18. November 2018

Österreich: Keine Reformen um der Reformen willen


In den letzten Tagen werden in verschiedensten Medien wieder verstärkt Forderungen nach angeblich längst fälligen Reformen im Schulwesen erhoben. Die Themen sind vielfältig und bewegen sich von der Forderung nach einer leistungsgerechten Bezahlung bis zu vermehrten verpflichtenden Fortbildungen für LehrerInnen.

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die behaupten, im österreichischen Schulwesen sei alles eitel Wonne und man müsse nicht an Verbesserungen arbeiten. Wie wahrscheinlich alle, die in der Schulrealität verankert sind, bin ich aber der Meinung, dass das Reformtempo nicht erhöht, sondern verringert werden müsste. Kaum eine der Reformen der letzten Jahre hat das Evaluierungsstadium erreicht. Das liegt aber nicht daran, dass man vielleicht in manchen Fällen rechtzeitig die Reißleine gezogen hätte. Vielmehr hat man fast alle Reformen vor der ursprünglich versprochenen Evaluierung flächendeckend umgesetzt und dann auf die Evaluierung verzichtet. Ist der Grund dafür vielleicht, dass man sich nicht den negativen Folgen der eigenen Reformen stellen will? Sind die Gründe für viele Reformen der letzten Jahre eher im ideologischen oder wirtschaftlichen Bereich zu suchen als im tatsächlichen Verbesserungswillen, oder geht es eventuell darum, nach außen hin Innovationsbereitschaft zu zeigen?
Reformitis, QUINtessenzen, 17.11. von Herbert Weiss


Auf den Punkt bringt es Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann: „Die Fortsetzung noch der unsinnigsten Reform wird ja – gerade auch im Bildungsbereich – gerne mit dem Hinweis begründet, dass man doch nicht zu alten Zuständen zurückkehren könne. Das ist ungefähr so plausibel wie die Empfehlung an einen Autofahrer, der sich in eine Sackgasse manövriert hat, doch unbedingt weiterzufahren, notfalls auch gegen eine Wand, denn er werde doch nicht umdrehen wollen und dorthin zurückkehren, wo er schon einmal gewesen ist.“ (1) Der Vorsitzende der ARGE LehrerInnen Paul Kimberger schlägt in dieselbe Kerbe: „Eine Änderung um der Änderung Willen bedeutet nicht automatisch etwas Besseres als das, was wir haben. Wir haben ein hervorragendes Schulsystem, das wir verbessern können. Es hat mir aber noch nie jemand erklären können, warum Österreich zu einem der besten, sichersten, sozialsten Ländern der Erde geworden ist. Dafür sind nicht die Wirtschaftskapitäne verantwortlich, sondern die Menschen, die alle durch unsere Schulen gegangen sind.“ (2)

Ich plädiere an alle Verantwortlichen im Bildungsbereich, gemeinsam den Weg zu einer Verbesserung der österreichischen Schule zu gehen und nicht Reformen um der Reform willen durchzuführen. Mehr als genug befindet sich derzeit in der Umsetzung. Wir werden Bildungsminister Faßmann beim Wort nehmen. „Das österreichische Schulsystem hat in der Vergangenheit genug Reformen erlebt. Wenn es jetzt einmal eine Zeit ohne Grundsatzreformen gibt, sondern eine vernünftige Reformimplementierung und eine kritische Evaluierung, dann ist das gut.“ (3)



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