Dass alle eine gute Schule für ihre Kinder wollen, ist klar. Wer aber dem
LP21 bewusst zustimmt, kauft eine Katze im Sack und weiss möglicherweise gar
nicht, ...
Vielen Eltern war gar nicht bewusst, was sie da abgestimmt haben, 10.12. von Gerhard Steiner
·
...dass die Umsetzung in vielen Kantonen nur mit viel
Druck auf die Lehrerschaft von Seiten der Schulbehörden erfolgt: mit Mobbing
und Rückstufungen auf Teilpensen und andern Schikanen (solche Fälle sind mir
persönlich bekannt), vor allem mit einer noch nie dagewesenen Kontrolle durch
die verschiedenen Stufen der Schulbehörden im Stile von Staatswesen, in denen
demokratisch legitimierte Abläufe und Zustände nicht so hoch im Kurs stehen wie
üblicherweise bei uns,
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...dass es für die Lehrer mit der verbürgten
Methodenfreiheit so ziemlich vorbei ist und dass damit auch die hoch Begabten
und Kreativen unter den Lehrkräften ihre Stärken gar nicht mehr ausspielen
können
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...dass genau deshalb, aber auch aufgrund der vielen
Vorschriften hinsichtlich der zu lernenden Inhalte bzw. der zu erreichenden
Ziele (Kompetenzen – was immer das sind) eine eigenartige Monokultur entsteht,
die die pädagogische «Arten-Vielfalt» aussterben lässt,
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...dass früher oder später diese Monokultur – gepaart
mit einer starken Einschränkung der früher gewährten Freiheiten für die
Lehrerschaft – einen Einfluss darauf hat, wer diesen Lehrerberuf noch ergreifen
will,
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...dass damit auch Lehrerpersönlichkeiten fehlen
werden, die ihren Schülerinnen und Schülern engagiert und individuell
persönliche Rückmeldung geben können und wollen (wie auch den Eltern!),
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...dass mit dem LP21 auch dem Hype «Digitalisierung»
Folge geleistet werden muss, weil mit der Einführung des entsprechenden Faches
die «digitale Transformation» der gesamten Volksschule impliziert ist. Und dies
obwohl bekannt ist, dass unsere Schülerinnen und Schüler mit dem PC oder dem
Tablet auf dem Pult kein bisschen bessere Lernergebnisse erreichen und...
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...dass das Kompetenz-Lernziel-System mit seinen über
3000 «Kompetenzen» nicht in der Lage ist, dynamisch auf wirklich drängende
Probleme zu reagieren wie etwa auf die zunehmende Heterogenität bezüglich
Lernfähigkeit und Lernwilligkeit in den Klassen.
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Vor allem aber ist niemand (weder die betroffenen Eltern
und Lehrpersonen noch die andern Staatbürger, die abgestimmt haben) darüber
informiert worden, dass der LP21 in eine total falsche Richtung geht: Er ist
vollständig kompetenzzentriert. Es gibt keine Kompetenz ohne Inhalt. Damit
setzt Kompetenz Wissen voraus. Und Wissen muss zuerst aufgebaut oder zumindest
erweitert werden. Und das wiederum setzt Lernerfolge voraus, die aber nur
optimiert werden können, wenn stärker über das «Wie» des Lehrens und Lernens
nachgedacht und der Unterricht entsprechend vorbereitet, durchgeführt,
evaluiert und durch Nachfassen optimiert wird.
Über solche Konsequenzen muss nachgedacht werden, von den Lehrrinnen und
Lehrern wie auch von den Eltern. Das aber hat man im Vorfeld der jeweiligen
kantonalen Abstimmungen geflissentlich vermieden! Solches ist einer Demokratie
wirklich unwürdig und kommt nahe an Irreführung der Bürger heran.
Gerhard Steiner, Basel, em. Professor für Psychologie (Entwicklung und
Lernen)
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