Schülerinnen
und Schüler haben es oft ganz schön schwer. Manche von ihnen, so las man in den
letzten Tagen vor allem in der deutschen Presse, haben in ihrem Schulalltag
noch schwerer zu tragen. Es geht nicht um übergewichtige Schultheks, sondern um
Sandwesten. Die bis zu fünf Kilo schweren Hilfsmittel sollen unruhigen Kindern in Hamburger Grundschulen
helfen, zur Ruhe zu kommen.
Sandwesten für Zappelkinder, Tages Anzeiger Mamablog, 21.12. von Nadia Meier
Darüber
kann man sich natürlich empören. Jesses! Die armen Kinder werden in
Zwangsjacken gesteckt, die sie auf ihre Stühlchen niederdrücken! Ich aber
finde: Sandwesten in der Schule, warum nicht?
Ich kann
mir gut vorstellen, dass so eine Weste tatsächlich helfen kann. Auch auf Babys
wirkt eine gewisse Enge beruhigend, ich denke da ans Pucken oder das Tragetuch.
Grösseren Kindern, die sich nicht mehr spüren oder ausser sich sind, kann eine
Sandweste vielleicht helfen, wieder mehr bei sich zu sein.
Leichter, als man denkt
Wichtig
finde ich, dass die Schülerinnen und Schüler die Westen freiwillig tragen.
Zudem ist es gut, zu wissen, dass nicht einfach jedes Kind fünf Kilo
umgeschnallt bekommt. Gemäss Hersteller Beluga wiegen die Westen bei jüngeren
Kindern zwischen 1,2 und 2,5 Kilo. Und es tragen auch nicht alle Kinder eine
Weste: In Hamburg kommen sie in Integrationsklassen bei Kinder mit ADHS zum
Einsatz. Wenn Sandwesten auch unruhigen Kindern ohne Diagnose helfen: Warum
nicht?
Grundsätzlich
begrüsse ich es, wenn in der Schule neue Methoden ausprobiert werden. Zu meiner
Schulzeit musste man noch vor die Tür, wenn man den Unterricht störte. Das
hilft vor allem der Lehrperson, die mehr Ruhe im Klassenzimmer hat, wenn der
Störenfried draussen ist. Aber ob sich das Kind in der Garderobe alleine
beruhigen kann? Eine schöne Variante gab es im Kindergarten meiner Tochter: ein
kleines Zelt, in das sich die Kinder zurückziehen konnten. Eine reizarme
Umgebung, in der man sich aufgehoben, aber nicht unbedingt ausgeschlossen
fühlt.
Mehr Gewicht oder mehr Bewegung?
Wenn
Sandwesten im Schulzimmer zum Einsatz kommen, ist es wichtig, dass die Kinder
nicht stundenlang damit an ihren Pültli sitzen. Aber das sollten sie auch ohne
Sandweste nicht müssen. Kinder sind Bewegungsmenschen und nicht dafür gemacht,
ewig über ein Blatt gebeugt auf einem Stuhl zu sitzen. In der Klasse meiner
Tochter finden regelmässig Bewegungseinheiten wie Morgengymnastik, Tanzspiele
oder Hüpfen statt. Danach, so die Lehrerin, sei es jeweils wieder viel ruhiger
im Klassenzimmer.
Ob
einzelne Kinder nun Sandwesten anziehen, an einem Stehpult arbeiten oder
lärmreduzierende Kopfhörer tragen: Wenn es freiwillig erfolgt und nützt, so
schadet es bestimmt nicht. Und anstatt auf empörte Eltern oder kritische
Kinderpsychologen zu hören, könnte man ja mal die Kinder fragen. Oft sind sie
offener für neue Ideen als wir Erwachsenen.
Den Pamir kennen die Schüler ja schon, an die Schülerboxen in den Grossraumbüros wird man sich auch gewöhnen. Jetzt sind halt noch die Sandjacken da.
AntwortenLöschen