An der grossen Kantonalen Schulkonferenz
liessen sich fast 3000 Lehrer erklären, weshalb Humor im Klassenzimmer eine
gute Sache ist. Die Humortrainerin Eva Ullmann erzählt uns, welche Witzchen in
den Schulunterricht passen und welche weniger.
Eva Ullmann erklärt, warum Humor förderlich fürs Lernen ist, Bild: Alexander Preobrajenski
Diese Frau will Basler Lehrern Humor beibringen, Tageswoche, 23.3. von Matthias Oppliger
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Nur zu
leicht geht vergessen, wie viele Lehrerinnen und Lehrer Basel eigentlich hat.
Rund 2700 Lehr- und pädagogische Fachpersonen haben sich am Mittwoch in der St.
Jakobshalle zur Gesamtkonferenz der Kantonalen Schulkonferenz versammelt. Die
Sitzreihen waren besser besetzt als bei so manchem Rockkonzert.
Nach den
obligaten Grussworten und Abstimmungen, etwa über die Forderung, die externen Leistungschecks
abzuschaffen, begann der unterhaltsame Teil. Mit didaktischen
Hintergedanken natürlich, ganz standesgemäss. Auf die Bühne trat Eva Ullmann, Leiterin und Gründerin des Deutschen Instituts für Humor und ausserdem Autorin zahlreicher
Sachbücher. Sie wollte den Lehrerinnen und Lehrern näherbringen, weshalb sich
Humor ganz ausgezeichnet als «Lernbeschleuniger» eigne. Wir trafen Ullmann in
der Pause zu einem kurzen Gespräch über lustige und weniger lustige Lehrer.
Frau Ullmann, als wir in der Redaktion über Humor bei
Lehrern gesprochen haben, haben wir uns alle bloss an die etwas peinlichen
Witzchen des Französischlehrers erinnert.
Manche
Lehrer kommen mit ihrem Humor gut an bei den Kindern. Andere fragen sich
vielleicht weniger, ob ihre Spässe in der Klasse auf Gegenliebe stossen. Ich
sage zu den Lehrpersonen: «Fragt eure Schüler doch einmal direkt, was sie
lustig finden.» Humor im Unterricht lässt sich nicht nebenbei machen, sondern
sollte gezielt und überlegt eingesetzt werden.
Geht es beim Humor nicht auch eher um eine bestimmte Haltung statt um
Witzchen?
Humor kann
auch sein, die Schüler nach der Mittagspause mit einer Bewegungsübung wieder in
Schwung zu bringen. Oder beim Chemie-Referat einen Comic einzubauen, einfach um
den strengen Unterricht etwas aufzulockern.
Wie bringen Sie dem eingangs erwähnten Französischlehrer bei, dass
seine Witzchen nicht ankommen?
Ich
ermutigen ihn, einmal genau hinzugucken, ob jemand lacht, wenn er seine Witze
reisst. Ich will seinen Blick schärfen. Ist mein Humor konstruktiv oder
funktioniert der Witz über die Herabsetzung einer anderen Person? Übrigens
finde ich oft auch die Witze über Lehrer etwas unschön. Neulich war ich für
einen Workshop in einer Klinik, dort sagte jemand, «Lehrer ist kein Beruf, das
ist eine Diagnose.» Ein abwertend aggressiver Humor ist einem offenen Umgang
untereinander bestimmt nicht zuträglich.
Sie bezeichnen Humor als einen «Lernbeschleuniger». Wie funktioniert
das?
Wenn sich
Schüler überhaupt nicht für ein Thema interessieren, kann Humor als eine Art
Haken dienen. Die Schüler bleiben hängen, statt dass sie die Stunde teilnahmslos
aussitzen. Es gibt ein Dutzend guter Studien, die nachweisen, dass Inhalte, die
mit Humor kombiniert werden, länger in Erinnerung bleiben. Humor kann also auch
nützlich sein für Lehrkräfte, die sich darüber nerven, die gleichen
Zusammenhänge zehnmal erklären zu müssen. Wieso nicht einmal den Satz des
Pythagoras zusammen mit den Schülern im Raum physisch aufstellen?
Humor kann also ein didaktisches Mittel sein. Sollten die Kinder in der
Schule auch lernen, was guter, konstruktiver Humor ist und was nicht?
Wenn sich
der Lehrer darüber ärgert, dass seine Schüler Mario Barth mögen, er aber mehr
der Loriot-Typ ist, rate ich zu Gelassenheit. Ich erwarte von einem Pädagogen,
dass er unterschiedliche Humor-Niveaus genauso akzeptiert wie unterschiedliche
Schülertypen.
Ist es nicht trotzdem die Aufgabe des Lehrers, zu sagen: «Guckt mal,
liebe Schüler, rassistische Witze sind jetzt nicht so lustig»?
Eine
Lehrperson ist immer auch eine Person mit Werten. Eine Art Vorbild für die
verschiedensten Aspekte des Lebens, für soziale Beziehungen. Mir geht es darum,
zu schauen, wo sich der Humor dazu eignet, diese Werte zu unterstreichen oder
umzusetzen.
Die Kinder sind die eine Zielgruppe der Lehrer. Wie sieht es
mit Humor gegenüber den Eltern aus?
Gerade in
der Beziehung mit den Eltern kann liebevoller, wertschätzender Humor vieles
bewirken. Wenn es der Lehrperson etwa gelingt, in einem Elterngespräch eine
gereizte Stimmung zu spüren und diese über eine humorvolle Übertreibung zu
benennen, kann das bereits zu einer Entspannung führen und so den weiteren
Verlauf des Gesprächs positiv beeinflussen. «Ah, Sie freuen sich schon total
auf das Elterngespräch, ich sehe es Ihnen an.» Generell kann Humor dabei
helfen, einen Konflikt zu entschärfen.
Zum Beispiel?
Ich hatte
diesen Fall einer Gesamtschule, wo die Mädchen sich einen Spass daraus machten,
sämtliche Spiegel mit ihren geschminkten Mündern abzuküssen, sodass rote
Lippenabdrücke zurückblieben. Die Schulleitung hat nach mehreren erfolglosen
Mahnungen die Mädchen in der Toilette versammelt und der Hausmeister hat vor
allen den Lappen in die Toilette getaucht und die Spiegel damit abgewischt.
Danach hat die Spiegelküsserei sofort aufgehört. Das kann man lustig finden
oder nicht, aber es ist auf jeden Fall eine überraschende und zielführende
Idee.
Ich würden Ihnen gerne einige Situationen schildern und Sie bitten,
diese humorvoll zu entschärfen. Einverstanden?
Klar.
Einem Kind passiert vor der Klasse ein peinliches Missgeschick, die
Mitschüler beginnen sich darüber lustig zu machen.
In solchen
Situationen ist die positive, heldenhafte Umdeutung recht erfolgreich. Wenn
einem Kind ständig etwas runterfällt, dann sagt die Lehrerin beispielsweise:
«Sebastian testet gerne die Schwerkraft. Es ist wichtig, dass physikalische
Gesetze regelmässig überprüft werden.» Oder auch: «Sebastian ist gut darin,
Dinge loszulassen. Viele müssen das erst üben, er kann es einfach so.» Es muss
auf jeden Fall darum gehen, das Kind, das grade beschämt ist, in seinem Status
anzuheben. So kann sich das Kind entspannen.
Als ich noch zur Schule ging, hatten wir in der 1. Klasse genau ein
ausländisches Kind, einen Elsässer. Ich kann mich noch erinnern, dass von uns
niemand «neben dem Franzosen» sitzen wollte.
Auch da
würde ich wieder über eine Stärkung gehen. Franzosen sind total gut im Flirten
und backen gutes Brot, vielleicht kann man sich von ihm also was abschauen. Das
kann durchaus auch über Klischees funktionieren, solange die Grundhaltung
liebevoll ist.
In der Klasse ergibt sich eine ungute Dynamik, einzelne Kinder werden
ständig gehänselt, ausgegrenzt, gemobbt.
Wenn man
von Mobbing spricht, ist in der Regel schon viel passiert. Sprich: Die
Eskalation hat bereits stattgefunden. Das ist eine Situation, der mit Klarheit
und Ernsthaftigkeit begegnet werden sollte. Humor ist zumindest im ersten
Moment nicht das geeignete Mittel. Hier kann Spannung rausgenommen werden,
indem man die beiden Parteien an Gemeinsamkeiten und schöne gemeinsame
Erlebnisse erinnert.
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