Im August 2014 sorgte in
Berlin ein Artikel in der Berliner Zeitung für Aufsehen: «Zu wenig
Erstanmeldungen: Die unbeliebtesten Schulen in Berlin», titelte das Lokalblatt
der deutschen Hauptstadt. In dem Beitrag ging es um eine Statistik, aus der die
Anmeldezahlen für alle staatlichen Berliner Schulen hervorgingen. Politiker
hatten im Parlament eine entsprechende Auskunft verlangt – und sie von der
Bildungsverwaltung auch erhalten.
In Basel soll
eine solche Transparenz im Bildungswesen nicht hergestellt werden. Das
Appellationsgericht unter dem Vorsitz von Stephan Wullschleger (SP) hat eine
Verfügung des Erziehungsdepartements bestätigt und damit einen Rekurs der BaZ
abgelehnt. Dies bedeutet, dass die Öffentlichkeit keine detaillierten Angaben
dazu erhält, an welche der zehn Sekundarschulen es die Basler Schülerschaft
zieht – und an welche nicht.
Es sei «nicht
zu beanstanden», wenn die Behörden die von der BaZ ersuchten Daten nicht preisgäben,
heisst es abschliessend in dem Urteil. «Da der Informationszugang nicht
vollständig, sondern nur bezüglich des verpönten Standortbezugs verweigert
wurde, erweist sich die Einschränkung auch als verhältnismässig.»
Das Gericht schützt die Praxis von Erziehungsdirektor Cramer. Bild: Dominik Pluess
Zuteilungswünsche bleiben unter Verschluss, Basler Zeitung, 17.1. von Christian Keller
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Wunschmöglichkeit seit
2015
Rückblick: Im
April 2017 hatte die BaZ beim Basler Erziehungsdepartement angefragt, an welche
der zehn Sekundarschulen die Schüler am liebsten eingeteilt werden möchten.
Eine solche Wahlmöglichkeit, die für die Schulverantwortlichen allerdings nicht
verbindlich ist, besteht seit 2015. Damals wurde ein weitreichender
Systemwechsel vorgenommen: Die Orientierungsschule und die Weiterbildungsschule
verschwanden, dafür wurde die Sekundarschule mit drei verschiedenen
Leistungsniveaus, A (allgemeine Anforderungen), E (erweiterte Anforderungen)
und P (hohe Anforderungen), eingeführt.
Wenn die
Möglichkeit besteht, bei der Schulzuteilung Wünsche anzugeben, so interessiert
natürlich auch, wie diese insgesamt ausfallen. Welche Bildungshäuser stehen
hoch im Kurs, und welche werden gemieden?
Die drei
Anforderungsprofile A, E und P werden überall angeboten. Unterschiede zwischen
den einzelnen Sekundarschulen gibt es jedoch bei der Unterrichtsmethodik, wo
der Schwerpunkt auf der traditionellen Wissensvermittlung, auf niveau- und
altersdurchmischten Lerngruppen oder auf sogenannten Lernlandschaften liegt.
Ein weiteres,
brisantes Thema ist zudem die Höhe des Ausländeranteils, der zwischen den
Standorten variiert und bei den Zuteilungspräferenzen mutmasslich eine Rolle
spielen dürfte.
Vor diesem
Hintergrund und gestützt auf das in Basel-Stadt geltende Informations- und
Datenschutzgesetz (IDG) bat die BaZ das Erziehungsdepartement um konkrete
Zahlen: Für welche der zehn Sekundarschulen haben sich die rund 1300
Schülerinnen und Schüler in den Jahren 2016 und 2017 entschieden?
Vom
Vorsteher, dem zu diesem Zeitpunkt frisch ins Amt gewählten Regierungsrat
Conradin Cramer (LDP), gab es jedoch einen negativen Bescheid. Der Nachfolger
von Christoph Eymann befürchtete, dass mit einer solchen Statistik die
Volksschulleitung bei der Verteilung der Schüler auf die Sek-Standorte «bald
nicht mehr handlungs- und entscheidungsfähig» wäre.
Sorge um «Schulhausklima»
«Die
Bekanntgabe der Zahlen würde zwangsläufig zu einem Ranking von favorisierten beziehungsweise
weniger favorisierten Sekundarschulen führen», begründete Cramer. Die Folgen
wären ein «Ansturm» auf die beliebten Schulen und eine geschmälerte Akzeptanz
für eine Zuteilung in Schulhäuser im unteren Rankingbereich. Er sorge sich
zudem um das «Schulhausklima» und den «Bildungs- und Erziehungserfolg». Aus
diesem Grund, so Cramer, stünde einer Publikation das «gewichtige öffentliche
Interesse an der Gewährleistung der Chancengleichheit für alle Schülerinnen und
Schüler» entgegen.
Das
Appellationsgericht ist dieser Argumentationslinie gefolgt. Die Richter
hinterfragten insbesondere, was der Nutzen sei, die Zuteilungswünsche in Form
einer Rangliste aufzuführen – schliesslich sei es «unbestritten», dass damit
keine aussagekräftigen Schlüsse bezüglich der Qualität gezogen werden könnten.
Hingegen sei es «offensichtlich, dass das durchschnittliche Publikum
einschliesslich Schülerinnen und Schüler sowie Eltern einem solchen Ranking
auch eine erhebliche Aussagekraft bezüglich der Qualität der Schulen zuschriebe,
selbst wenn deutlich darauf hingewiesen würde, dass dieses bloss auf der Anzahl
der Zuteilungswünsche beruht».
Es bestehe
deshalb «Anlass für die Befürchtung, dass pauschalisierende Urteile über die
Schulstandorte eine Dynamik auslösen würden, welche die Stimmung an den
einzelnen Schulhäusern zum Nachteil von Schülern und Lehrern spürbar trüben
würde». Auch mit dem Hinweis auf das Basler Schulgesetz, wonach bei Ergebnissen
von Leistungstests die Nennung von Schulen untersagt sei, wird das Informationszugangsgesuch
der BaZ abgelehnt. Cramer zeigt sich auf Anfrage «sehr» erfreut: «Damit stützt
das Gericht unsere Praxis.»
Mit der
bleibenden Intransparenz wird nun allerdings eine Debatte verhindert, wie sie
in Berlin geführt wurde: Wegen der Unbeliebtheit mancher Schule wurde von
Parlamentariern ein ganzer Massnahmenkatalog gefordert. Der Bildungsverwaltung
waren die Diskussionen indes offensichtlich unangenehm: 2017 lehnte sie eine
Anmeldeübersicht nach Einzelschulen «zur Vermeidung von Negativlisten» ab.
Cramer hält
fest, das Basler Zuteilungsprozedere sei «sehr wohl transparent» und werde den
Eltern in Informationsschreiben und per Brief erklärt. Eine «überwiegende
Mehrheit» der Zuteilungswünsche könne erfüllt werden. «Mit den restlichen
Familien versuchen wir, möglichst zufriedenstellende Lösungen zu finden. Aber
klar: Bei über tausend Schülerinnen und Schülern, die jedes Jahr in die
Sekundarschule kommen, gibt es keine hundertprozentige Zufriedenheit.»
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