Die Doppelinitiative «Gute Schule» setzt sich aus einer Verfassungs- und
einer Gesetzesinitiative zusammen. Beide stehen in einem direkten Zusammenhang.
Die Verfassungsinitiative verlangt die Mitsprache des Grossen Rates und des
Volkes bei wichtigen, grundsätzlichen Bildungsfragen. Bei der
Gesetzesinitiative geht es um eine Kompetenzverschiebung bei der Bestimmung von
Lehrplänen. Heute liegen diese Kompetenzen bei der Regierung – neu soll sie der
Grosse Rat haben. «Ein Lehrplan ist ein Planungsinstrument und keine
Gesetzesbestimmung», sagte Sandra Locher Benguerel, Präsidentin der
Lehrpersonen Graubünden, gestern vor den Medien. «Die verlangte
Kompetenzverschiebung der Genehmigung von Lehrplänen durch den Grossen Rat ist
eine starke Vermischung von operativer und strategischer Ebene.»
Lieber eine Schule mit Zukunft statt nur eine gute Schule, Südostschweiz, 6.11. von Pierina Hasler
Schule ist kein Spielball
Locher Benguerel informierte anlässlich der Pressekonferenz der drei
Verbände Lehrpersonen Graubünden, Schulleiterinnen und Schulleiter Graubünden
und Schulbehörden Graubünden. Alle Verbände lehnen die Doppelinitiative
entschieden ab. Unter anderem auch, weil der Wortlaut im Titel der
Doppelinitiative «Gute Schule Graubünden» irreführend sei. Denn im Kern der
Initiative gehe es um die Bekämpfung des Lehrplans 21, ist sich Locher
Benguerel sicher. «Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die
Bildungsinhalte von Fachleuten unter Einbezug der Praxis festgelegt werden
müssen», so Locher Benguerel. «Lehrpläne sind heute in guten Händen, es gibt
keinen Anlass, daran etwas zu ändern.» Und sie betont, dass Lehrpläne
keinesfalls zum Spielball politischer und weltanschaulicher Interesse verkommen
dürften.
Reaktionäres Gedankengut
Das Initiativ-Komitee «Gute Schule» um Elisabeth Calcagnini und Marlies
Klesse ist hingegen überzeugt, dass die über 2000 Kompetenzen des Lehrplans 21
verunsichern und Wildwuchs begünstigen würden. Laut ihrer Homepage
«guteschule-gr.ch» seien Lehrpersonen nämlich damit beschäftigt, aus den
Hunderten von Kompetenzzielen einige herauszupicken. Zudem würden sie in
stundenlangen Sitzungen in ihren Schulhausteams inhaltliche Jahresziele
festlegen. Weshalb das Komitee zu diesem Schluss kommt, ist nicht ganz klar.
Klar ist aber, Calcagnini und Klesse empfinden den Lehrplan 21 als
«aufgezwungene, international koordinierte Fehlentwicklung».
Weniger dramatisch, aber nicht weniger klar zeigen sowohl die
Lehrpersonen wie auch Schulleiter und Schulbehörden in ihrem Argumentarium auf,
weshalb sie gegen die Vorlage sind. Peter Reiser, Präsident des
Schulbehördenverbandes, sagt es so: Der Lehrplan 21 bilde den heutigen Alltag
ab und bereite auf die Berufslehre und die weiterführenden Schulen vor. Die
Initianten wollten das Rad zurückdrehen zu den guten alten Zeiten mit völlig
veralteten Unterrichtsmethoden. «Dieses Gedankengut ist reaktionär», so Reiser.
Machbar oder sinnlos
Reiser ist auch überzeugt, dass man Schulen und Institutionen nicht mit
solch abwegigen Initiativen belasten soll. «Die wahren Herausforderungen liegen
in der bestmöglichen Umsetzung des Lehrplans 21, inklusive seiner inhaltlichen
Weiterentwicklung gemeinsam mit den anderen Kantonen, sowie der Umsetzung des
Informatikkonzepts», so Reiser. Für den Kanton Graubünden und sein
Bildungswesen wäre die Annahme der Doppelinitiative eine Katastrophe, sagte der
Schulbehörden-Präsident. «Der vorliegende Lehrplan 21 ist eine gute Grundlage
für unsere Schulen.»
Dritter Redner an der Pressekonferenz des Komitees «Nein zu
Doppelinitiative» war Peter Frehner vom Schulleiterverband. Für ihn steht fest,
ein Alleingang des Kantons Graubünden mit eigenen Lernzielen wäre unsinnig und
zudem organisatorisch mit massiv höheren Ausgaben verbunden. Die Erarbeitung
des Lehrplans 21 ist ein gemeinsames Werk von 21 Deutschweizer Kantonen unter
der Führung der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz, Bildungsexperten
sowie Lehrpersonen aus den beteiligten Kantonen. Bis es so weit war, dauerte es
rund zehn Jahre. Kostenpunkt zehn Millionen Franken.
Mit dem Lehrplan 21 erfüllen die Kantone übrigens den
Verfassungsauftrag. Ein Alleingang wäre natürlich trotzdem machbar, für die
drei Verbände würde dies aber wenig Sinn machen.
So läuft es in Graubünden, wenn man sich für ein Anliegen einsetzt: Hier die Klugen und Guten, dort die Dummen und Rückwärtsgewandten. Die Monopolpresse ist wie immer regierungsfreundlich - verständlich, denn eine Hand wäscht die andere.
AntwortenLöschenDer Titel des Artikels lässt keine Zweifel offen, wo die Sympathien der Journalistin liegen. Ausgewogene Berichterstattung ist hier ein Fremdwort.
Auch der Schlusssatz "Mit dem Lehrplan 21 erfüllen die Kantone übrigens den Verfassungsauftrag" lässt keine Zweifel offen, dass die Journalistin hoffnungslos überfordert ist. Aber wen kümmert dies schon?