Reaktion auf Michael Pedrazzis Gastkommentar von Regina Jäkel
Pacchiarini und Lukas Flüeler. Die beiden bekleiden das Co-Präsidium der
Primarlehrerkonferenz Baselland AKK.
Impertinente Vorwürfe, Basellandschaftliche Zeitung, 18.12. von Regina Jäkel Pacchiarini und Lukas Flüeler
Dass die «Starke Schule Baselland» von Anfang an versucht hat, jegliche
Neuerung im Schulsystem des Kantons mit einer Flut von Initiativen zu
verhindern, dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein. Dass sie sich nun aber,
nachdem sie sich für «ihre» Regierungsrätin Monica Gschwind so stark gemacht
hat, darüber beschwert, dass nach der Wahl des von ihr portierten Mitglieds der
FDP der Einfluss der Wirtschaft in der Schule gestiegen ist, überrascht doch
ein wenig. Deshalb müssen wir an dieser Stelle auf den Gastkommentar von Michael
Pedrazzi im Namen der Primarlehrerkonferenz Baselland AKK eine Replik
anbringen.
Das angesprochene Auftreten der Pubertät geschieht, egal welche
Schulstufe die Kinder und Jugendlichen besuchen. Lehrpersonen der Primarstufe
wissen dem sehr wohl professionell zu begegnen. Der Vorwurf eines
Sekundarlehrers an die Primarlehrpersonen, mit der Heterogenität in ihren
Klassen nicht fertig zu werden, wirkt schon etwas eigenartig, vielleicht sogar
impertinent. Sind es doch die Lehrpersonen auf der Primarstufe, die Meister in
der Individualisierung und Differenzierung sind. Was Herr Pedrazzi in seinem
Beitrag auslässt, ist die Tatsache, dass sich die Lehrpersonen der Primarstufe
in den letzten Jahren intensiv und aufwendig auf das Unterrichten der beiden
Fremdsprachen vorbereitet haben. Daneben hatten die Lehrpersonen der
6. Klassen, nicht zuletzt auf Initiative der Primarlehrerkonferenz
Baselland hin, die Gelegenheit, sich in einem mehrtägigen Kurs auf ihre neuen
Aufgaben und den neu zu unterrichtenden Stoff vorzubereiten.
Herr Pedrazzi weist weiter auf den, aus seiner Sicht und Erfahrung,
fehlenden Lernstoff hin. Dazu ist festzuhalten, dass sich die
Primarlehrpersonen von Anfang an dafür eingesetzt haben, den Volksentscheid für
den neuen Lehrplan umzusetzen. Somit ist dieser Lehrplan in allen acht Jahren
der Primarstufe verbindlich. Und nicht der diesbezüglich noch sehr schmale
Erfahrungsschatz einzelner Lehrpersonen der dreijährigen Sekundarschule. Wenn
es zu Unstimmigkeiten in Bezug auf den Lehrplan der Sekundarstufe gekommen sein
sollte, wäre dies allein auf die negativen Anstrengungen der «Starken Schule
Baselland» zurückzuführen, die eine konsekutive Einführung des Volksschulen-Lehrplans
auf der Sekundarstufe verhindert hat. Was wiederum dazu geführt hat, dass
notfallmässig ein Übergangslehrplan für die Sekundarstufe erstellt werden
musste.
Pauschalkritik an allen neuen Unterrichtsmethoden
Natürlich unterlässt es Herr Pedrazzi auch in diesem Artikel nicht, die
neuen Unterrichtsmethoden wie selbstorganisiertes Lernen und die neuen
Sprachlehrmittel zu kritisieren. Es sind aber genau diese Methoden, die
Individualisierung und Differenzierung ermöglichen. Unterricht wie zu Gotthelfs
Zeiten, als Lehrer allwissend waren, und Schülerinnen und Schüler unwissende,
zu füllende Gefässe, ist längst hinfällig. Heute hat eine Schülerin oder ein
Schüler die im Unterricht vermittelten Stoffinhalte schneller mit Bild und Ton
im Handy gefunden, als die Lehrperson den Unterricht überhaupt vorbereiten
konnte. Gefragt sind also neue Unterrichts- und Lernmethoden. Sich den
Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen ist Teil des neuen Lehrplans.
Dies und die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die zu erwartenden
Veränderungen gehören somit zur Aufgabe jeder Lehrperson.
Insgesamt bleibt unklar, was genau Herrn Pedrazzis Anliegen ist.
Einerseits weist er auf die hohe Gymnasialquote im Kanton Baselland hin,
andererseits fordert er die Primarlehrpersonen dazu auf, weniger Schülerinnen
und Schüler den Niveaus E und P zuzuweisen und droht mit höheren Durchfallraten
oder Bildungsabbau. Dies würde bedeuten, dass der von 21 Kantonen der Schweiz
und dem Fürstentum Liechtenstein beschlossene Lehrplan den Anforderungen der
Sekundarschule Baselland nicht gerecht würde.
Pedrazzi schreibt: "In derart heterogenen Klassen allen Kindern gerecht zu werden, ohne die Schwächsten zu überrollen und die Stärksten zu unterfordern, kommt einem Mehrfachspagat der Primarlehrpersonen gleich." Hier fühlen sich die Primarlehrer offenbar getroffen und reagieren empört. Wollen diese denn noch mehr Heterogenität und Individualisierung? Offenbar schon, denn die neuen Sprachlehrmittel helfen ihnen ja dabei...
AntwortenLöschenWenn Primarlehrpersonen mit der Heterogenität in ihren Klassen nicht fertig werden, ist das nicht ihr Unvermögen, sondern das ist so gewollt und von oben gesteuert. Mit der bewusst herbeigeführten Heterogenität (Altersdurchmischtes Lernen AdL usw.) wird der Klassenunterricht verunmöglicht und der Lehrer ist zum Individualisieren und "selbstgesteuerten Lernen" gezwungen.
AntwortenLöschenAnton Strittmatter LCH, Mitglied der sechsköpfigen Projektgruppe der Grundlagen für den Lehrplan 21 bestätigte das an einer Tagung im Jahr 2010, Zitat: „Der «Lehrplan 21» geht davon aus, dass die Lehrpersonen wegen den Heterogenitätsbedingungen an Schulen nicht um Dilemmasituationen herumkommen, Heterogenität nie wirklich zu «meistern» vermögen."