Die Zahl
der dicken Basler Kinder nimmt ab. Dieses erfreuliche Fazit zieht der Basler
Regierungsrat im jüngsten Bericht zu den Gesundheitskosten in Basel-Stadt. Vor
zehn Jahren sei noch jedes fünfte Kind adipös gewesen, heute ist es nur noch
etwa jedes sechste. Erfolge sind vor allem auf Primarschulniveau und im
Kindergarten zu verzeichnen. Im Chindsgi ist die Quote der Übergewichtigen in
den vergangenen zehn Jahren von rund 15 auf 10 Prozent gesunken. Das Problem
der Übergewichtigkeit findet sich in der Oberstufe, wo rund 25 Prozent aller
Kinder zu viele Pfunde mit sich herumschleppen. Am stärksten betroffen sind die
Ausländer. Seit zehn Jahren liegt die Zahl der adipösen ausländischen
9.-Klässler bei rund 40 Prozent. Markus Ledergeber, Leiter des Basler Gesundheitsdienstes,
erklärt den Zusammenhang: Übergewicht hänge in erster Linie mit der sozialen
Herkunft und nicht mit der Nationalität zusammen. So seien Kinder von Eltern
ohne Lehrabschluss rund dreimal häufiger übergewichtig als Kinder von Eltern
mit höherem Schulabschluss. Die Unterschiede nach sozialer Herkunft seien
sowohl bei ausländischen als auch bei schweizerischen Kindern zu finden.
Pubertierende Pfundskerle, Schweiz am Wochenende, 8.12. von Leif Simonsen
Dass die
Schere erst bei der Oberstufe aufgeht, hat auch mit den veränderten
pädagogischen Ansprüchen auf dieser Schulstufe zu tun. Die Schulen legen auf
der Unterstufe vermehrt ein Augenmerk auf die Znüni-Verpflegung. Statt Schoggi
gibt es auf der Primarstufe und im Kindergarten hauptsächlich Früchte. Auf der
Oberstufe sehen sich die Lehrer aber nicht mehr in der Rolle der Erzieher. Gaby
Hintermann, Präsidentin der kantonalen Schulkonferenz und Klassenlehrerin an
der Sek Theobald Baerwart, sagt: «Wir Lehrer sind nicht für alles zuständig –
auch nicht dafür, wie viel Sport die Kinder treiben und wie sie sich ernähren.»
Süssigkeiten seien an ihrer Sek
erlaubt. Die Hausordnung sehe an ihrer Schule nur vor, dass keine Energy Drinks
konsumiert werden. Das liege aber nicht nur daran, dass die Kinder dadurch dick
würden, sondern auch daran, «dass diese Drinks laut Herstellerangaben für
Kinder nicht empfohlen sind und wir im Unterricht keine hypernervösen Schüler
wollen.»
Dicke Kinder leiden häufig
Übergewicht ist ein Problem mit
weitreichenden volkswirtschaftlichen Folgen. Im Bericht der Basler Regierung zu
den Gesundheitskosten wird auf eine Studie verwiesen, welche die schweizweiten
Kosten adipositasbedingter Krankheiten auf rund
acht Milliarden Franken jährlich schätzt. Ledergerber betont, dass dicke Kinder
nicht nur gesundheitlichen Risiken wie Bluthochdruck oder orthopädischen
Problemen ausgesetzt seien, sondern oft auch unter vermindertem
Selbstwertgefühl litten. Dieses Phänomen beobachtet auch Hintermann, wenngleich
der Umgang damit sehr individuell sei. Äusserliche Auffälligkeiten könnten das
Selbstwertgefühl strapazieren, Übergewicht biete eine Angriffsfläche. «Ich
beobachte, dass sich viele Jugendliche sehr viele Gedanken über ihr Äusseres
machen und oft auch unzufrieden sind», sagt sie. Übergewicht sei oft ein
Auslöser, aber auch Normalgewichtige hätten diese Probleme.
Ledergerber sagt,
das Thema Übergewicht stünde seit längerem auf der Agenda. Insbesondere auf
Primarschul- und Kindergartenniveau seien Erfolge zu verzeichnen. Auf der
Oberstufe sei eine «klare Tendenz» nicht ersichtlich. Das Basler
Erziehungsdepartement (ED) setzt unter anderem auf Sensibilisierung. «Nimmt ein
Kind zum Beispiel jeden Tag Unmengen von Schläggzüüg mit in den Kindergarten,
dann werden die Eltern auf das Thema angesprochen», sagt ED-Sprecher Simon
Thiriet. Es gebe aber keine festgeschriebenen Regeln. «Die Lehrer lassen den
gesunden Menschenverstand walten», sagt er.
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