Ist
eine Fremdsprache genug auf der Primarstufe? Darüber entscheiden wir am 10.
Juni an der Urne. In der aktuell geführten FremdsprachenDiskussion gibt es
unterschiedliche Argumentationsweisen. Die einen sagen: «Je früher man mit
Sprachenlernen beginnt, je besser erlernt man diese.» Die Gegenseite
argumentiert: «Was man als Kind noch nicht gelernt hat, lernt man später um so
schneller.» Beide Seiten versuchen, ihre Sichtweise mit unterschiedlichen
Studien zu untermauern. Derzeit gibt es keine eindeutigen empirischen Belege,
die eine Überforderung der Schülerinnen mit dem aktuell geltenden System mit
zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe ausweisen.
Baselland riskiert, isoliert zu werden, Basellandschaftliche Zeitung, 17.5. von Lukas Flüeler
Primarschulkinder werden mit
zwei Fremdsprachen (und das ist auch meine Erfahrung) im Allgemeinen nicht
überfordert. Es gibt aber, wie in allen andeI ren Schulfächern auch,
überforderte Kinder. Wichtig dabei ist für mich als Lehrer, jene Kinder, die
überfordert sind, richtig zu fördern, das heisst, einen förderorientierten
Fremdsprachenunterricht zu machen. Der Unterricht in einer Klasse darf sich
aber nicht einzig an den lernschwachen Schülerinnen und Schüler in einem Fach
ausrichten.
Auch werden wir Primarlehrpersonen immer wieder mit der Aussage
konfrontiert, dass unsere Schülerinnen und Schüler nichts können, wenn sie in
die Sekundarschule kommen. Dagegen wehren wir uns. Es sind die Erwartungen an
das, was die Schülerinnen und Schüler denn heute nach der Umstellung auf
Passepartout können, die falsch sind. Es gibt einiges, was unsere Schülerinnen
und Schüler mit dem neuen Fremdsprachenkonzept inzwischen viel besser können
als noch zu früheren Zeiten. Dazu gehört unter anderem das freie Sprechen und
das Hörverstehen. Grammatik und Rechtschreibung hat zu Beginn des
Fremdsprachenlernens an Bedeutung verloren und dies führt zu den falschen
Erwartungen an das Können unserer Schülerinnen und Schüler.
Es gibt berechtigte
Kritik am Lehrmittel «Milles feuilles» und die angesprochenen Mängel gilt es
nun umgehend zu beheben. Dies alles stellt für mich keinen Grund dar, um aus
Harmos auszusteigen. Auch wenn ich gewisse Sympathien für das Argument haben,
auf der Primarstufe mit nur einer Fremdsprache etwas mehr Zeit für andere
Fächer zu erhalten. Mehr Zeit für andere Fächer können wir Lehrpersonen immer
gebrauchen. Ein wirklicher Nachteil mit nur einer Fremdsprache entsteht für
unsere Schülerinnen aus einem ganz anderen Grund. Es gilt in unserer immer
mobileren Welt auch darauf zu achten, dass unseren Schülern alle Möglichkeiten
für ihre Zukunft offenstehen. Der Kanton Baselland riskiert mit dem Abschaffen
der zweiten Fremdsprache eine isolierte Position im deutschschweizerischen
Bildungsraum. Die Baselbieter Schüler würden dadurch auch hinsichtlich ihrer
Zukunftschancen massiv benachteiligt und die interkantonale Mobilität für
Familien wäre nicht mehr im gleichen Masse gewährleistet.
Als Co-Präsident der
Primarlehrerkonferenz ist es mir zudem ein Anliegen, endlich wieder Ruhe in
unser Bildungssystem zu bekommen. Zehn Jahre Reformen haben uns Lehrpersonen
extrem gefordert und zeitweise belastet. Darum stimme ich am 10. Juni Nein zur
Vorlage «Stopp der Überforderung von Schüler/-innen: Eine Fremdsprache auf
der Primarstufe genügt».
"Es gibt einiges, was unsere Schülerinnen und Schüler mit dem neuen Fremdsprachenkonzept inzwischen viel besser können als noch zu früheren Zeiten. Dazu gehört unter anderem das freie Sprechen und das Hörverstehen."
AntwortenLöschenWenn man den Wahrheitsgehalt dieser Aussage überprüfen wollte, müsste man die Kenntnisse der Schüler nach altem Lehrgang mit denjenigen mit neuem Lehrgang vergleichen. Solche Vergleiche hat man wohlwissend vermieden. Wenn man aber die Kenntnisse am Ende der Schulzeit anschaut, dann stellt man fest, dass die vielen Jahre Primarfremdsprachen sehr wenig gebracht haben.
Ausserdem ist die Aussage "Früher ist besser" schlicht und einfach falsch. Es gibt keinen Hinweis, dass dies stimmen könnte.
Schliesslich noch das Argument der Mobilität: Die bestehende Regelung sorgt ja auch nicht für Mobilität. Herr Flüeler ist offenbar zufrieden, wenn überall gleich schlecht gelernt wird. Da hat er dann seine Ruhe.