4. Januar 2018

Bundesgericht: Höchstens 16 Franken pro Tag für Skilager

200 Franken müssen Eltern im Baselbiet derzeit zahlen, wenn ihr Kind ins Schulskilager geht. Das ist zwar weniger als die Hälfte der tatsächlich anfallenden Kosten für Reise, Unterkunft, Verpflegung, Leitung und Skiabo – aber trotzdem zu viel. Das muss man aus einem Urteil schliessen, das das Bundesgericht vor einem Monat gefällt hat. Es ging dabei um Elternbeiträge an Thurgauer Schulen. Die Richter wiesen auf das Recht auf kostenlose Grundschulbildung hin, das in der Bundesverfassung verankert ist. Demnach dürfen den Eltern «nur diejenigen Kosten in Rechnung gestellt werden, die sie aufgrund der Abwesenheit ihrer Kinder einsparen», also konkret nur die Verpflegungskosten. Diese beziffert das Bundesgericht auf 10 bis 16 Franken pro Tag, je nach Alter des Kindes. Bei einem fünftägigen Lager wären das maximal 80 Franken. Die Baselbieter Eltern zahlen derzeit also mehr als doppelt so viel als erlaubt. Klagt jemand wegen zu hoher Beiträge, dürften die Erfolgsaussichten nach dem jetzigen Urteil gut sein. 
Können sich die Kantone Skilager weiterhin leisten? Bild: bz Archiv

Skilager sind in Gefahr, Basellandschaftliche Zeitung, 4.1. von Michel Ecklin


Damit hat die Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) nicht gerechnet. «Der Entscheid ist für uns ganz neu», sagt Sprecherin Monique Juillerat. Darum könne man noch nicht sagen, wie der Kanton reagieren werde. Klar ist allerdings nach dem Bundesgerichtsurteil: Wie manch ein anderer Kanton muss sich das Baselbiet ein neues Finanzierungsmodell für Schullager und sonstige ausserschulische Anlässe ausdenken. 

Der Staat soll übernehmen 
Denkbar ist, dass der Kanton die vollständigen Kosten abzüglich der erlaubten 16 Franken pro Tag übernimmt. Das wären im Baselbiet fast 500 Franken pro Kind und Lager. Dafür wäre aber ein politischer Entscheid erforderlich, vermutlich von der Regierung. Wie viel Geld der Staatskasse entnommen werden müsste, hat laut Juillerat noch niemand berechnet. Doch dass es überhaupt so weit kommt, bezweifelt der Geschäftsführer des Lehrerinnen- und Lehrerverbands Baselland, Michael Weiss. «Niemand will das zusätzlich zahlen», meint er. Für wahrscheinlicher hält er es, dass die Schulen auf Lager verzichten – was er für bedauerlich hielte. Skifahren lernen sei zwar nicht Teil des Lehrplans. «Aber die Schüler sollen gemeinsame Erlebnisse haben und Verantwortung übernehmen, etwa beim Kochen. Und sie können in Lagern die Lehrer mal von einer anderen Seite kennen lernen.»

Als kürzungsgefährdet erachtet Weiss zudem Projektwochen, Profilwochen in Schwerpunktfächern oder auch Begegnungen mit Klassen aus der Romandie. Solche Anlässe könnten jetzt wegfallen. Denn die Regierung werde sich wohl auf den Standpunkt setzen, keine Schule sei gezwungen, welche durchzuführen. 

Auch Basel muss über die Bücher 
So weit möchte es die BKSD nicht kommen lassen. «Generell gehören Lager, Projektwochen und Schulausflüge zum festen Bestandteil eines Schulalltags», sagt Juillerat. Gefördert würden dort kognitive und motorische Fähigkeiten, zudem das Sozialverhalten und das Zusammengehörigkeitsgefühl. «Es wäre ein grosser Verlust, wenn dies nicht mehr stattfinden könnte.» 

Ganz ähnlich wie im Landkanton sieht die Lage in der Stadt aus. Details, wie man mit dem Urteil umgehen soll, können die Verantwortlichen nämlich auch in Basel noch nicht geben. «Das Erziehungsdepartement hat vom Urteil Kenntnis genommen und wird den Entscheid analysieren und die rechtliche Situation gegebenenfalls neu beurteilen», schreibt der Medienverantwortliche Simon Thiriet. 

Er beziffert die Kosten eines einwöchigen Skilagers auf durchschnittlich 300 bis 350 Franken, für sonstige Lager auf rund 100 Franken. Der Kanton erteilt individuelle Ermässigungen, entsprechend dem Anspruch der Eltern auf Krankenkassenprä- mienermässigung. Bei gewöhnlichen Lagern erhalten Eltern 50 bis 70Franken, maximal 130 Franken bei Skilagern. «Grundsätzlich stehen wir inhaltlich zur Regelung, wie sie in Basel-Stadt schon seit Längerem angewendet wird», sagt Thiriet. Doch angesichts der Zahlen dürfte das Urteil des Bundesgerichts auch in Basel einigen Veränderungsbedarf schaffen.

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