FDP-Präsident
Paul Hofer behauptete im Landrat, das Baselbiet habe seinen Bildungsrat Kaiser
Napoleon zu verdanken – obwohl dieser zwölf Jahre vor der Gründung des Kantons
Baselland gestorben war. Nein, kein fremder Fürst, sondern Kantonsgründer
Stephan Gutzwiller, ein Freisinniger im besten Wortsinn, hatte sich für die
Schaffung eines Erziehungsrats – so hiess das Gremium ursprünglich –
starkgemacht und ihn als Erster präsidiert. Gutzwiller hatte die grosse
Bedeutung der Bildung erkannt.
Nein zur Abschaffung des Bildungsrats, Basellandschaftliche Zeitung, 12.3. von Roger von Wartburg
Der Kanton Luzern schaffte seinen Erziehungsrat
1999 ab. Seither schickt man die Schülerschaft in zusätzliche Zwangsferien, um
Kosten einzusparen. Ist es diese Form von Abbaufreiheit, welche die Baselbieter
Motionäre anstreben, wenn sie tatsachenwidrig beklagen, der Bildungsrat könne
die Budgethoheit des Landrats aushebeln?
Der Entscheidungskompetenz des
Bildungsrats sind enge Grenzen gesetzt: Er beschliesst die obligatorischen
Lehrmittel der Volksschule, die Stufenlehrpläne und Stundentafeln. Da er jedoch
keine Budgetkompetenz hat, muss er sich an die von der Regierung gesetzten
Budgetvorgaben halten und kann keinesfalls Stundentafeln mit beliebiger
Kostenfolge erlassen.
Absurd ist es, den Bildungsrat für alle umstrittenen
bildungspolitischen Entwicklungen verantwortlich machen zu wollen. So hatte das
Stimmvolk Ja gesagt zum Harmos-Konkordat und damit zu harmonisierten
Lehrplänen. Entsprechend wies der Bildungsrat den Lehrplan 21 für den Kanton
Baselland nicht kategorisch zurück, sondern setzte sich für eine pragmatische kantonale
Ausgestaltung desselben ein. Dank Niveaudifferenzierung und inhaltlichen
Jahreszielen für die Sek I sowie dem Auftrag nach einem geklärten Übergang
zwischen Kindergarten und Primarschule ist Baselland hier klar besser
aufgestellt als andere Kantone.
Auch den Entscheid, sich am
Fremdsprachenprojekt «Passepartout» zu beteiligen, hat nicht der Bildungsrat,
sondern der Landrat gefällt, und dies deutlich mit 49:29 Stimmen. Der Landrat
sprach 12,5 Millionen Franken an Ressourcen dafür – mit Zustimmung von Mitgliedern,
die sich heute vehement von «Passepartout» distanzieren. Rückblickend lässt
sich feststellen, dass Mehrheiten in Bildungsrat und Landrat gleichermassen den
vollmundigen Versprechungen der Verantwortlichen erlegen waren.
Würde man nun
jedoch den Bildungsrat entmachten, nähme man ihm für alle Zeiten die
Möglichkeit, auf fragwürdige Ideen aus der Bildungsdirektion zu reagieren. Ob
die bürgerlichen Bildungsratsgegner sich schon einmal überlegt haben, was das
für sie hiesse, sollte die Bildungsdirektion dereinst wieder der Linken
zugeschlagen werden?
Von seiner Möglichkeit, die Bildungsdirektion zu
übersteuern, hat der Bildungsrat zuletzt Gebrauch gemacht, als er es ablehnte,
die Gültigkeit der Übergangs-Stundentafel Sek I zu verlängern. Das beschleunigte
die Erstellung der Lehrpläne, weshalb wir ab Schuljahr 2018/19 eine
konsolidierte und bessere Lösung haben. Ein «Beirat Bildung» ohne
Entscheidungskompetenz hätte das nicht vermocht.
Die laufende Debatte verstellt
den Blick aufs Ganze: Das Vermeiden von Machtballungen kennzeichnet die
schweizerische Politik. Die Aufteilung der Befugnisse zwischen
Bildungsdirektion und Bildungsrat entspricht diesem Gebot. Anstatt nach der
Abschaffung des letzteren zu trachten, würden sich seine Gegner besser darum bemühen,
selber in den Bildungsrat gewählt zu werden, um sich dort einzubringen.
Ach ja,
und wer wählt diesen Bildungsrat eigentlich? Niemand anderes als der Landrat …
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