befristete Verträge gebe es eine grosse Unruhe, da pro Klasse ohnehin meist mehrere Lehrpersonen unterrichten, sei es wegen Teilzeitarbeitenden oder wegen der Bedürfnisse der Integrationsklassen. Dazu kommen die Lehrpersonen für die Nebenfächer. Hinzu kämen Krankheit oder Schwangerschaft, was zu Wechseln führt. Doch die befristeten Verträge würden Lehrer forcieren, sich gar nicht erst auf eine Klasse einzulassen. «Viele von ihnen ziehen nach einem Jahr oder zwei schon wieder weiter», so Christ.
Ab August muss also eine Schulleitung innerhalb von sechs Monaten über die Fähigkeiten und Qualitäten einer neu angestellten Lehrperson urteilen können und einen fixen Arbeitsvertrag vorlegen. Diese Probezeit kann nötigenfalls auf zwölf Monate verlängert werden.
Anzunehmen ist, dass das Erziehungsdepartement nicht nur aus Menschenliebe, sondern auch aus ganz pragmatischen Gründen so schnell auf die Motion reagiert hat. Der Kanton Basel-Stadt als Arbeitgeber war kaum mehr attraktiv, und dies ist vor allem in Zeiten des Lehrermangels unangenehm. Denn in den umliegenden Kantonen waren die Chancen auf eine Festanstellung stets deutlich besser.
Wie im Basler Schulblatt allerdings steht, dürfen sich die Lehrer trotzdem nicht zu früh freuen. Die Einführung des neuen Schulgesetzes bedeute noch lange nicht, dass jeder Lehrperson die gewünschten Stellenprozente zugestanden würden. Und der Maulkorb für die Lehrpersonen wird durch die Änderung des Schulgesetzes leider auch nicht aufgehoben.

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