11. Dezember 2018

Was die Eltern nicht wussten



Dass alle eine gute Schule für ihre Kinder wollen, ist klar. Wer aber dem LP21 bewusst zustimmt, kauft eine Katze im Sack und weiss möglicherweise gar nicht, ...
Vielen Eltern war gar nicht bewusst, was sie da abgestimmt haben, 10.12. von Gerhard Steiner


·         ...dass die Umsetzung in vielen Kantonen nur mit viel Druck auf die Lehrerschaft von Seiten der Schulbehörden erfolgt: mit Mobbing und Rückstufungen auf Teilpensen und andern Schikanen (solche Fälle sind mir persönlich bekannt), vor allem mit einer noch nie dagewesenen Kontrolle durch die verschiedenen Stufen der Schulbehörden im Stile von Staatswesen, in denen demokratisch legitimierte Abläufe und Zustände nicht so hoch im Kurs stehen wie üblicherweise bei uns,

·         ...dass es für die Lehrer mit der verbürgten Methodenfreiheit so ziemlich vorbei ist und dass damit auch die hoch Begabten und Kreativen unter den Lehrkräften ihre Stärken gar nicht mehr ausspielen können

·         ...dass genau deshalb, aber auch aufgrund der vielen Vorschriften hinsichtlich der zu lernenden Inhalte bzw. der zu erreichenden Ziele (Kompetenzen – was immer das sind) eine eigenartige Monokultur entsteht, die die pädagogische «Arten-Vielfalt» aussterben lässt,

·         ...dass früher oder später diese Monokultur – gepaart mit einer starken Einschränkung der früher gewährten Freiheiten für die Lehrerschaft – einen Einfluss darauf hat, wer diesen Lehrerberuf noch ergreifen will,

·         ...dass damit auch Lehrerpersönlichkeiten fehlen werden, die ihren Schülerinnen und Schülern engagiert und individuell persönliche Rückmeldung geben können und wollen (wie auch den Eltern!),

·         ...dass mit dem LP21 auch dem Hype «Digitalisierung» Folge geleistet werden muss, weil mit der Einführung des entsprechenden Faches die «digitale Transformation» der gesamten Volksschule impliziert ist. Und dies obwohl bekannt ist, dass unsere Schülerinnen und Schüler mit dem PC oder dem Tablet auf dem Pult kein bisschen bessere Lernergebnisse erreichen und...

·         ...dass das Kompetenz-Lernziel-System mit seinen über 3000 «Kompetenzen» nicht in der Lage ist, dynamisch auf wirklich drängende Probleme zu reagieren wie etwa auf die zunehmende Heterogenität bezüglich Lernfähigkeit und Lernwilligkeit in den Klassen.
·         Vor allem aber ist niemand (weder die betroffenen Eltern und Lehrpersonen noch die andern Staatbürger, die abgestimmt haben) darüber informiert worden, dass der LP21 in eine total falsche Richtung geht: Er ist vollständig kompetenzzentriert. Es gibt keine Kompetenz ohne Inhalt. Damit setzt Kompetenz Wissen voraus. Und Wissen muss zuerst aufgebaut oder zumindest erweitert werden. Und das wiederum setzt Lernerfolge voraus, die aber nur optimiert werden können, wenn stärker über das «Wie» des Lehrens und Lernens nachgedacht und der Unterricht entsprechend vorbereitet, durchgeführt, evaluiert und durch Nachfassen optimiert wird.   

Über solche Konsequenzen muss nachgedacht werden, von den Lehrrinnen und Lehrern wie auch von den Eltern. Das aber hat man im Vorfeld der jeweiligen kantonalen Abstimmungen geflissentlich vermieden! Solches ist einer Demokratie wirklich unwürdig und kommt nahe an Irreführung der Bürger heran.

Gerhard Steiner, Basel, em. Professor für Psychologie (Entwicklung und Lernen)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen