Eltern
und Schüler mussten dieser Tage erfahren, dass im Streit um den
Frühfranzösisch-Unterricht im Baselbiet die Nerven blank liegen. Über die von
der BaZ veröffentlichten
Ergebnisse der Hearings der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion mit
Französisch-Lehrkräften zum Lehrmittel Mille feuilles ist ein Streit entbrannt,
der einem eigentlichen Glaubenskrieg unter Lehrerinnen und Lehrern gleichkommt.
Die Starke Schule beider Basel sah sich sogar genötigt, zum Streit zwei neue
Volksinitiativen beizusteuern.
Lehrplan-Ziele nicht erreicht, Basler Zeitung, 8.10. von Thomas Dähler
Hintergrund
des Streits ist das Konzept zur Lancierung des Frühfranzösisch-Unterrichts:
Sechs Kantone haben seinerzeit mit einem gemeinsamen Projekt den
Französisch-Unterricht ab der dritten Klasse eingeführt. Abgelaufen ist der
Vertrag darüber im vergangenen Sommer, sodass die Kantone nun wieder frei sind
zu entscheiden, wie es mit dem Französisch-Unterricht weitergeht – und vor
allem, ob vom einst obligatorisch erklärten Lehrmittel Mille feuilles abgerückt
werden soll. Der Baselbieter Landrat zumindest hat dies mit seinem Ja zur
Initiative «Ausstieg aus dem gescheiterten Passepartout-Fremdsprachenprojekt»
beschlossen. Umsetzen will die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion die
Initiative mit einer im Bildungsgesetz festzulegenden Lehrmittel-Freiheit.
Mit
dieser Lösung sind selbstredend nicht alle einverstanden. Während die einen
nach wie vor alles zur Rettung von Mille feuilles und der gleich konzipierten
weiteren Lehrmittel Clin d’Oeil und New World unternehmen, wollen die anderen
die umstrittenen Schulbücher verboten sehen. Laien können diesen Streit nicht
wirklich nachvollziehen. Selbst die Stimme des von den sechs Kantonen
eingesetzten Leiters des zu Ende gegangenen Projekts Passepartout der sechs
Kantone tönt pragmatischer: Für eine Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts
zugunsten der Schüler sollten die Lehrmittel «nicht überbewertet werden»,
beantwortete Reto Furter einst eine entsprechende Frage der BaZ.
In
der Tat sollte man die Wahl der geeigneten Lehrmittel den Pädagogen in den
Primar- und Sekundarschulen überlassen. Die Öffentlichkeit aber dürfte es
interessieren, ob die Schüler mit dem neu eingeführten
Frühfranzösisch-Unterricht in den dritten Klassen der Primarschulen die Sprache
auch tatsächlich lernen. Dieser Frage widmet sich zurzeit das Institut für
Mehrsprachigkeit der Universität Freiburg. Die Resultate ihrer Evaluationen
werden jedoch erst 2021 vorliegen – etwas gar spät. Ein für diesen Sommer
angekündigter Zwischenbericht dazu ist ausgeblieben.
Dass
es mit den Resultaten des neu eingeführten Frühfranzösisch-Unterrichts nicht
zum Besten steht, belegen aber schon heute die in der sechsten Klasse
durchgeführten Schul-Checks. Deren Resultate zeigen, dass die Ziele des
Lehrplans in Französisch nicht erreicht werden. «Die Schülerinnen und Schüler
können Inhalte von Gesprächen und Hörtexten auf Französisch verstehen und
sinngemäss ins Deutsche übertragen», lautet im gültigen Lehrplan des Kantons
Baselland die zum Ende der Primarschule verlangte Kompetenz beim «Hören». Bei
der Lese-Kompetenz wird im Lehrplan Ähnliches verlangt.
Diese
Schul-Checks ermitteln jährlich in mehreren Fächern die Kompetenzstufen, welche
die Schülerinnen und Schüler erreicht haben. Vergleicht man nun im
Französisch-Check die erreichten Kompetenzstufen mit dem Lehrplan, stellt man
fest, dass nur eine Minderheit die Lehrplan-Ziele erreicht hat. Die
Kompetenzstufen beim Hören, die den Zielen des Lehrplans entsprechen, haben
beim Check 2017 im Kanton Baselland nur 39 Prozent der getesteten Schüler
erreicht. Weitere 48 Prozent der Schülerinnen und Schüler können den Gesprächen
nicht wie verlangt voll folgen, sondern nur «einzelne Informationen» daraus
entnehmen.
Im
Klartext heisst dies: Sie verstehen trotz mehrjährigem Sprachunterricht in der
Primarschule den Inhalt des französisch geführten Gesprächs nur halbwegs. Vor
diesem Hintergrund sind die Expertenstreitigkeiten oder gar die neuen
Volksinitiativen zwar verständlich, aber nicht zielführend. Die Baselbieter
Bildungs- Kultur- und Sportdirektion und die angestellten Lehrkräfte sind
schlicht und einfach herausgefordert, den Französisch-Unterricht in den
Primarschulen so zu verbessern, dass die gesetzten Ziele auch erreicht werden.
Ob es dazu eine andere Stundentafel, neue Weiterbildungen für Lehrkräfte oder
bessere Lehrmittel braucht, müssen die Experten entscheiden. Auch, welche
Lehrmittel die richtigen sind, kann wohl kaum in der Öffentlichkeit oder an der
Urne fachkundig beurteilt werden. Laien fehlt das Wissen dazu. Fakt ist aber:
Mit dem bisher praktizierten Französisch-Unterricht wurden die geforderten
Ziele verfehlt.
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