19. April 2018

Englisch-Evaluation in Graubünden

Sämtliche Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I brüteten letzten Sommer über Englischaufgaben. Die 2. Klassen der Real- und Sekundarschulen mussten englische Texte lesen, verstehen und selber schreiben. Sie unterhielten sich in Englisch und hatten Grammatikaufgaben zu lösen. Bei insgesamt 1497 Schülerinnenund Schülern im ganzen Kanton wurde nach rund vier Jahren Englischunterrichtgetestet, wie gut sie die Sprache können.
Yes! In Englisch bekommen Bündner Klassen eine Sechs, Südostschweiz, 19.4. von Ursina Straub

Jetzt liegt das Ergebnis dieser sogenannten Lernstandserhebung vor. Es lautet: Der Englischunterricht in Graubünden ist erfolgreich. «Ich bin hocherfreut über die guten Resultate der Bündner Schülerinnen und Schüler», sagt Bildungsminister Martin Jäger. Ihm sei ein Stein vom Herzen gefallen, als er den Befund der Erhebung erhalten habe.

Mit gutem Grund: Mit dieser Bewertung sollte nämlich überprüft werden, ob es ein guter Entscheid war, Englisch in Graubünden erst als zweite Sprache ab der 5. Klasse zu unterrichten. Und nicht wie in anderen Kantonen als erste Fremdsprache ab der 3. Klasse. Bereits vor zehn Jahren hatte der Grosse Rat der Regierung den Auftrag erteilt, den Erfolg der Englischklassen nach der Einführung zu überprüfen.

Fremdsprachige sind besser
Nun wurden also die ersten Klassen bewertet – mit teils erstaunlichen Ergebnissen. So zeigt der Bericht auf, dass fremdsprachige Schülerinnen und Schüler in allen Bereichen besser abschlossen. «Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder, die daheim nicht die Schulsprache sprechen, erreichten also bessere Resultate», erklärt Jäger. Damit hätten sich die Bedenken als unbegründet erwiesen, dass Kinder überfordert seien, wenn sie bereits in der Primarschule eine Fremdsprache lernten. «Mit der Erhebung ist jetzt empirisch ermittelt worden, dass Kinder auch mit einer zweiten Fremdsprache nicht überfordert sind», sagt Jäger.

Schüler übertreffen die Vorgaben
Ein anderer überraschender Schluss ist, dass einzelne Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf die Anforderungen des Englisch-Lehrplans erfüllen oder sogar übertreffen.

Und schliesslich zeigt die Studie auf, dass es einerlei ist, ob die Kinder in grossen Klassen unterrichtet werden oder in kleinen Klassen mit mehreren Schulstufen sitzen.

Gesamthaft kommt die Studie zum Schluss, dass die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler die Vorgaben des Lehrplans erfüllt. «Das ist erfreulich, wenn man bedenkt, dass in einigen Kantonen mehr Lektionen für den Englischunterricht eingesetzt werden», heisst es im Bericht.

Kleinere Unterschiede gibt es aber doch: So wurde deutlich,dass deutschund romanischsprachige Schülerinnen und Schüler etwa gleich gut sind. Italienischsprachige Schüler schliessen aber etwas schlechter ab, wenn es darum geht, einen Text übers Hören zu verstehen. «Das erstaunt wenig», meint dazu Jäger. «Denn im italienischen Sprachraum ist Englisch weniger präsent.»

Knaben fallen etwas ab
Wenig erstaunlich ist auch, dass die soziale Herkunft und das Geschlecht einen Einfluss auf das Schlussresultat haben.Das ist offenbar bereits aus anderen Studien bekannt. So schlossen Schülerinnen und Schüler besser ab, je privilegierter sie aufwuchsen. Und Knaben erreichten im Schreiben und in der Grammatik tendenziell weniger Punkte.

Durchgeführt wurde die Lernstandserhebung vom Institut für Bildungserhebung der Universität Zürich. Die Testaufgaben wurden gemeinsam mit Bündner Lehrkräften und Experten für das Testen von Fremdsprachen entwickelt.

Trotz umstrittenem Lehrmittel
Erstaunlich am Befund ist nicht zuletzt ein weiterer Aspekt: Das Englischlehrmittel «New World» ist nämlich seit seiner Einführung vor sechs Jahren bei den Oberstufenlehrkräften umstritten (Ausgabe vom 7.April). Das Lehrmittel habe hauptsächlich bei der Einführung für Kritik gesorgt, räumt Jäger ein. «Heute sind die kritischen Stimmen aber praktisch verstummt.» Zudem würden einige Lehrpersonen neben dem Lehrmittel «New World» auch weitere Materialien nutzen, so Jäger.


Die guten Resultate der Englischschülerinnen und -schüler seien auf den guten Unterricht zurückzuführen, sagt Jäger. Den Bündner Lehrpersonen stellt er denn auch ein gutes Zeugnis aus: «Im Durchschnitt haben sie sicher alle eine Sechs verdient», findet der Bildungsminister.

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