Otto Käppeli ist einer von 21
Pensionären, welche ihr Wissen an Primarschüler weitergeben. Seit 12 Jahren
engagiert sich der 78-Jährige an der Schule. Die Kinder schätzen ihn – und auch
er selber profitiert vom Angebot.
Otto Käppeli im Klassenzimmer. Bild: Dominik Wunderli
Senioren bringen frischen Wind ins Klassenzimmer, Luzerner Zeitung, 31.3. von Natalie Ehrenzweig
«So, jetzt korrigieren wir das zusammen», sagt Otto Käppeli zu Alexander
(7). Gemeinsam mit dem Primarschüler kontrolliert Käppeli, ob der Junge die
Zahlen bis 20 richtig rückwärts aufgezählt hat. Doch Otto Käppeli ist nicht
etwa Alexanders Lehrer im Schulhaus Gabeldingen in Kriens. Der 78-Jährige
engagiert sich bei «Senioren im Klassenzimmer», und das schon seit Beginn des
Projekts vor 12 Jahren. «Alle zwei Wochen unterstützt mich Herr Käppeli zwei,
drei Stunden im Unterricht. Mir wurde damals das Angebot gemacht und ich habe
sofort die Gelegenheit wahrgenommen», sagt Lehrerin Judith Zwahlen.
Bei «Senioren im Klassenzimmer» geht es darum, Wissen und Erfahrung der
älteren Menschen sinnvoll im Unterricht einzusetzen. Von Kriens, wo 21 Personen
engagiert sind, hat sich die Idee zur kantonalen Institution mit über 220
Pensionierten entwickelt. Im vergangenen November hat die Gemeinde den Senioren
und Seniorinnen sogar den Anerkennungspreis für gute Jugendarbeit verliehen,
der mit 3000 Franken dotiert ist.
«Ich fühle mich
gebraucht»
«Ich mache diese ehrenamtliche Arbeit sehr gern. Ich fühle mich
gebraucht», sagt Otto Käppeli. Die Kinder wachsen ihm in den zwei Jahren
jeweils schon ein wenig ans Herz, aber er habe sich daran gewöhnt, dass sie
dann in die dritte Klasse wechseln, wo er nicht mehr zugegen ist. «Manchmal
sehe ich die Kinder oder ihre Eltern im Dorf, das freut mich dann», erzählt der
ehemalige technische Angestellte.
Judith Zwahlen folgt dem Konzept des offenen Unterrichts, bei dem die
Schüler zu festgelegten Zeiten selbstständig an ihren Aufgaben arbeiten. Jedes
Kind weiss, was es zu tun hat – die einen lesen, die anderen lösen
Matheaufgaben oder kleben Bilder ins Arbeitsheft. Im angrenzenden Raum hilft
Käppeli beim Ausfüllen des Zahlenblatts. Ein Kind ums andere wird von ihm
betreut. «Ich finde es sehr gut, dass Herr Käppeli hier ist. Er hilft uns, wenn
wir Fehler machen, und er kann gut erklären. Ausserdem ist er sehr nett. Ich
freue mich, wenn er kommt», sagt Alexander, als er seine Aufgabe gelöst hat.
Auch Pia (8) kommt bei Otto Käppeli vorbei, obwohl sie eigentlich lesen
müsste. Dass die Kinder die Anwesenheit des Seniors schätzen, wird deutlich.
«Herr Käppeli ist lieb. Er hat mit uns zum Beispiel Laternen mit
Kartoffelstempel gemacht. Und er kann gut rechnen. Es wäre richtig schade, wenn
er nicht mehr zu uns kommen würde.»
«Schule ist sehr
anders als früher»
Als Otto Käppeli anfing, Judith Zwahlen im Unterricht zu unterstützen,
musste er sich zunächst an die heutige Schule gewöhnen. «Das ist schon sehr
anders als früher. Wir waren damals 54 Schüler in der ersten Klasse, heute sind
es 20. Bei uns war Disziplin sehr wichtig, der Lehrer hatte immer recht. Und
wenn man sich daheim über den Lehrer beklagte, bekam man nochmals Ärger»,
erinnert sich der 78-Jährige. Wer sich nicht benahm, konnte wählen, ob er eine
«Tatze» bekommen oder eine Strafaufgabe schreiben wollte: «Die Mädchen
schrieben die Strafaufgabe, die Buben wählten die ‹Tatze›», meint Otto Käppeli
lachend, bevor er mit dem nächsten Kind das Übungsblatt zu den Zahlen anschaut.
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