25. Mai 2018

Schulorganisatorisch top, pädagogisch ein Flop


Schulorganisatorisch top, pädagogisch ein Flop: So drastisch will die Volksschulamtschefin Marion Völger die Evaluationsergebnisse zum Schulversuch «Fokus starke Lernbeziehungen» nicht zusammengefasst haben. Immerhin vier von fünf Zielen des seit 2013 laufenden Versuchs seien erreicht worden, sagt sie.
Ein Schulversuch landet in der Sackgasse, NZZ, 25.5. von Walter Bernet


Im Schulversuch geht es darum, mehr Ruhe in die Klassenzimmer zu bringen durch eine Verringerung der Anzahl Lehrpersonen. In der Regel unterrichten in den 166 Klassen der 12 Versuchsschulen nur noch je zwei Lehrpersonen. Diese übernehmen auch Aufgaben der integrativen Förderung und des Unterrichts in Deutsch als Zweitsprache (DaZ).

Heilpädagogen und DaZ-Lehrpersonen kommen nur noch Beratungsaufgaben zu.
Jetzt liegen die Ergebnisse der Evaluation des Versuchs durch die Universität Zürich vor. Sie sind eher ernüchternd. Das gilt namentlich für die Auswertung der Schülerbefragung: Die Beziehung zur Lehrperson, das Lernklima, die wahrgenommene Förderung und die Klassenführung entwickeln sich danach «ungünstiger als in vergleichbaren Klassen». Die namengebende Stärkung der Lernbeziehungen wird also nicht erreicht.

Positiver nehmen die Lehrkräfte den Schulversuch wahr. Die Entlastung von Koordinationsaufwand, die Vereinfachung der Schulorganisation und die Weiterentwicklung des integrativen Unterrichts werden positiv gewürdigt. Aber nicht alle Heilpädagoginnen und DaZ-Lehrkräfte schätzen ihre nur noch beratende Funktion.

Kritisch fällt denn auch die Reaktion des Lehrerverbands ZLV aus, der eine radikale Anpassung des Versuchs fordert. Dieser laufe noch bis im Juli 2022 und dürfte nicht mehr verlängert werden, sagt Völger. Entscheiden müsse aber der Regierungsrat. Geprüft werde, die positiven Ergebnisse – etwa beim Umlagern von Ressourcen ins Team-Teaching und in der Schulorganisation – über den Versuch hinaus für alle Schulen zugänglich zu machen, sagt die Volksschulamtschefin.

Das negative Ergebnis der Schülerbefragung zu den Lernbeziehungen habe alle überrascht. Das Volksschulamt werde darauf reagieren, sagt Völger. Zuerst müsse man aber die Ursachen analysieren. So hapert es noch bei der Rollenverteilung im gestärkten Team-Teaching. Vorgesehen sei, die schulischen Heilpädagoginnen in Einzelfällen direkt mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten zu lassen. Für eine Unterrichtsentwicklung wie die vorliegende müsse man ein Jahrzehnt einrechnen, sagt Völger. Die Versuchsschulen sollen jetzt die Möglichkeit haben, Mängel noch zu korrigieren.


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