Warum wird man Lehrer oder
Lehrerin? Ist es das besondere Flair für Pädagogik und Didaktik? Ist es die
Begeisterung für das eigene Fachgebiet, die man weitergeben möchte? Ist es die
Freude am Umgang mit Kindern und Jugendlichen? Sicher all das. Und eine Portion
Idealismus: Lehrerinnen und Lehrer wollen wirken und bewirken, Zustände
verbessern, Zukunft gestalten. Ohne solchen Idealismus wäre der Beruf nur halb
so schön und wären viele Lehrer nur halb so gut.
Propaganda hat in der Schule nichts zu suchen, NZZ, 31.8. von Michael Schoenenberger
Allerdings: Weil die Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche
stets möglich ist, sind gleichzeitig ein grosses Verantwortungsgefühl und hohe
ethische Standards zwingend. Gerade bei Geschichts-, aber auch bei
Deutschlehrern ist der Einflussbereich gross. Themen können ausgiebig
behandelt, nur gestreift oder ausgelassen werden. Der Geschichtsunterricht wird
ständig begrenzt, die Unterrichtszeit wird für vermeintlich Wichtigeres
verwendet. Lehrer setzen Schwerpunkte so oder anders – oder nicht. Sie können
im Unterricht Wertungen vornehmen, anleiten, kommentieren. Sie wählen Bücher
aus oder nicht. Der Grat zwischen Einflussnahme, Steuerung, Meinungsmache bis
hin zur Manipulation auf der einen Seite und der Stärkung von Wissen und dem
unabhängigen und differenzierten Denken auf der anderen Seite ist schmal.
Gute Lehrerinnen und Lehrer wissen das. Sie achten darauf, den
Kindern und Jugendlichen alle Aspekte offenzulegen, sie nicht zu
indoktrinieren, sondern zu kritischen und urteilsfähigen Erwachsenen
heranzubilden.
Umso störender ist es, wenn Lehrmittel in bestimmten
Themengebieten jegliche Ausgewogenheit vermissen lassen. So wie das beim neuen
Lehrmittel «Gesellschaften im Wandel» der Fall ist, das von «ausgewiesenen»
Fachleuten ganz nach den Regeln der Kunst und kompatibel mit dem Lehrplan 21
entwickelt worden ist. Der Blick ins Lehrmittel offenbart ganz anderes. Frei
nach dem Motto «Wer ernten will, muss säen» werden den jungen Menschen in
diesem Lehrmittel ideologische und politische Glaubenssätze vermittelt, die nur
eines zum Ziel haben können: den Nachwuchs auf die links-grüne politische Linie
zu bringen. Das ist Anleitung zum «richtigen Denken» und ein Vergehen an der
Bildung im humanistischen Sinne. Solche Lehrmittel gehören überarbeitet oder
noch besser: aus dem Verkehr gezogen.
Nun wird leider mit aller Deutlichkeit ein wichtiges Dilemma
offensichtlich. Es klingt gut, nach mehr politischer Bildung an der Volksschule
zu rufen. Die Umsetzung ist wesentlich heikler. Was genau ist politische
Bildung? Dazu gibt es zwar Literatur, und Fachleute können beredt Auskunft
geben. Wenn man sie reden hört, scheint alles ganz harmlos und unproblematisch
zu sein. Dann aber entstehen Lehrmittel wie das genannte. Es zeigt sich: Zu
leicht kann solcher Unterricht propagandistisch unterfüttert werden.
Die Problematik reicht weiter: Das im Auftrag vom Bund und den
Kantonen agierende Kompetenz- und Dienstleistungszentrum für Bildung für
nachhaltige Entwicklung (BNE), kurz Education 21, hat eine politische
Schlagseite. Hier finden Schulen «Finanzhilfen für Schul- und Klassenprojekte
und Angebote von schulexternen Akteuren». Heute treten Vertreter von Greenpeace
in den Volksschulen auf. In Sekundarschulen verbreitet das Hilfswerk Caritas in
Projektwochen seine Thesen zum Thema Armut in der Schweiz. Grundsätzlich ist
dagegen nichts einzuwenden, wenn gleichzeitig die Gegenseite auch zu ihrem
Auftritt kommt. Sonst allerdings verkommt BNE zum Vehikel, das dazu dienen
soll, politische Überzeugungen und Ideologien in die Köpfe der Kinder zu hämmern.
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