23. Januar 2018

Mitbestimmungs-Initiative "gewerbefeindlich"?

Der Direktor des Berner Gewerbeverbands «Berner KMU», Christoph Erb, kritisiert die Berner Lehrplaninitiative als «gewerbefeindliche Mogelpackung».
Berner Gewerbeverbandsdirektor kritisiert Lehrplaninitiative, Bund, 19.1. 


Die Urheber der Initiative «Für demokratische Mitsprache - Lehrpläne vors Volk!» wollten den Lehrplan 21 durch die Hintertüre wieder abschaffen, sagte Erb am Freitag an einer Medienkonferenz des Nein-Komitees zur Initiative, über die am 4. März abgestimmt wird.
Die Initiative torpediere die Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen. Mit dem Lehrplan 21 werde es für die Betriebe leichter, Lernende zu rekrutieren. Dies deshalb, weil künftig die Inhalte der Volksschule am Ende der obligatorischen Schulzeit in allen Deutschschweizer Kantonen gleich seien. Die Kompetenzorientierung, welche mit Einführung des Lehrplans 21 vorgesehen ist, habe in der Berufsbildung Tradition. Wissen behalte aber seine Bedeutung: Es sei die Grundlage für jede Kompetenz.

«Dick wie ein Telefonbuch»
Das Komitee, das gegen die Initiative antritt, bildete sich schon im Sommer und präsentierte am Freitag seine Argumente. In ihm vertreten sind ausser die Berner KMU auch der Handels- und Industrieverein (HIV), Bildung Bern, der Verband der SchulleiterInnen Bern VSLBE, die Gewerkschaft VPOD und die Parteien FDP, BDP, GLP, CVP, Grüne und SP. Auch Vertreter der SVP gehören ihm an.

VPOD-Gewerkschaftssekretärin Béatrice Stucki sagte, der Lehrplan 21 sei so dick wie ein Telefonbuch. Als Abstimmungsvorlage sei er deshalb «gänzlich ungeeignet». Solche Fachwerke dürften nicht zum Spielball der Politik werden. Die Politik könne via Volksschulgesetz Einfluss auf die Schule nehmen, sagte BDP-Grossrat Jan Gnägi. SP-Grossrat Daniel Wildhaber sagte, der Lehrplan 21 sei von Bildungsfachleuten im Austausch mit Lehrpersonen erarbeitet worden.

Initiative will Zuständigkeit verschieben
Die Lehrplan-Initiative verlangt nicht direkt, dass der Lehrplan 21 dem Volk vorgelegt wird. Vielmehr streben die Urheber an, die Zuständigkeit für den Erlass der Lehrpläne zu ändern. Künftig sollen Lehrpläne und wichtige Lehrplanteile nicht mehr abschliessend durch den Regierungsrat respektive die Erziehungsdirektion erlassen, sondern zusätzlich vom Grossen Rat genehmigt werden. Die Grossratsbeschlüsse würden dem fakultativen Referendum unterstehen. Damit könnte nach dem Willen des Initiativkomitees das Volk bei wichtigen Bildungsreformen mitreden, sofern ein Komitee das Referendum ergreift.
Eine Übergangsbestimmung im bernischen Volksschulgesetz soll garantieren, dass auch Lehrpläne, die ab 2017 in Kraft gesetzt werden, dem Grossen Rat vorgelegt werden müssen. Damit zielen die Initianten auf den Lehrplan 21, ohne ihn im Initiativtext direkt zu nennen. Sie haben am 9. Januar ihre Argumente vorgestellt.



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