Die Klasse G 2b der Sekundarschule Grenzstrasse in Amriswil läuft in der kommenden Woche vom Bodensee bis zum Vierwaldstättersee. Lehrer
Stefan Klocker hatte mit seinen Schülern zuerst andere Pläne, die er jedoch
über den Haufen werfen musste.
Wanderlager aus der Not heraus, Thurgauer Zeitung, 1.9. von Manuel Nagel
Es sollte
eigentlich ein ganz normales Klassenlager werden. Eigentlich – aber das Haus,
in welches Stefan Klocker jeweils mit seinen Klassen gereist war, stand zu
seiner Überraschung nicht zur Verfügung. Doch dem Sekundarlehrer des
Schulhauses Grenzstrasse kam dieses Malheur gar nicht so ungelegen. «Ich hatte
diese Idee schon länger im Kopf, und nun war die Gelegenheit da, sie mit meiner
Klasse umzusetzen», sagt Klocker. Er wollte mit seinen Schülern auf dem
Jakobsweg vom Bodensee bis zum Vierwaldstättersee laufen.
«Ganz
ehrlich? Ich dachte zuerst, unser Lehrer will uns veräppeln», gibt Vlerson
Nrecaj freimütig zu. So überrascht wie er waren auch seine Mitschüler, doch
Stefan Klocker stiess keineswegs auf Ablehnung. «Ich fand die Idee cool», sagt
Sara Milesic, die sie sich an jenen Moment zurückerinnert, als ihnen ihr Lehrer
die Karte mit der Wanderroute von Rorschach nach Brunnen zeigte. Der nutzte die
Gunst der Stunde und liess die Jugendlichen gleich auf der Rückseite dieser
Karte den Satz «Ich traue mir diese Challenge zu und bin dabei!» unterschreiben
– wie bei einem Vertrag.
115 Kilometer in fünf Tagen
Auch von
der Schulleitung, den Lehrerkollegen und den Eltern gab es grosse Zustimmung
für dieses Projekt, sagt Klocker. Nur ein Elternteil habe Bedenken gehabt, als
er das Streckenprofil vorgestellt habe. Das könne man doch nie schaffen. Und
das Lager solle doch auch Spass machen, lautete der Einwand. Es sei aber bei
dieser einen kritischen Stimme geblieben, erzählt Klocker.
Insgesamt
115 Kilometer wird die Klasse in fünf Tagen zurückgelegt haben, wenn sie wie
geplant am Freitagabend um 17 Uhr in Brunnen im Kanton Schwyz ankommen wird.
«Alles ohne Begleitfahrzeug», ergänzt Stefan Klocker. Das nähme dem Ganzen den
Reiz und wäre auch keine Herausforderung, findet er und sagt: «Die einzige
Hintertür ist der Öffentliche Verkehr.» Mit Schwierigkeiten rechnet er auf der zweiten,
der längsten Etappe, wenn es von Herisau auf den Rickenpass geht. Da behält er
sich vor, dass er in St.Peterzell einige Schüler mit einer der beiden
Begleiterinnen auf den Bus schickt.
Doch bei
den Jugendlichen ist der Ehrgeiz geweckt. «Ich will nicht auf den Bus», sagt
Anabella Moser bestimmt – und auch die übrigen aus der Klasse wollen die ganze
Strecke zu Fuss bewältigen.
Trotz guter Ausrüstung nass geworden
Als
Vorbereitung lief die Klasse zwischen Pfingst- und Sommerferien sechs längere
Strecken, und im neuen Schuljahr nochmals dreimal – von Romanshorn, Arbon und
nun Weinfelden zurück nach Amriswil. Etwa 100 Übungskilometer seien so
zusammengekommen, schätzt Stefan Klocker. Auch hat er geschaut, dass seine
Schüler eine gute und leichte Ausrüstung besitzen. Trotz dieser seien sie
jedoch nass geworden, als sie einmal bei Regen gewandert seien. Klocker ist
sich bewusst, dass das Wetter natürlich ein Risiko berge.
Die
Erfahrung haben auch die Schüler machen müssen. «Zuerst dachte ich, Wandern ist
nicht so anstrengend», sagt Anabella Moser, «aber wenn es heiss ist...». Auch
Sara Milesic bestätigt, dass es nicht sehr angenehm sei, wenn es regnet oder
die Sonne brennt. Doch sie erhofft sich von diesem aussergewöhnlichen
Wanderlager, dass gerade bei solchen Bedingungen der Zusammenhalt der Klasse
gestärkt und auch bei Schwierigkeiten trotz allem gute Stimmung untereinander
herrschen werde.
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