27. August 2018

Trotz Abstimmungen ist das Fremdsprachen-Problem nicht gelöst

Beinahe ein Jahr ist es her, als das Luzerner Stimmvolk beschloss, dass weiterhin zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe zu unterrichten seien. In Frage gestellt hatte dies ein überparteiliches Komitee. Dieses wandte sich vergangene Woche überraschend wieder an die Öffentlichkeit und gab bekannt, dass man das Komitee nicht auflösen werde («Luzerner Zeitung» vom 21. August). Komiteeleiter Xaver Vogel, selbst langjähriger Lehrer, spricht über die Beweggründe und Ziele dahinter.
Fremdsprachen: Sind Despensen die Lösung? Luzerner Zeitung, 26.8. von Ismail Osman


Herr Vogel, endet die Lebensspanne eines Initiativkomitees in der Regel nicht mit dem Urnengang?
Es gibt Themen, ich denke da etwa an das Frauenstimmrecht, AHV- oder Einwanderungsthemen, wo Komitees auch jeweils nach einer Abstimmung noch aktiv blieben. Wir denken, dass dies in unserem Fall ebenfalls nötig ist.

Wie kam es zu diesem Entschluss?
Ein sechsköpfiger Ausschuss des Komitees blickte auf den Verlauf des Abstimmungskampfes zurück und tauschte sich über die Ist-Situation aus. Wir kamen zum Schluss, dass die Mängel, die wir damals beim Namen nannten, weiterhin nicht gelöst sind.

Wie fielen die bisherigen Reaktionen auf den Weiterführungsentscheid aus?
Bevor wir an die Öffentlichkeit traten, informierten wir die rund 70 Mitglieder des überparteilichen Initiativkomitees. Von dieser Seite kam keine einzige negative Rückmeldung. Von Seite des Kantons hiess es, dass jetzt innerhalb der Lehrerschaft Ruhe nötig sei, um den Lehrplan 21 umzusetzen.

Ihre Reaktion auf das Schreiben?
Der ganze Punkt ist ja, dass das heutige System in der Praxis für enorme Unruhe sorgt, daran ändert der neue Lehrplan nichts. Die Unruhe besteht schon, und genau das sprechen wir an.

Die Luzerner Regierung setzt jedoch ganz auf den Lehrplan 21, um bei den Fremdsprachen eine Verbesserung zu bewirken. Hat dieser nicht eine Chance verdient?
Die Ziele des Lehrplans und unsere sind ja die gleichen. Die Kinder sollen am Ende ihrer Schulzeit über genügende Kompetenzen in den Fremdsprachen verfügen. Was wir kritisieren, ist nicht der Lehrplan an sich, lediglich dessen Ausgestaltung.

Zurück zum 24. September 2017. Das Luzerner Stimmvolk lehnte die Fremdspracheninitiative mit 58 Prozent Nein-Stimmen ab. Hat es sich damit nicht erledigt?
Wie wir damals sagten, hatten wir mit dem Abstimmungsergebnis zwar ein Resultat, aber keine Lösung des Problems.

Was könnte denn ein anderer Lösungsansatz sein?
Einer, der wohl das System heftig aufrütteln würde, wäre, dass man offiziell Dispensierungen einführen würde.

Also, dass manche Schüler gar nicht mehr zum Fremdsprachenunterricht erscheinen?
In der Praxis sind Dispensierungen längst keine Seltenheit mehr. Die Fälle von Schülerinnen und Schülern, bei denen der Fremdsprachenunterricht schlicht keinen Sinn macht, häufen sich.

Es wäre eine relativ radikale Lösung.
Ja. Und sie wäre mit gewichtigen Nachteilen verbunden. Sie löst erhebliche Mehrkosten aus. Die dispensierten Kinder müssen ja trotzdem noch unterrichtet werden, was wiederum mit höheren Ausgaben fürs Lehrpersonal verbunden ist. Der Strategiewechsel wäre besser!

Das klingt nicht so, als würde Ihr Initiativkomitee bereits die nächste Volksabstimmung anstreben.
Nein. Wir werden eher eine Wachturm-Funktion einnehmen und die Thematik und die Entwicklungen nahe begleiten.

Impulse müssten wohl auf nationaler Ebene, insbesondere von der Schweizer Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, kommen.

Genau. Der EDK müssen die Mängel des von ihr propagierten Systems besser aufgezeigt werden. Die ausgewiesen schwachen Leistungen bei den Fremdsprachen können letztlich auch nicht in ihrem Sinn sein.

Dort Änderungen zu bewirken, ist ein langer Prozess.

Das mag sein. Untätig zu bleiben, ist allerdings auch keine Option. 2019 steht bei der EDK eine weitere Standortbestimmung in dieser Frage an.


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