14. Februar 2018

Experten in Fremdsprachen

Im Baselbiet ist es schon seit Jahren klar: Die Politik hat zu grossen Einfluss auf die Schule. Sagen die Bürgerlichen und machten sich vor vier Jahren daran, die Erziehungsdirektion nach Jahrzehnten sozialdemokratischer Unterwanderung in die bürgerliche Verantwortung zu überführen. Was auch gelang. Dank der flächendeckenden Plakatkampagne der pädagogischen Fundi-Vereinigung «Starke Schule» wurde die bis dato nicht als Bildungspolitikerin in Erscheinung getretene Monica Gschwind Nachfolgerin des Ex-Gewerkschafters Urs Wüthrich.
Hurra, kein Mist zum Abstimmen, Basler Zeitung, 14.2. von Manfred Messmer


Die Bürgerlichen haben sich zum langen Marsch durch die Institution aufgemacht. Die von linken Beamten unterwanderte Direktion soll Schritt für Schritt ideologisch auf Kurs gebracht werden. Was wohl dann erreicht ist, wenn die Linke im übernächsten Wahlkampf wehklagt, die Erziehungsdirektion sei rechts unterwandert.

Der Weg dorthin wird mit den Initiativen der Kampforganisation «Starke Schule» des Irgendwie-grün-Landrats Jürg Wiedemann geebnet. Letzte Woche konnte der sprachkompetente Allschwiler Mathe-Lehrer erneut punkten: Im Schaukampf um den Frühfranzösischunterricht. Nun bin ich, was Frühfranzösisch anbelangt, ebenso ein Experte wie ein FDP-Landrat aus Arlesheim, der den «Mille feuilles-Unterricht» an den Baselbieter Primarschulen liberal-populistisch als «Mist» bezeichnete. Deshalb weiss ich, dass man mit der von den Bürgerlichen forcierten Bildungs-Restauration hin zur Woggi-Grammatikpaukmethode vielen Schülergenerationen die Lust an der französischen Sprache für den Rest ihres Lebens erfolgreich ausgetrieben hat. Zum Beispiel auch mir. Es gibt nun mal nichts Dooferes, als zwanzig Wörtli auswendig zu lernen, um diese am nächsten Tag an einer schriftlichen Prüfung abrufen zu können. Ganz zu schweigen vom fast schon militärischen Grammatik-Drill alter Schule.

Muss man nun das, was die Landräte/-innen letzte Woche zum Frühfranzösisch auf Mundart gebabbelt haben – die allermeisten haben bekanntlich ihre liebe Mühe mit Standarddeutsch – ernst nehmen? Auch dieses Verbot von Unterrichtsbüchern, das das Parlament gedankenlos gleich auch noch beschlossen hat? Nein. Denn es gibt zwei gute Nachrichten. Zum einen müssen wir Citoyens uns nicht weiter mit der «Stopp dem Verheizen von Schüler/-innen»-Initiative befassen. Zum anderen wird es gut und gerne vier Jahre dauern, bis das Geschäft es von der Regierungsvorlage über die Vernehmlassung und die Kommissionberatung bis zum Parlamentsentscheid durch die Instanzen geschafft hat. Bis 2021, wenn die definitive Auswertung zu «Passepartout» vorliegen wird, geschieht gar nichts. Mindestens drei weitere Schüler/-innen-Generationen werden mit «Mille feuilles» unterrichtet.

Die Smartphone-Generation wird also gut gerüstet in die neue Fremdsprachenwirklichkeit einsteigen. Weil man ihnen den Zugang nicht mehr mit den Fehlern zupflastert, sondern sie vielmehr ermutigt, einfach draufloszureden. Ich mache das derzeit mit Italienisch, unterstützt von der Google Translate App. Die Leute verstehen mich (meistens) und antworten oftmals auf Englisch. Sie wissen schon, dieses fehlerhafte non-native English, das von über 500 Millionen Menschen gesprochen wird. Noch in diesem Jahr kommen die ersten Smart ear pieces auf den Markt, die eine Simultanübersetzung in zunächst 37 Sprachen ermöglichen. Das ist die aktuelle Fremdsprachenzukunft.


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