Die vollmundigen
Versprechungen der Passepartout-Ideologen haben sich längst als leere Phrasen
herausgestellt. Und doch versuchen eigennützige Akteure das gescheiterte
Fremdsprachenkonzept zu retten. Dabei ist ihnen der Lernerfolg der
Schülerschaft augenscheinlich gleichgültig.
Passepartout - Der grosse Gesichtsverlust, Basler Zeitung, 1.10. von Felix Hoffmann
Die Primarschulleitungen pochen auf Passepartout, denn sie
verlangten von ihrer Belegschaft den Besuch der wenig sinnvollen, aber umso
aufwendigeren «Weiterbildung». «Sorry, das Ganze war ein Irrtum», wäre nun die
ehrliche Botschaft. Die kommt ihnen aber nicht über die Lippen, denn sie sehen
sich trotz Teilautonomie nicht in der Verantwortung, obwohl auch sie dem Irrtum
aufsassen. Der eigene Gesichtsverlust ist ihnen das grössere Übel, als
Zehntausenden von Primarschülern auch weiterhin den Fremdsprachenunterricht mit
Passepartout zu verwehren.
In der Folge lassen sich die verlorenen vier Jahre Französisch
kaum mehr aufholen auf der Sekundarstufe: wo kein Fundament, kein Aufbau. In
dieser Situation gibt es drei Möglichkeiten: 1. Auch die Sekundarlehrkräfte
halten sich an die Passepartout-Ideologie, die für die Lernenden nachteiligste
Variante. 2. Sie fangen nochmals von vorne an. 3. Sie versuchen vergeblich, um
die Lücken herum zu bauen. In jedem Fall delegieren sie das Problem an die
weiterführenden Schulen. So wird der Schaden mit jedem zusätzlichen Schuljahr
grösser. In Englisch minimiert sich die Problematik immerhin auf zwei Jahre.
Die Fatalität bleibt die gleiche.
Vorgetäuschte
Lehrmittelfreiheit
Die allermeisten Bildungsräte verfügen über keinerlei
Unterrichtserfahrung. Sie bestimmen also nicht um pragmatischer Lösungen
willen, sondern kraft ihres Amtes. Dabei spielt es oft keine Rolle, was sie
bestimmen, Hauptsache, sie bestimmen. Ganz schwer fällt es diesen
Bildungsräten, von der Expertise des Lehrkörpers zu profitieren, zuweilen
handeln sie dieser regelrecht zuwider. Die Fähigkeit, sich von Praktikern etwas
sagen zu lassen, widerspricht offenkundig einem Funktionsverständnis zur
Beförderung des eigenen Egos. Die Konsequenz ist unter anderem das
bildungsrätliche Durchwinken der vermutlich absurdesten Lehrmittel der
schweizerischen Schulgeschichte. Auch hier wäre es ein Gesichtsverlust, sich
klar und deutlich gegen die Passepartout-Schulbücher auszusprechen. Man hat sie
ja beschlossen.
Was das AVS und die Bildungsdirektion betrifft, stammt ein grosser
Teil des Personals aus der Zeit des SP-Bildungsdirektors Urs Wüthrich. Dieser
führte Passepartout im Kanton Baselland ein und ist damit an erster Stelle
verantwortlich für das Desaster. Seine Belegschaft scheint nun Wüthrichs Agenda
weiterzuverfolgen und verteidigt sein Konzept auf Biegen und Brechen.
Insbesondere bei der Ausformulierung der vom Landrat gutgeheissenen Initiative
der Starken Schule beider Basel gegen Passepartout wird mittels einer
vorgetäuschten Lehrmittelfreiheit versucht, das Fehlkonstrukt doch noch über
die Runden zu retten. Hier geht es nicht um Gesichtsverlust, denn jene Leute
outen sich ja nicht. Ihnen geht es um reines parteipolitisches Machtgeplänkel,
nicht zuletzt um gegen ihre neue Chefin in der Bildungsdirektion zu agieren,
zumal diese ausgerechnet der FDP angehört, der politischen Antithese zur SP.
Klare
Positionierung erwünscht
Die Sozialdemokraten halten in ihrem Selbstverständnis als
progressive Kraft grundsätzlich jede Neuerung in der Bildungspolitik für gut,
selbst wenn sie der öffentlichen Schule schadet. So befürworteten sie die
Basler Orientierungsschule, die wegen Untauglichkeit bald wieder ihre Tore
schloss. Die Abschaffung der spezialisierten Sonderschulen und Kleinklassen
propagierten sie im Namen der Chancengleichheit und Integration, welche die
Lehrkräfte nicht nur in Basel vor unlösbare Probleme stellt. Sie sprachen sich
aus für die gescheiterten Sammelfächer und das sozialdarwinistische Konzept des
selbstorganisierten Lernens. Sie forderten die Einführung der abgelehnten
Basisstufe und so weiter. Natürlich stimmten sie auch reflexartig ein in den
Lobgesang auf Passepartout, weswegen ein Abrücken nun auch für die SP einem
Gesichtsverlust gleichkäme. Folglich sind auch viele Sozialdemokraten bereit,
die Schülerschaft aus Eigennutz zu opfern.
Und wo steht in all dem politischen Gezerre die
Bildungsdirektorin? Sie täte gut daran, sich ohne Rücksicht auf Gesichtswahrung
der hier beteiligten Akteure klar gegen Passepartout zu positionieren.
Zehntausende verärgerter Eltern und Tausende von Lehrpersonen aller Schulstufen
würden es ihr anlässlich der nächsten Wahlen danken. Denn Letztere sind nicht
besorgt um den Bildungsrat, die BKSD oder die Primarschulleitungen. Sie sorgen
sich um den Fremdsprachenerwerb ihres Nachwuchses.
Felix Hoffmann ist Sekundarlehrer in Aesch und wohnt in Himmelried
(SO).
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