12. März 2018

Nein zur Abschaffung des Bildungsrats

FDP-Präsident Paul Hofer behauptete im Landrat, das Baselbiet habe seinen Bildungsrat Kaiser Napoleon zu verdanken – obwohl dieser zwölf Jahre vor der Gründung des Kantons Baselland gestorben war. Nein, kein fremder Fürst, sondern Kantonsgründer Stephan Gutzwiller, ein Freisinniger im besten Wortsinn, hatte sich für die Schaffung eines Erziehungsrats – so hiess das Gremium ursprünglich – starkgemacht und ihn als Erster präsidiert. Gutzwiller hatte die grosse Bedeutung der Bildung erkannt. 
Nein zur Abschaffung des Bildungsrats, Basellandschaftliche Zeitung, 12.3. von Roger von Wartburg


Der Kanton Luzern schaffte seinen Erziehungsrat 1999 ab. Seither schickt man die Schülerschaft in zusätzliche Zwangsferien, um Kosten einzusparen. Ist es diese Form von Abbaufreiheit, welche die Baselbieter Motionäre anstreben, wenn sie tatsachenwidrig beklagen, der Bildungsrat könne die Budgethoheit des Landrats aushebeln? 

Der Entscheidungskompetenz des Bildungsrats sind enge Grenzen gesetzt: Er beschliesst die obligatorischen Lehrmittel der Volksschule, die Stufenlehrpläne und Stundentafeln. Da er jedoch keine Budgetkompetenz hat, muss er sich an die von der Regierung gesetzten Budgetvorgaben halten und kann keinesfalls Stundentafeln mit beliebiger Kostenfolge erlassen. 

Absurd ist es, den Bildungsrat für alle umstrittenen bildungspolitischen Entwicklungen verantwortlich machen zu wollen. So hatte das Stimmvolk Ja gesagt zum Harmos-Konkordat und damit zu harmonisierten Lehrplänen. Entsprechend wies der Bildungsrat den Lehrplan 21 für den Kanton Baselland nicht kategorisch zurück, sondern setzte sich für eine pragmatische kantonale Ausgestaltung desselben ein. Dank Niveaudifferenzierung und inhaltlichen Jahreszielen für die Sek I sowie dem Auftrag nach einem geklärten Übergang zwischen Kindergarten und Primarschule ist Baselland hier klar besser aufgestellt als andere Kantone. 

Auch den Entscheid, sich am Fremdsprachenprojekt «Passepartout» zu beteiligen, hat nicht der Bildungsrat, sondern der Landrat gefällt, und dies deutlich mit 49:29 Stimmen. Der Landrat sprach 12,5 Millionen Franken an Ressourcen dafür – mit Zustimmung von Mitgliedern, die sich heute vehement von «Passepartout» distanzieren. Rückblickend lässt sich feststellen, dass Mehrheiten in Bildungsrat und Landrat gleichermassen den vollmundigen Versprechungen der Verantwortlichen erlegen waren. 

Würde man nun jedoch den Bildungsrat entmachten, nähme man ihm für alle Zeiten die Möglichkeit, auf fragwürdige Ideen aus der Bildungsdirektion zu reagieren. Ob die bürgerlichen Bildungsratsgegner sich schon einmal überlegt haben, was das für sie hiesse, sollte die Bildungsdirektion dereinst wieder der Linken zugeschlagen werden? 

Von seiner Möglichkeit, die Bildungsdirektion zu übersteuern, hat der Bildungsrat zuletzt Gebrauch gemacht, als er es ablehnte, die Gültigkeit der Übergangs-Stundentafel Sek I zu verlängern. Das beschleunigte die Erstellung der Lehrpläne, weshalb wir ab Schuljahr 2018/19 eine konsolidierte und bessere Lösung haben. Ein «Beirat Bildung» ohne Entscheidungskompetenz hätte das nicht vermocht. 

Die laufende Debatte verstellt den Blick aufs Ganze: Das Vermeiden von Machtballungen kennzeichnet die schweizerische Politik. Die Aufteilung der Befugnisse zwischen Bildungsdirektion und Bildungsrat entspricht diesem Gebot. Anstatt nach der Abschaffung des letzteren zu trachten, würden sich seine Gegner besser darum bemühen, selber in den Bildungsrat gewählt zu werden, um sich dort einzubringen. 

Ach ja, und wer wählt diesen Bildungsrat eigentlich? Niemand anderes als der Landrat …

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