In den letzten Tagen werden in
verschiedensten Medien wieder verstärkt Forderungen nach angeblich längst
fälligen Reformen im Schulwesen erhoben. Die Themen sind vielfältig und bewegen
sich von der Forderung nach einer leistungsgerechten Bezahlung bis zu
vermehrten verpflichtenden Fortbildungen für LehrerInnen.
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die
behaupten, im österreichischen Schulwesen sei alles eitel Wonne und man müsse
nicht an Verbesserungen arbeiten. Wie wahrscheinlich alle, die in der
Schulrealität verankert sind, bin ich aber der Meinung, dass das Reformtempo
nicht erhöht, sondern verringert werden müsste. Kaum eine der Reformen der
letzten Jahre hat das Evaluierungsstadium erreicht. Das liegt aber nicht daran,
dass man vielleicht in manchen Fällen rechtzeitig die Reißleine gezogen hätte.
Vielmehr hat man fast alle Reformen vor der ursprünglich versprochenen
Evaluierung flächendeckend umgesetzt und dann auf die Evaluierung verzichtet.
Ist der Grund dafür vielleicht, dass man sich nicht den negativen Folgen der
eigenen Reformen stellen will? Sind die Gründe für viele Reformen der letzten
Jahre eher im ideologischen oder wirtschaftlichen Bereich zu suchen als im
tatsächlichen Verbesserungswillen, oder geht es eventuell darum, nach außen hin
Innovationsbereitschaft zu zeigen?
Reformitis, QUINtessenzen, 17.11. von Herbert Weiss
Auf den Punkt bringt es
Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann: „Die
Fortsetzung noch der unsinnigsten Reform wird ja – gerade auch im Bildungsbereich
– gerne mit dem Hinweis begründet, dass man doch nicht zu alten Zuständen
zurückkehren könne. Das ist ungefähr so plausibel wie die Empfehlung an einen
Autofahrer, der sich in eine Sackgasse manövriert hat, doch unbedingt
weiterzufahren, notfalls auch gegen eine Wand, denn er werde doch nicht
umdrehen wollen und dorthin zurückkehren, wo er schon einmal gewesen ist.“
(1) Der Vorsitzende der ARGE LehrerInnen Paul Kimberger schlägt in dieselbe
Kerbe: „Eine Änderung um der Änderung Willen
bedeutet nicht automatisch etwas Besseres als das, was wir haben. Wir haben ein
hervorragendes Schulsystem, das wir verbessern können. Es hat mir aber noch nie
jemand erklären können, warum Österreich zu einem der besten, sichersten,
sozialsten Ländern der Erde geworden ist. Dafür sind nicht die
Wirtschaftskapitäne verantwortlich, sondern die Menschen, die alle durch unsere
Schulen gegangen sind.“ (2)
Ich plädiere an alle
Verantwortlichen im Bildungsbereich, gemeinsam den Weg zu einer Verbesserung
der österreichischen Schule zu gehen und nicht Reformen um der Reform willen
durchzuführen. Mehr als genug befindet sich derzeit in der Umsetzung. Wir
werden Bildungsminister Faßmann beim Wort nehmen. „Das
österreichische Schulsystem hat in der Vergangenheit genug Reformen erlebt. Wenn
es jetzt einmal eine Zeit ohne Grundsatzreformen gibt, sondern eine vernünftige
Reformimplementierung und eine kritische Evaluierung, dann ist das gut.“
(3)
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