Das Solothurner Verwaltungsgericht legt die Latte
hoch für «soziale Gründe» für den auswärtigen Schulbesuch.
Gericht lässt Eltern abblitzen: Man kann sich die Schule eben nicht aussuchen, Solothurner Zeitung, 6.8. von Urs Moser
Es braucht schon triftige Gründe, damit das
Bildungsdepartement den auswärtigen Schulbesuch in einer anderen als der
Wohngemeinde erlaubt. Ein tief sitzendes Misstrauen gegenüber Lehrkräften und
der Schulleitung vor Ort reicht nicht aus, wie eine Familie aus Solothurn
erfahren musste. Die Eltern gingen mit dem Begehren, ihre Tochter in Biberist
zur Schule gehen zu lassen, bis vor Verwaltungsgericht – und blitzten dort ab.
Hauptsächlich
wenn der Schulweg unverhältnismässig weit, beschwerlich oder gefährlich ist,
kann vom Grundsatz abgewichen werden, dass die Schulpflicht in der Wohngemeinde
zu erfüllen ist. Darum geht es aber im vorliegenden Fall nicht. Auch führen die
Eltern der Schülerin kein Geschäft in Biberist, was ebenfalls als Grund für die
Bewilligung eines auswärtigen Schulbesuchs infrage käme. Vielmehr würden wohl
am ehesten «gesundheitliche oder soziale Gründe» vorliegen, die laut
Vollzugsverordnung zum Volksschulgesetz ebenfalls einen «besonderen Fall im
Sinne des Gesetzes» darstellen können, der eine Sonderregelung erlaubt.
Das
Verwaltungsgericht vermochte aber wie die Schuldirektorin von Solothurn, die
Schulleiterin von Biberist und das Bildungsdepartement keine solchen Gründe zu
erkennen, wie seinem Urteil zu entnehmen ist. Ein schlechtes Einvernehmen
zwischen Eltern und Schulleitung in früheren Jahren und aufgrund einer
schwierigen Schulsituation mit einem anderen Kind würden keine sozialen Gründe
darstellen, die die einen auswärtigen Schulbesuch rechtfertigen könnten.
Vertrauen
in Schule verloren
Die
klagenden Eltern hatten nicht bloss ein schlechtes Einvernehmen, sondern ein
geradezu «zerrüttetes Verhältnis» zwischen ihnen und der Schulleitung in der
Solothurner Schützenmatt geltend gemacht, wo ihre Tochter ab neuem Schuljahr
die Oberstufe besuchen soll. Schon der ältere Bruder des Mädchens war dort zur
Schule gegangen. Und der leidet unter dem Asperger-Syndrom, einer autistischen
Störung.
Was
sie während der Zeit ihres Sohnes im Schützenmatt-Schulhaus erlebten,
beschreiben die Eltern in ihrer Beschwerde gegen das abgelehnte Gesuch um
auswärtigen Schulbesuch als Ignoranz, die sie das Vertrauen in eine künftige
Zusammenarbeit habe verlieren lassen. Es ist die Rede davon, dass ihre
Gesprächswünsche als unerwünschte Einmischung eingestuft worden seien, dass so
eine zeitlich frühe Diagnose verunmöglicht worden sei und dass eine Beschwerde
gegen die Schule gar nicht behandelt worden sei.
Man
wünsche sich für seine Tochter einen unbeschwerten Schulbeginn in der
Oberstufe. In der Schützenmatt seien «bei kleinstem Anlass» weitere Konflikte
programmiert, so die Befürchtung der Eltern. Ihre Tochter kenne natürlich die
Vorgeschichte mit ihrem älteren Bruder und wünsche sich, künftig die
Kreisschule Biberist/Lohn- Ammannsegg zu besuchen. Wie eine Freundin von ihr,
die in einem Aussenquartier von Biberist wohnt und die Primarschule in
Solothurn besuchte.
Letzteres
könne schon gar kein «sozialer Grund» für einen auswärtigen Schulbesuch sein,
so das Verwaltungsgericht. Schliesslich seien solche Freundschaften «doch
völlig normal und keine Ausnahmesituation».
Vorgeschichte
spielt keine Rolle
Vor
allem aber: Ob etwas an den Vorwürfen gegen die Schulleitung in Solothurn dran
ist, spielt für den zu beurteilenden Fall gar keine Rolle. Für Kinder mit
Asperger-Syndrom sei es in der Regelschule nicht einfach, sie würden
Unterstützung brauchen, und manchmal seien die Lehrkräfte vielleicht
überfordert, räumt das Verwaltungsgericht ein. Darum gehe es hier aber nicht,
sondern einzig um die jüngere Schwester des Jungen, der deswegen schlechte
Erfahrungen machte.
Sie
habe so weit ersichtlich keine Benachteiligung, Behinderung oder Krankheit zu
tragen. Auch ein zerrüttetes Verhältnis der Eltern zu Lehrpersonen, die
notabene nicht die sind, die ihre Tochter unterrichten werden, sei kein Grund
für einen auswärtigen Schulbesuch. Kurzum: Es sei kein Grund ersichtlich,
weshalb das Mädchen nicht die Schule an ihrem Wohnort besuchen sollte.
Den
Eltern bleibt neben der Angst um erneut eskalierende Konflikte eine Rechnung
über 600 Franken für die Verfahrenskosten. Das Urteil ist allerdings noch nicht
rechtskräftig, es datiert vom 20. Juli und kann inert 30 Tagen an das
Bundesgericht weitergezogen werden.
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