Sieben Gemeinden im Bezirk Zofingen setzen nach wie
vor auf Schüler als Papiersammler. Der Rest verzichtet darauf – vor allem wegen
der Sicherheit.
Papiersammeln: Gut für die Schulkasse, aber mit Risiko für die Kinder, Aargauer Zeitung, 1.2. von Caroline Kienberger und Emiliana Salvisberg
Ab nächstem Schuljahr gibt es in Strengelbach keine
Oberstufe mehr. Damit fällt auch die Papiersammlung durch die Oberstufenschüler
weg. «Für die Schule und den Gemeinderat war klar, dass die Sammlung durch die
Primarschüler keine Option ist», schreibt der Gemeinderat. Strengelbach prüfte
zunächst, ob eine Entsorgungsfirma die Arbeit übernehmen könnte.
«Der wirtschaftliche Ertrag ist jedoch bescheiden.»
Da für Altpapapier Tagespreise gelten, kommt es zudem zu erheblichen
Schwankungen. In den vergangenen sieben Jahren sei die Sammelmenge um rund 40
Prozent zurückgegangen. Die Entsorgungszentren in der Region hätten dazu
beigetragen. In Strengelbach können die Einwohner zudem die Sammelstelle beim
Werkhof nutzen.
Strengelbach ist nicht
einzige Gemeinde im Bezirk, die die Papiersammlung in dieser Form aufgibt. Eine
Umfrage zeigt: Rothrist, Oftringen, Murgenthal, Vordemwald,
Kirchleerau, Mooslerau, Uerkheim, Staffelbachund Wiliberg sind ebenfalls auf eine andere Lösung
umgestiegen. Brittnau wechselt dieses Jahr auf ein neues System; eine externe
Firma soll die Aufgabe übernehmen.
Die Schule Rothrist führt
seit 2013 keine Papiersammlungen mehr durch – dies aufgrund der hohen
Unfallgefahr (siehe links), so Stephanie Schoch, Sachbearbeiterin Abteilung
Planung und Bau der Gemeinde Rothrist. Die Papiersammlung werde heute durch die
gleiche Unternehmung, welche den Kehricht einsammelt, abgewickelt.
Finanziell ändere sich dadurch wenig: Die Schule
habe früher von der Gemeinde einen Pauschalbetrag pro Kilogramm erhalten,
welcher in etwa der Entschädigung des Altpapierverwerters entsprach. Mit dem
heutigen System halten sich die Kosten für das Einsammeln und die Entschädigung
etwa die Waage.
Werkdienst entlasten
Wegen den ständig sinkenden Sammelmengen hat Oftringen vor drei Jahren die Altpapier-Sammlung
zum Selbstkostenpreis an eine externe Firma übergeben. «Der Unterschied liegt
weniger im finanziellen Bereich.
Wichtiger ist die Entlastung des Werkdienstes für
dringendere Aufgaben», hält die Abteilung Bauen Planen Umwelt der Gemeinde
Oftringen fest. Ebenfalls seien die Sicherheitsbedenken der Lehrer und Eltern
berücksichtigt worden.
Murgenthal hat die
Papiersammlung durch die Schüler 2009 mit dem neuen Abfallkonzept abgeschafft
und durch eine monatliche Holsammlung, durchgeführt von einem
Transportunternehmer, ersetzt.
Damit wollte die Gemeinde die Gesamtmenge des
separat gesammelten Papiers erhöhen und erreichen, dass weniger Papier in der
Kehrichtverbrennung landet. Sicherheitsüberlegungen seien mit ein Grund gewesen
für die Umstellung.
Vordemwald verzichtet seit
der Inbetriebnahme der örtlichen Sammelstelle an der Gländstrasse auf eine
Papiersammlung durch Schüler. Dieses System erweise sich als wesentlich
effizienter.
In Zofingen, Aarburg, Safenwil,
Kölliken, Bottenwil, Reitnau und Attelwil sind dagegen noch die Schüler unterwegs.
In Zofingen an etwa neun Tagen pro Jahr. Auf den
meisten Touren sind die Klassen von der Bezirksschule und der SeReal zusammen
mit den Lehrpersonen unterwegs.
«Mitarbeiter des Werkhofs Zofingen sammeln aus
Sicherheitsgründen im Mühlethal sowie an Hanglagen mit motorisierten
Fahrzeugen», sagt Christoph Wälti, Leiter Werkhof Zofingen.
Mit der Aufhebung der Hauptsammelstelle und der
Auslagerung der Wertstoffsammlung an eine externe Firma seien die Mengen stark
gesunken, entsprechend auch die Einnahmen für die Schulen. Eine Umstellung ist
kein Thema, wurde aber schon diskutiert, da der Verkehr sehr zugenommen hat.
In der Gemeinde Aarburg liegt
die Organisation der Papier- und Kartonsammlung bei der Schule und steht unter
Lehreraufsicht. «Die Schule ist an den Sammlungen interessiert, weil sie die
Entschädigung zugunsten von Schulprojekten und Lagern einsetzen kann», sagt
Lars Bolliger, Leiter Bau Planung Umwelt der Gemeinde Aarburg.
Sammlungen durch das Bauamt würden nicht zur
Diskussion stehen, da die Ressourcen fehlen. Die Variante Entsorgungsstelle
wurde geprüft, aber verworfen.
«Die meisten Schüler sammeln gerne Papier, selbst
wenn das Wetter nicht so super ist», sagt Matthias Bär, Co-Schulleiter der
Kreisschule Safenwil-Walterswil. Einmal pro
Quartal sind die Oberstufenschüler auf Tour. Ansonst gibt es keine Möglichkeit,
Papier privat zu entsorgen.
«Die rund 7000 Franken werden in Projekte
investiert, die den Schülern zugutekommen.» Dies sind besondere Anlässe wie
Reisen, Exkursionen oder die Anschaffung von Spielgeräten für den Pausenplatz.
In Kölliken werde
die Sammlung von den Oberstufenschülern «zu Fuss» erledigt. Die Schule erhält
eine gewichtsabhängige Rückvergütung. Beim Einsatz durch das Bauamt würden
Lohn- und Fahrzeugkosten in unbekannter Höhe anfallen.
In Bottenwil helfen
die Schülerinnen und Schüler der 4., 5. und 6. Klasse mit. Bauamt und
Schulhauswart sind ebenfalls involviert. Eine Abschaffung sei noch kein Thema
gewesen. Jeweils drei bis vier Kinder werden von einem Erwachsenen begleitet.
Die Schüler der Kreisschule Oberstufe Oberes Suhrental führen vier Mal pro Jahr eine
Papiersammlung durch. Die Schulleitung berücksichtige den Aspekt der Sicherheit
– und habe besonderes Augenmerk darauf.
Während 40 Jahren sammelten in Nebikon die Schülerinnen und Schüler das Altpapier ein – im Sommer 2015 war damit Schluss. Das Gemeindepersonal übernahm diese Aufgabe. Zwei Gründe gaben den Ausschlag: Die Unfallgefahr und organisatorische Aspekte.
AntwortenLöschenDas Thema Sicherheit bei Papiersammlungen durch Schüler ist spätestens seit Mai 2007 akut. Damals verunfallte in Buchrain LU ein Schüler tödlich. Er war von einem Lastwagen gestürzt und überrollt worden.
Der Rechtsberater des Lehrerverbandes Schweiz, Peter Hofmann, publizierte 2014 im Magazin «Bildung Schweiz» einen Artikel. Papiersammlungen seien «ein Risiko zu viel für die Schule», schrieb er.
Lehrerinnen und Lehrer könnten sich gar nicht gegen den Einsatz ihrer Klassen wehren, weil sie von der Gemeinde angestellt seien und den Weisungen des Arbeitgebers folgen müssten.
Die Verantwortung bei einem Vorfall geht laut Hofmann deshalb an die Gemeinde über. Bei einem Vorfall können Gerichte und Unfallversicherungen Eventualvorsatz geltend machen. Gewisse Versicherungen schliessen den Eventualvorsatz aber aus, zahlen bei einem Vorfall also nicht.
«Ich wünsche den Gemeindeverantwortlichen viel Vergnügen, wenn eine Haftungsklage kommt», so Hofmann. Der Schweizerische Gemeindeverband rät den Gemeinden von Papiersammlungen durch Schüler ab.
Quelle: Aargauer Zeitung, 1.2.