200
Franken müssen Eltern im Baselbiet derzeit zahlen, wenn ihr Kind ins
Schulskilager geht. Das ist zwar weniger als die Hälfte der tatsächlich
anfallenden Kosten für Reise, Unterkunft, Verpflegung, Leitung und Skiabo –
aber trotzdem zu viel. Das muss man aus einem Urteil schliessen, das das
Bundesgericht vor einem Monat gefällt hat. Es ging dabei um Elternbeiträge an
Thurgauer Schulen. Die Richter wiesen auf das Recht auf kostenlose
Grundschulbildung hin, das in der Bundesverfassung verankert ist. Demnach
dürfen den Eltern «nur diejenigen Kosten in Rechnung gestellt werden, die sie
aufgrund der Abwesenheit ihrer Kinder einsparen», also konkret nur die
Verpflegungskosten. Diese beziffert das Bundesgericht auf 10 bis 16 Franken pro
Tag, je nach Alter des Kindes. Bei einem fünftägigen Lager wären das maximal 80
Franken. Die Baselbieter Eltern zahlen derzeit also mehr als doppelt so viel
als erlaubt. Klagt jemand wegen zu hoher Beiträge, dürften die
Erfolgsaussichten nach dem jetzigen Urteil gut sein.
Können sich die Kantone Skilager weiterhin leisten? Bild: bz Archiv |
Skilager sind in Gefahr, Basellandschaftliche Zeitung, 4.1. von Michel Ecklin
Damit hat die Baselbieter
Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) nicht gerechnet. «Der Entscheid
ist für uns ganz neu», sagt Sprecherin Monique Juillerat. Darum könne man noch
nicht sagen, wie der Kanton reagieren werde. Klar ist allerdings nach dem
Bundesgerichtsurteil: Wie manch ein anderer Kanton muss sich das Baselbiet ein
neues Finanzierungsmodell für Schullager und sonstige ausserschulische Anlässe
ausdenken.
Der Staat soll übernehmen
Denkbar ist, dass der Kanton die
vollständigen Kosten abzüglich der erlaubten 16 Franken pro Tag übernimmt. Das
wären im Baselbiet fast 500 Franken pro Kind und Lager. Dafür wäre aber ein
politischer Entscheid erforderlich, vermutlich von der Regierung. Wie viel Geld
der Staatskasse entnommen werden müsste, hat laut Juillerat noch niemand
berechnet. Doch dass es überhaupt so weit kommt, bezweifelt der Geschäftsführer
des Lehrerinnen- und Lehrerverbands Baselland, Michael Weiss. «Niemand will das
zusätzlich zahlen», meint er. Für wahrscheinlicher hält er es, dass die Schulen
auf Lager verzichten – was er für bedauerlich hielte. Skifahren lernen sei zwar
nicht Teil des Lehrplans. «Aber die Schüler sollen gemeinsame Erlebnisse haben
und Verantwortung übernehmen, etwa beim Kochen. Und sie können in Lagern die
Lehrer mal von einer anderen Seite kennen lernen.»
Als kürzungsgefährdet
erachtet Weiss zudem Projektwochen, Profilwochen in Schwerpunktfächern oder
auch Begegnungen mit Klassen aus der Romandie. Solche Anlässe könnten jetzt
wegfallen. Denn die Regierung werde sich wohl auf den Standpunkt setzen, keine
Schule sei gezwungen, welche durchzuführen.
Auch Basel muss über die Bücher
So
weit möchte es die BKSD nicht kommen lassen. «Generell gehören Lager,
Projektwochen und Schulausflüge zum festen Bestandteil eines Schulalltags»,
sagt Juillerat. Gefördert würden dort kognitive und motorische Fähigkeiten,
zudem das Sozialverhalten und das Zusammengehörigkeitsgefühl. «Es wäre ein
grosser Verlust, wenn dies nicht mehr stattfinden könnte.»
Ganz ähnlich wie im
Landkanton sieht die Lage in der Stadt aus. Details, wie man mit dem Urteil
umgehen soll, können die Verantwortlichen nämlich auch in Basel noch nicht
geben. «Das Erziehungsdepartement hat vom Urteil Kenntnis genommen und wird den
Entscheid analysieren und die rechtliche Situation gegebenenfalls neu
beurteilen», schreibt der Medienverantwortliche Simon Thiriet.
Er beziffert die
Kosten eines einwöchigen Skilagers auf durchschnittlich 300 bis 350 Franken,
für sonstige Lager auf rund 100 Franken. Der Kanton erteilt individuelle
Ermässigungen, entsprechend dem Anspruch der Eltern auf Krankenkassenprä-
mienermässigung. Bei gewöhnlichen Lagern erhalten Eltern 50 bis 70Franken,
maximal 130 Franken bei Skilagern. «Grundsätzlich stehen wir inhaltlich zur
Regelung, wie sie in Basel-Stadt schon seit Längerem angewendet wird», sagt
Thiriet. Doch angesichts der Zahlen dürfte das Urteil des Bundesgerichts auch
in Basel einigen Veränderungsbedarf schaffen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen