Der
christliche Unterricht ist aus vielen Schulen verschwunden. Doch an Weihnachten
kehrt die Glaubensfrage zurück – mit Folgen für manche Kinder.
Gottes
Werk und Lehrers Beitrag, Südostschweiz am Wochenende, 23.12. von Yannick Nock
Wer ein
Paradebeispiel für die Krux der Schulen in Glaubensfragen sucht, brauchte diese
Woche nur nach Deutschland zu blicken: «Schule verlegt Weihnachtsfeier nach
Kritik von Muslimin», lautete die Schlagzeile in Dutzenden Zeitungen. Die
Gymnasiastin argumentierte, dass christliche Lieder nicht mit ihrem Glauben
vereinbar seien. Die Folge: landesweite Empörung. Mittlerweile hat die Schule
die Darstellung dementiert. Beruhigt haben sich die Gemüter trotzdem nicht.
Weihnachten, die Zeit der Besinnung, ist für Schulen die Zeit der
Zerrissenheit. Mit den Festtagen kehren Krippenspiel, Christbäume und
Weihnachtslieder in die Klassen zurück. Das Christentum steht unangefochten im
Zentrum der Aufmerksamkeit. Beliebte Bräuche, denen allerdings nicht alle
Andersgläubigen beiwohnen wollen. Eltern von muslimischen Kindern möchten
nicht, dass ihr Nachwuchs christlich-religiöse Lieder singt. Lehrer stellt
das vor Probleme: Wie sollen sie den Unterricht – und insbesondere
Weihnachtsfeiern – gestalten, damit alle Kinder teilnehmen können?
Muslime
dürfen freinehmen
«Wir empfehlen, Eltern offen zu informieren und betonen, dass
bei Weihnachtsfeiern die Gemeinschaft im Zentrum steht, nicht die religiösen
Aspekte», sagt Bernard Gertsch, Präsident des Schweizer Schulleiterverbandes.
Das würde meistens helfen. Den Lehrern rät er, mit Glaubensbekundungen wie dem
Beten achtsam umzugehen.
Trotzdem dürfen sich nicht christliche Schüler von
einer religiös geprägten Weihnachtsfeier dispensieren, schreibt der
Lehrerverband. Nicht aber von einem Anlass, der als Jahresabschlussfest gedacht
ist. Welche Rolle dabei Adventskränze und Weihnachtsbäume spielen, sollen
Lehrer und Schulleiter gemeinsam entscheiden. Das Bundesgericht sieht es gemäss
eines 2012 gefällten Entscheids ähnlich: Kinder müssten in der Regel
Weihnachtslieder mitsingen. Sie dürfen aber nicht dazu gezwungen werden, wenn
im Lied ein ausdrückliches Glaubensbekenntnis vorkommt. Hingegen darf man in
der Schule mit den religiösen Gesängen anderer konfrontiert werden.
Während des
Jahres stellen sich solche Fragen weniger. Der konfessionelle
Religionsunterricht ist in den vergangenen 20 Jahren in vielen Kantonen aus den
Schulen verschwunden. Weg vom Krippenspiel und der Arche Noah, hin zu Buddha
und Mohammed: Die verschiedenen Weltreligionen rücken ins Zentrum des
Unterrichts. Aus den Religionsstunden wird im neuen Lehrplan 21 das Fach
«Ethik, Religionen, Gemeinschaft». Die Landeskirchen haben ihr Monopol an den
Schulen verloren.
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