An vielen Schulen ist die Nutzung von
Smartphones streng reguliert, wie eine Umfrage unserer Zeitung zeigt. Ist das
noch zeitgemäss? An den Gymnasien gibt es Zweifel, an den Volksschulen weniger.
Handyverbote an Schulen sind umstritten, Obwaldner Zeitung, 7.4. von Franziska Herger
Vornübergebeugte Kinder und Teenager, ihrer Umwelt entrückt, die Augen
gebannt am Bildschirm eines Smartphones klebend – ein bekanntes Bild in vielen
Familien und nach den Ferien bald auch wieder auf Pausenplätzen, sollte man
meinen. Doch eine Umfrage unserer Zeitung in Ob- und Nidwalden zeigt: Obwohl in
sämtlichen befragten Schulen Kurse über den richtigen Umgang mit Smartphones,
Internet und sozialen Medien abgehalten oder die Themen gleich in den
Unterricht eingebaut werden, haben sich viele Schulen zusätzlich für ein
totales oder zeitweises Handyverbot entschieden.
So etwa an den Gemeindeschulen Engelberg, wo das Handyverbot auf der
Primarstufe vor über zehn Jahren eingeführt wurde. Seit drei Jahren gilt es
auch auf der Oberstufe. Hintergrund seien Fälle von Sexting (Versenden intimer
Bilder per Chat oder SMS) und Mobbing mittels Chats und sozialer Medien
gewesen, sagt Schulleiter Joe Kretz. «Das kam zwar nicht gehäuft vor, aber wenn
es in der Schule geschieht, ist diese automatisch involviert.»
Werde das Handy in die Freizeit verbannt, seien solche Fälle dagegen
ausschliesslich Sache der Eltern. In den ersten Jahren hätte ab und zu ein
Handy wegen eines Regelverstosses konfisziert werden müssen, so Kretz. «Das
Kind musste es dann abends mit einem Elternteil abholen. Peinlich, aber
wirksam.» Heute sei das kaum mehr nötig.
Vom totalen Verbot
zur (fast) freien WLAN-Nutzung
Die Lungerer Schulleiterin Annelise Zimmermann findet, Schüler sollten
in den Pausen «miteinander etwas machen», statt sich gegenseitig SMS und
Snapchat-Nachrichten zu schreiben. Wie in Engelberg sind daher auch in Lungern
Handys während der Schulzeit tabu. «Ausnahmen sind aber zulässig, etwa wenn ein
Oberstufenschüler für einen potenziellen Lehrbetrieb erreichbar sein muss»,
erklärt Zimmermann. Eine der strengsten Regelungen hat die Stiftsschule Engelberg.
Schülern, die gegen das Handyverbot während des Unterrichts (und für die
jüngeren Schüler auch während der Pausen) verstossen, wird das Smartphone bis
zu 48 Stunden entzogen. Das werde von den Eltern mitgetragen, sagt Prorektor
Tobias Barmettler auf Anfrage.
Die Kantonsschule Obwalden in Sarnen kennt dagegen das Handyverbot nur
im Unterricht. Wer es trotzdem benutzt, muss für ein Putzämtli antraben. «In
den Pausen dürfen die Schüler dagegen unser WLAN nutzen», sagt Rektor Patrick
Meile. Die Schüler unterschreiben vor Schulantritt Richtlinien, wonach sie
gewisse Seiten, etwa gewaltverherrlichende oder pornografische, nicht besuchen
dürfen.
Bei jedem Läuten
der Blick aufs Handy
«Wir versuchen, den Schülern den richtigen Umgang mit dem Internet und
den sozialen Medien beizubringen und appellieren an Informationsabenden auch an
die Verantwortung der Eltern», so Meile. «Ein komplettes Verbot wäre
realitätsfremd.»
In Nidwalden gibt es – gleich wie in Obwalden – keine kantonale Regelung
zur Handynutzung in der Schule. Die Richtlinie «Problemfall Handy» aus dem Jahr
2012 empfiehlt Schulen jedoch, die Handynutzung in der Schulhausordnung zu
regeln. Das ist etwa in Buochs geschehen. Auf der Primarstufe war die
Handynutzung schon immer verboten. Seit 2016 müssen elektronische Geräte auch
für Oberstufenschüler «während Schulzeit und Pausen auf dem Schulareal
vollständig ausgeschaltet und nicht sichtbar sein». Eine Reaktion auf einen
unbefriedigenden Zustand, sagt Schulleiter Piero Indelicato. «Wir mussten
feststellen, dass bei jedem Läuten für die Fünf-Minuten-Pausen zum
Zimmerwechseln viele Schüler sofort aufs Handy starrten. Das wirkte störend.»
Die Umstellung sei für die Schüler anfänglich schwierig gewesen, so Indelicato.
«Doch inzwischen ist das für alle völlig normal und akzeptiert.»
Am Kollegi Stans
sind sich die Lehrer uneinig
Ähnlich ist es in Hergiswil, wo Oberstufenschüler das Handy während der
Schulzeit abgeben und Primarschüler es zumindest ausschalten müssen. «Die
Schüler sind weniger abgelenkt, weniger nervös», sagt Gesamtschulleiter Peter
Baumann. Und wiederholt Joe Kretz’ Erfahrung: «Phänomene wie beleidigende und
mobbende Chatnachrichten und Filmchen verschieben sich in die Freizeit.» Nicht
ganz einig über die Wirksamkeit des Handyverbots ist man sich dagegen im
Kollegi Stans. Die Regelung, wonach Smartphones jeweils morgens für Erst- bis
Drittklässler verboten sind, werde gerade überdacht, sagt Rektor Patrik
Eigenmann.
Zwar hätten sich die Schüler gut daran gewöhnt. Doch teilweise bräuchten
sie die Smartphones für ihre Tages- und Arbeitsorganisation. Zudem sei die
Durchsetzung unpraktisch. «Ein Lehrer sieht in den Pausen nicht jedem Schüler
sofort an, ob er ins Untergymnasium geht», so Eigenmann. Wie weiter? «In der
Lehrerschaft gibt es Stimmen, die das Verbot aufheben wollen, andere wären
gleich für eine handyfreie Schule», sagt der Rektor. Bald soll die Entscheidung
für das nächste Schuljahr fallen. Eigenmann kann sich etwa vorstellen,
handyfreie Wochen abzuhalten. «Damit die Schüler wieder einmal fühlen, wie es
ohne ist.» Persönlich sei er gegen ein komplettes Verbot. «Damit greift man in
eine Lebenswelt ein, in der die Jungen nun mal stecken.»
Engelberg denkt
über Abschaffung nach
Und auch in Engelberg will man neue Wege gehen und denkt über eine
Abschaffung des Handyverbots nach. «Schüler sollen künftig ihre eigenen
elektronischen Geräte für die Schularbeit im Unterricht mitnehmen», erklärt Joe
Kretz. «Kinder, die keine haben, erhalten eines von der Schule», skizziert er
die Pläne, die jedoch noch nicht spruchreif seien. «Aber in der Pause lassen
auch künftig alle ihre Geräte im Schulzimmer.»
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